So., 24.11.24 | 18:30 Uhr
Das Erste
Sudan: Hoffnung durch Schule
Die erste Schule steht im kleinen Dorf Karakoulle. Seit einem Jahr werden dort täglich rund 100 Kinder unterrichtet, während im Rest des Landes die Schulen praktisch nicht mehr existieren. Jahrelanger Bürgerkrieg hat das Land ruiniert. Genau darüber hatte Stefan Maier 20 Jahre als Journalist immer wieder berichtet. Inzwischen hat er den Verein "Die Hoffnungsmacher" gegründet, der Schulen im ganzen Land bauen möchte. Die Dorf-Schule in Karakoulle ist die erste. Mit Geldspenden aus Deutschland finanziert, gebaut im Dorf von Menschen aus dem Dorf. Einfach war es nicht, sagen Stefan Maier und sein sudanesischer Freund und Mitorganisator, aber es zeigt, dass man etwas bewegen kann, auch im Sudan.
Das Team: ein Reporter und ein Flüchtling
Gemeinsam erlebte Abenteuer schweißen zusammen, heißt es. Noch vor zwei Jahren kannten sich diese beiden Männer nicht – heute sind sie enge Freunde. Zain-Alabidin Al-Khatir kam als politischer Flüchtling nach Hildesheim und ist heute deutscher Staatsbürger … und Stefan Maier, ehemaliger Auslandsreporter, der immer wieder für die ARD aus dem Sudan berichtet hat. Im letzten Jahr erlebten Stefan und Zain ihr gemeinsames Abenteuer im Sudan: sie haben in Zains Heimatdorf eine Schule gebaut. Eines Tages klingelte Zains Handy, der gerade in den Ruhestand gegangene Stefan Maier war dran. "Ich bin jetzt im Ruhestand, ich wollte jetzt die Schule bauen, wenn Du bereit bist, können wir dann reisen", erinnert sich Zain. "Ich war auch so wirklich bereit, dann sind wir zusammen hingeflogen und haben das gemacht."
Zain musste als politisch Verfolgter quasi über Nacht aus dem Sudan fliehen. Bei der Reise im März 2023 konnte er erstmals nach 10 Jahren wieder seine Familie in die Arme schließen. "Ja, war richtig schön, mit meiner Familie nach so vielen Jahren zu treffen. Das hat mich sehr gefreut, ich würde sie auch gerne wiedersehen. Leider ist nur der Krieg gerade, mal gucken."
Das Projekt: eine Schule im Sudan
Im Dorf Karakoulle ging dann alles rasend schnell: in nur einer Woche lagen alle Genehmigungen für den Schulbau vor. Bei der Grundsteinlegung konnte Stefan Maier noch mit anpacken. Kurz nach der Abreise brach der Krieg aus. Trotzdem baute das ganze Dorf die neue Schule fertig. Diesen Bau hat Stefan noch komplett allein bezahlt. "Dann, nachdem klar war, das wird erfolgreich, dann war klar, jetzt gründe ich einen Verein. Jetzt brauche ich Leute, die mir helfen Spenden zu sammeln, dass das jetzt auf soliden finanziellen Füßen steht und das ist etwas, das uns die nächsten Jahre beschäftigen wird."
20 Jahre hat Stefan Maier über den Krieg in der sudanesischen Region Darfur berichtet. Bis heute flüchten Tausende vor der Gewalt, einige bis Europa. Der ehemalige Reporter hofft für den Sudan auf Demokratie und ein funktionierendes Bildungssystem. "Bildung ist ein Menschenrecht. Jedes Kind muss die Chance haben, Bildung zu kriegen. Und wenn man die Chance hat, in seinem Umfeld zu lernen und sich weiterzuentwickeln, dann muss man auch nicht sein Land verlassen. Dann kann man dort was schaffen und kann dort auch Chancen selber generieren und dann haben die Leute auch wirklich die Chance in ihrer Heimat zu leben und dort zu bleiben."
Der Kfz-Mechatroniker Zain und seine Freunde mussten ihre sudanesische Heimatregion Darfur verlassen. Seit 20 Jahren flammt dort immer wieder ein blutiger Bürgerkrieg auf. Alle hier halten engen Kontakt in die Heimat. Der Tisch ist eine gute Informationsquelle über die aktuelle politische Lage in einem Land, aus dem zuletzt selten Nachrichten kamen. In einem Punkt sind sich hier alle einig: Stefans Pläne für weitere Schulbauten im Sudan sind wichtiger denn je. "Also im Sudan, wir haben immer, immer wenig Schulen gehabt", sagt Zain-Alabidin Al-Khatir. "Und jetzt, durch diesen Krieg, wurden die meisten Schulen zerstört. Und deswegen braucht man unbedingt Neubauten und so, und das wird eine große Herausforderung für die nächsten Jahre, denke ich mal, im Sudan auch nach dem Krieg. Und deswegen, ehrlich gesagt, brauchen wir Hilfe!"
Eine Schule als Zeichen der Hoffnung
Die Karakoulle-Schule ist nach den Plänen einer UNO-Standardschule für Afrika gebaut worden. Sie ist der örtlichen Hitze gut angepasst. Heute haben die beiden seltenes Glück: Es ist extrem schwierig, aktuelle Bilder aus dem Sudan zu bekommen: ein Handy, eine Kamera, sogar nur Stift und Block machen Menschen verdächtig – nicht selten werden die vermeintlichen Spione erschossen.
Zain gelingt es, seinen Bruder in der Gebietshauptstadt in der Nähe seines Heimatdorfes per Videotelefonat zu erreichen. Alrabiye arbeitet dort als Arzt und als örtlicher Kontaktmann für den Verein "Die Hoffnungsmacher", er leitet auch die Spenden weiter. "Aber den Kindern geht’s gut?" fragt Stefan. "Wir sind die einzige Schule in ganz Darfur jetzt gerade, die da läuft", sagt Alrabiye. "Also, es gibt gar keine Schule, die gerade offen ist, außer unserer Schule."
Seine Schule in Karakoulle funktioniert – Stefan Maier ist fest davon überzeugt, dass jeder einzelne etwas zum Besseren verändern kann. "Wir erleben uns alle als hilf-, als wirkungslos. Wir haben Kriege um uns herum und man denkt irgendwie, man kann als Einzelner nichts machen. Doch, man kann!" Das große Problem löst diese Schule nicht – aber sie ist ein Zeichen der Hoffnung.
Autor: Dirk Schraeder
Stand: 25.11.2024 17:18 Uhr
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