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Serum made in USA - Wundermittel oder Schabernack?

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Zäher Kampf gegen Ebola | Bild: NDR

Auch das noch. Es regnet sintflutartig in Sierra Leone. So gut es geht versuchen die Krankenschwestern bei Kenema dennoch Menschen zu untersuchen. Fieber bedeutet Quarantäne. Die betroffene Region wird abgeriegelt. Jetzt kann keiner mehr rein. Und keiner raus.

Mehrere Autos stehen an einer Straße.
In Liberia lässt das Militär niemanden in die stark betroffenen Ebola-Gebiete - und auch keinen wieder heraus. | Bild: NDR / Screenshot

Ein junger Mann wollte seine Familie in Kenema in den Ferien besuchen. Ein Polizist schickt ihn zurück in die Hauptstadt. Die Regenzeit behindert den Kampf gegen Ebola auch in Liberia. Das Militär lässt auch hier niemanden mehr in die am schlimmsten betroffenen Gebiete. Händler sitzen fest - mit ihren Waren.

Seit Mittwoch ist Liberia im Ausnahmezustand. Schulen sind schon länger geschlossen. Für Präsidentin Johnson-Sirleaf hat Ebola absolute Priorität. In legerer Kleidung trifft sie Ärzte, Schwestern und Pfleger. Viele der Kolleginnen und Kollegen sind im Kampf gegen Ebola gestorben.

Bevölkerung ist verunsichert

"Wenn wir bis jetzt nicht genug getan haben, dann möchte ich bei Ihnen entschuldigen", sagt Ellen Johnson-Sirleaf, Präsidentin Liberia. Und sie verspricht neue Krankenwagen und Ausrüstung. Alles ist dringend nötig. Die Regierung hatte die Epidemie lange unterschätzt. Und jetzt wird es immer schwerer sie in den Griff zu bekommen. Die Menschen haben Angst. Ärzte in Schutzkleidung verunsichern die Bevölkerung noch immer.

Mitarbeiter in Callcenter in Monrovia.
In einem Callcenter in Monrovia erhalten Liberianer Informationen über Ebola. | Bild: NDR / Screenshot

Aufklärung ist nach wie vor bitter nötig. In einem Callcenter in der Hauptstadt Monrovia können die Liberianer mit ihren Sorgen und Fragen anrufen. Am ersten Tag waren es 600, inzwischen mehr als 2000, Tendenz steigend. "Dieses Callcenter soll die Menschen beruhigen, es soll Informationen geben und sammeln. Wir teilen diese Informationen mit dem nationalen Krisenstab. Mit den entsprechenden Daten können wir das Ebola Virus hoffentlich bald besiegen beziehungsweise so eingrenzen, dass es keine neuen Fälle mehr gibt", sagt Barkue Tubman vom Ebola Call Center.

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Rund 1.000 Tote, doppelt so viele Infizierte. Kein Medikament hilft. Da ist der Regen das kleinste Problem - und sich selbst Mut zu machen bitter nötig.

Autorin: Sabine Bohland, ARD-Studio Nairobi.

Interviews

Weltspiegel-Moderator Andreas Cichowicz konnte kurz vor der Sendung telefonisch mit zwei Helfern vor Ort telefonieren. Zum einen mit Anja Wolz von Ärzte ohne Grenzen. Die gelernte Krankenschwester koordiniert die Arbeit der Organisation vor Ort in Sierra Leone. Wir erreichten sie auf dem Weg nach Freetown über Mobiltelefon. Außerdem konnte Andreas Cichowicz mit Thomas Strecker in Guinea sprechen. Der Virologe der Universität Marburg ist dort bereits zum zweiten Mal für mehrere Wochen dort im Einsatz, in dem Ort Guéckédou. Strecker arbeitet in einem mobilen Ebola-Labor.

Neues Mittel gegen Ebola?

Die Nachrichten aus Amerika überschlagen sich: Ein Antikörperserum namens ZMap könnte Heilung bei Ebola versprechen. Die WHO will mit Medizinethikern beraten, ob das in einem US-Labor entwickelte Serum ZMap bereits zum Einsatz sein soll. Bisher wurde es nur an Tieren getestet. Aber wie kann es sein, dass einzelne US-Amerikaner das Serum bekommen, aber die Afrikaner nicht? Sandra Ratzow hat nachgefragt.

Vertreter aus Sierra Leone wollen dieses neue Mittel gegen Ebola haben. Keiner weiß, ob es wirkt, aber es soll zwei Amerikanern geholfen haben. Das allein zählt. "Es ist doch besser, alles zu versuchen. Alles ist besser als die Menschen einfach sterben zu lassen. Wenn wir dafür die Labormäuse sein müssen, dann ist das eben so“, sagt Khadija Sesay von der Initiative OGP Sierra Leone.

In einer Klinik in Atlanta kämpfen zwei amerikanische Ebola-Patienten mit dem Virus. Mithilfe des vermeintlichen Wundermittels. Gerade der Heilungsweg von Doktor Kent Brantly klingt fast zu schön um wahr zu sein. Den Tod vor Augen habe er sich bereits von seiner Frau verabschiedet, heißt es. Dann bekommt er den AntikörperCocktail ZMap und binnen Stunden geht es ihm angeblich besser. Unter den erstaunten Augen Amerikas läuft er nach seiner Ankunft aus Afrika selbst in die Klinik.

Thomas Geisbert, Ebolaforscher der University of Texas: "Ich weiß, dass wir das vorsichtig bewerten müssen. Doktor Brantly hat Blutplasma von einem genesenen Ebola-Patienten erhalten hat, bevor er ZMap bekam. Außerdem könnte es ihm auch einfach so besser gegangen sein. Das Ganze ist nicht eindeutig."

ZMAp ist ein Mix aus drei Antikörpern. Diese werden in Tabakpflanzen gezüchtet. Die Produktion ist hoch kompliziert und teuer: Mindestens 10.000 Dollar pro Dosis. Das Mittel ist zudem nur in kleinsten Mengen verfügbar.

"Es gab bereits mehrere Versuchsreihen mit Affen. Und die waren sehr erfolgreich, aber wir wissen absolut nichts über mögliche Nebenwirkungen, beim Menschen. Das müssen wir noch herausfinden“, sagt Ebolaforscher Geisbert.

"Die US-Regierung tut wirklich alles, um die Entwicklung zu beschleunigen", sagt Tom Frieden, Direktor Nationale Infektions- und Seuchenschutzbehörde. "Doch bitte keinen falschen Hoffnungen. Das kann dauern. Zudem haben wir von diesen Mitteln derzeit einfach nur sehr geringe Mengen zur Verfügung.“

Khadija Sesay aus Sierra Leone ist enttäuscht. Die US-Regierung will nun zusätzliche Gelder freigeben, damit das neue Mittel bald am Menschen getestet werden kann. Doch Khadija Sesay sagt: Wir haben keine Zeit zu warten.

Autorin: Sandra Ratzow

Vorankündigung: Die Interviews von Andreas Cichowicz mit Anja Wolz (Ärzte ohne Grenzen) und Dr. Thomas Strecker, der in einem mobilen Labor im Ebola-Gebiet im Einsatz ist, stellen wir ab 12.08. in einer Langfassung auf dieser Seite zur Verfügung.

Stand: 06.02.2019 09:39 Uhr

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