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Bhutan: Nur eitel Sonnenschein auf dem Dach der Welt?

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Bhutan: Nur eitel Sonnenschein? | Bild: NDR
Ein Pilot zeigt aus dem Cockpit auf Bhutan.
Die Piloten in Bhutan fliegen auf Sicht. | Bild: Das Erste

Wir landen gleich Mitten im Glück - hoffentlich, denn es ist gar nicht einfach, heil runterzukommen. Hier fliegen sie nicht mit Autopilot, hier fliegen sie auf Sicht. Nur insgesamt 20 Kapitäne schaffen die Landung. In Bhutan zu landen: Hat nichts mit Glück zu tun, sagt der Kapitän. Du musst nur wissen, was du tust.

Lebt das Glück in Bhutan?

Pelden Dema aus Bhutan sitzt lachend vor ihrem Haus.
Hat fast immer was zu lachen: Pelden Dema freut sich über die kleinen Dinge im Leben. | Bild: Das Erste

Bhutan ist leer und leise. 700.000 Einwohner leben hier - und auch das Glück, so erzählen sie. Wie sollen wir das nur einfangen? Doch dann ist es plötzlich da, mitten in den Bergen. Frau Dema lacht laut. Dazu muss niemand einen Witz reißen, das Gemüse ist lustig genug. "Manchmal lache ich, manchmal weine ich. Ich weiß auch nicht warum. Es läuft dir was Lustiges über den Weg. Jetzt sehe ich euch und lache. Ganz einfach", sagt Pelden Dema. Dabei könnte sie klagen. Zwei Ehemänner hatte sie, der eine starb, der andere lief weg - wegen einer Jüngeren. Und sie? Sie lacht nur. Über ihn, als wäre er auch nur eine Gurke. Frau Dema ist glücklich.

Extra-Video: "Making of"

Ein Making Of zum Beitrag aus Bhutan

77 ist sie und ein Kind geblieben. Die Söhne leben weit entfernt. Manchmal kommen sie am Wochenende. Heute nicht. Das Leben in Bhutan ist auch einsam und das Glück fliegt schnell wieder weg. Mit dem Wind. So wie die Mantras am Fluss. Manchmal muss dem Glück auch ein wenig nachgeholfen werden - selbst in Bhutan.

Auch hier kann das Leben hart sein

Blick auf einen Fluss in Bhutan.
Die Idylle trügt: Viele Einwohner Bhutans leben in ärmlichen Verhältnissen. | Bild: Das Erste

Chimmy brennt Schnaps aus Getreide. Sie verkauft ihn, 50 Cent bringt eine Flasche. "Wer ein hartes Leben hat und viel Arbeit, für den ist Alkohol gut. Aber ich fühl mich gar nicht gut, denn Schnaps zu brennen ist eine Sünde. Aber ich habe keine andere Wahl", erzählt Chimmy. Ihr Leben ist hart. Wenn sie hier so sitzt, dann überlegt sie auch mal, selbst einen Schluck zu probieren. "Ich habe es noch nicht gemacht. Die Leute sagen zwar, der Alkohol hilft dir, aber wenn es mir nicht gut geht, trinke ich lieber eine Tasse Tee", sagt sie.

Die Dörfer sind idyllisch, die Schicksale nicht immer. Chimmy lebt allein mit der Tochter, ihnen bleibt etwa ein Euro am Tag zum Leben. Sechs Kinder hat sie insgesamt, die großen haben alle keinen Job. Der Mann ist gerade gestorben, er war herzkrank. Soviel Unglück und trotzdem lacht sie. "Vielleicht sieht es für Sie so aus als wäre ich glücklich. Aber ich bins nicht. Ich hab so viele Probleme. Wie soll ich da glücklich sein?" - Lachen, weinen, alles auf einmal. Sie erzählt uns, sie möchte gerne als Mann wiedergeboren werden, irgendwie würde sie sich dann stärker fühlen. Immer wieder geboren zu werden an diesen Kreislauf glauben Buddhisten. Am Unglück sind nicht die anderen Schuld, es ist das eigene Karma.

Der langweiligste Wahlkampf der Welt

Der Kreisverkehr in Thimphu.
Mit viel Gelassenheit regeln die Menschen in Bhutan den Verkehr - und ihr Leben. | Bild: Das Erste

Bhutan lässt sich am besten am größten Kreisverkehr in der Hauptstadt Thimphu verstehen. Ampeln gibt es keine - nirgendwo, im ganzen Land nicht. Der Verkehr wird allein mit viel Liebe geregelt. Bhutanesen leben eben sehr entspannt. Sie lieben ihren König Wangchuck - sein Vater verordnete die Demokratie. Aber unter einer Bedingung: Die Politiker sollten nicht so viel streiten. In wenigen Tagen wählt Bhutan ein neues Parlament. Und es ist wohl der friedlichste Wahlkampf der Welt - aber auch der langweiligste.

"In vielen Ländern haben sie die Demokratie eingeführt, weil die Menschen unzufrieden waren. Aber hier Demokratie ist vorbereitet worden - in der Vergangenheit", sagt der Politiker Yeshey Zimba. Der Ex-Minister will sagen: Als die Demokratie nach Bhutan kam, waren die meisten schon glücklich - so wie Frau Dema. Heute lacht sie aber nur ein bisschen, denn den Politiker findet sie nicht ganz so lustig. Sie weiß nicht so richtig, was sie mit ihm und der Demokratie anfangen soll. Erst recht nicht wenn sie an den weiten Weg ins Wahllokal denkt. Sie wird wohl Stunden unterwegs sein. "Ich bin ungebildet. Und ich verstehe nicht, was die Politiker wollen. Aber wenn sie sagen, ich soll wählen, dann mach ich das eben", sagt Frau Dema.

Wer sagt, das Glück wohne in Bhutan, der hat Unrecht. Das Glück kommt vorbei, wie überall auf der Welt. Vielleicht verstehen die Menschen hier nur besser, es festzuhalten.

Autor: Gábor Halász, ARD-Studio Neu Delhi

Stand: 15.04.2014 11:09 Uhr

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