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Spanien: Woher kommt das Wasser für den Tourismus?

PlaySwimmingpool einer Anlage mit Ferienwohnungen
Spanien: Woher kommt das Wasser für den Tourismus? | Bild: SWR

Golfplätze, Pools und riesige Hotels verbrauchen massiv Wasser, um den Luxus zu bieten, den Reisende verlangen. Ein Sektor, der extrem viel Wasser nutzt, denn rechnerisch ist der Wasserbedarf von Urlaubern in Spanien rund dreimal höher als zu Hause. Das vorhandene Wasser reicht nicht, die Industrie versucht mit recyceltem Wasser und Entsalzungsanlagen gegenzusteuern. Allerdings bringt das wiederum andere Umweltfolgen mit sich.

Touristen verbrauchen mehr Wasser als Einwohner

Marbellas Touristen schlafen noch. Aber auch zur Schlafenszeit verbrauchen sie schon Wasser. Zwei bis dreimal so viel wie Einwohner. Straßen werden intensiv geputzt, Grünstreifen gesprenkelt, Golfplätze gehegt und gepflegt. In der Communidad "Oasis" nahe Marbella ging bisher viel Wasser für saubere Wege, viel zu üppige Pflanzen und schicken Rasen drauf. José Ortega, der einzige Spanier, der hier lebt, will das so nicht mehr hinnehmen. "Ich erinnere mich, dass noch vor einem Jahr jeden Tag stundenlang bewässert wurde, so dass das Wasser hier wie ein Wasserfall herunterlief und sich unten am Tor der Schlamm ansammelte. Wir fanden das absurd." 124 topmoderne Wohnungen, erst zwei Jahre alt. Die meisten Eigentümer sind nur zeitweise hier. Und dachten beim Einzug in die schöne neue Urlaubs-Residenz nicht unbedingt gleich ans Wasser sparen. Oder an dürretaugliche Pflanzen. Jose musste sie von seinen mit einem Eigentümerverband entwickelten Ideen, erstmal überzeugen. "Erstmal war es ein Schock, denn alle Deutschen, Niederländer und Belgier wollten es Grün haben. Aber wenn man Wasser verschwendet, also viel verbraucht, ist Wasser hier teurer. Jetzt haben wir es geschafft, den Verbrauch um etwa 40 % zu reduzieren und haben auch noch die Rechnung viel günstiger gemacht."

Röhren einer Entsalzungsanlage
Die Entsalzung von Meerwasser ist umstritten | Bild: SWR

Marbella. Touristen-Hochburg an der "Costa del Sol". In den Küstenorten leben rund 400.000 Menschen, in der Hochsaison verdreifacht sich die Zahl. Für so viele reicht das Wasser nur weil Marbella Meerwasser entsalzt, aufgefangen dort hinten an der gelben Boje. Schon seit den 1990er Jahren wird hier aus Meer- Trinkwasser. Dafür ist viel Energie nötig. Bis zu 50 Millionen Liter spuckt die Anlage pro Tag aus, die Menge benötigen sie in der Hochsaison. Als erstes wird Schmutz und Sand herausgefiltert. "Was hier herauskommt ist vollständig gefiltert, fertig zum Entsalzen", erklärt Miguel Esteban Martin Montero, Leiter der Entsalzungsanlage in Marbella. Und dann geht es weiter in das Herz der Anlage. In diese Röhren pressen die Maschinen das gesäuberte Meerwasser, heraus kommt 50% fertiges Trinkwasser. Und 50% hochkonzentriertes Salzwasser, das ins Meer zurückgeleitet wird. Wie intensiv das der Umwelt schadet, ist umstritten. "Die sogenannte Sole, die wir dann ins Meer leiten, ist das, was wir dem Meer entnehmen, nur mit einer etwas höheren Salzkonzentration. Es gibt keine "Verklappung" von außergewöhnlichen Schadstoffen. Zudem verteilen wir diese Sole im Meer."

Golfspieler und Umweltschützer streiten um Wasser

Javier de Luis überzeugt das nicht. Der Umweltberater zeigt uns, wo in Marbella der stetig wachsende Tourismus der Umwelt schadet. "Wenn wir mehr Wasser entsalzen, brauchen wir mehr Energie, und es wird mehr Salz übrigbleiben. In einigen Entsalzungsanlagen wird das zur Herstellung von Salz verwendet, was eine Zwischenlösung sein kann. Aber in jedem Fall intensivieren wir so die Nutzung von natürlichen Ressourcen, die endlich sind." Am Rio Guadaiza ist diese Endlichkeit zu sehen. Er entspringt in den Bergen und auf seinem Weg zur Mündung wird weiter oben Wasser für einen Trinkwasser-Speicher abgezweigt, weiter unten – so Javier – dürfe ein Golfplatz das Wasser nutzen. "Etwas weiter flussabwärts ist der Fluss komplett ausgetrocknet. Und das natürliche Flussbett, das dieser Fluss haben sollte, um das Leben im Wasser und die Artenvielfalt zu erhalten, verschwindet. Und das, weil für Golfplatzbesitzer das Wasser aus dem Fluss billiger ist als aufbereitetes Wasser."

Golfspieler auf Golfplatz
Umweltschützer würden den Golfern am liebsten das Wasser abdrehen | Bild: SWR

Erst kürzlich wollten Umweltschützer in Andalusien den Golfplätzen ganz das Wasser abdrehen – eine Mehrheit gab es dafür nicht. Golf ist ein Wirtschaftsfaktor. Und in Marbella sorgen die Golfer dafür, dass selbst im Winter gut situierte Touristen ihr Geld dort ausgeben. Beim Wasser hätten sie längst umgedacht, sagen sie hier. Anders als früher bekämen die Golfplätze an der kompletten Costa recyceltes Wasser. In diesem Speicher landet sogar ausschließlich solches, gebrauchtes Wasser. Es läuft durch einen Filter und sorgt dann für schönen, grünen Golf-Rasen. Umstritten ist, ob andere dieses Wasser nicht dringender brauchen. "Tatsächlich ist doch im Abwassersystem viel mehr Wasser vorhanden als wir für die Golfplätze benötigen", sagt Carlos Pitarch, Vizepräsident der Asociación Española de Campos de Golf. "Dieses Wasser wird schließlich auch für die Landwirtschaft, für die Bewässerung von Grünflächen in Parks und für die Straßenreinigung verwendet."

Häuser mit intelligentem Bewässerungssystem

Zumindest im Moment ist noch genug Wasser fürs Grün im System. Nach der frühen Hitze im April hat es zuletzt mehrmals geregnet. Auch bei der Entsalzung produzieren sie deshalb noch nicht am Anschlag. Trotzdem soll die Anlage bald moderner werden und noch mehr Wasser ausspucken. "Dieses Wasser war vor vier bis fünf Stunden noch Meerwasser", sagt Miguel Esteban Martin Montero, Leiter der Entsalzungsanlage in Marbella. Jetzt erfüllt es alle gesetzlichen Anforderungen und Qualitätskriterien und wird ausschließlich als Trinkwasser verwendet." Immer mehr Trinkwasser produzieren – für Enrique Navarro, der zum Tourismus an der Costa forscht, ist das nur ein Teil der Lösung. "Man muss regelmäßig Kampagnen machen: Jedes Mal, wenn es eine Dürre gibt: den Wasserverbrauch pro Person, auch pro Tourist, reduzieren", so der Vorschlag von Enrique Navarro Jurado, Professor für Geographie an der Universität Malaga.

Kräne auf Baustelle
Marbella wächst – und damit auch der Wasserverbrauch | Bild: SWR

Marbella wächst derweil immer weiter. Baustellen allerorten. Mittlerweile gibt es auch nachhaltige Projekte. Immobilienmaklerin Maria zeigt uns ein mustergültiges Haus mit minimalem Wasserverbrauch, schon beim Bau. Mit eigener Recycling-Anlage. "Das Haus hat zudem ein intelligentes Bewässerungssystem. Wenn es regnet, schaltet es ab. Und das ist hier wichtig, denn wir haben viele Kunden, die nur sehr wenig Zeit hier verbringen." Aber nicht alle Ferienhaus-Besitzer können oder wollen sich eine High-Tech-Bewässerung leisten. Und so gibt es auch weiterhin Touristen, die in ihrem leerstehenden Haus an der Costa del Sol Wasser verbrauchen, während sie selbst daheim in Deutschland sind.

Autorin: Kristina Böker, ARD-Studio Madrid

Stand: 18.06.2023 19:42 Uhr

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