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Südafrika: Klimaforschung

PlayKapstadt 2018: Anwohner stehen mit Gallonen für Wasser an
Südafrika: Klimaforschung | Bild: picture alliance/dpa/kyodo

Vor einigen Jahren kam es in Kapstadt zu einer schweren Wasserknappheit. Wissenschaftler der Universität Stellenbosch forschen über den Zusammenhang von Klimawandel und Wasserversorgung – mit teils überraschenden Ergebnissen.

Die Kap-Region: ein einzigartiges Ökosystem

In den Bergen hinter Stellenbosch, östlich von Kapstadt, wachsen Pflanzen, die es sonst nirgendwo auf der Welt gibt. 'Fynbos' heißen sie, auf Deutsch: 'feingliedriges Gebüsch'. Besonders spektakulär sehen die Pflanzen nicht aus, aber sie sind immens wichtig für das Ökosystem. Über 8.500 verschiedene Arten gibt es, was die Kap-Region zu einer der artenreichsten weltweit macht. Ein Ökosystem, das mit anderen Ökosystemen nicht vergleichbar ist. An einer Forschungsstation messen Wissenschaftler den Kohlenstoff-Gehalt in der Luft und im Boden.

Berge in Kap-Region
Hier wächst der Fynbos | Bild: SWR

Europäische Forscher haben Südafrika geraten, hier Bäume zu pflanzen, um damit die Erderwärmung zu bekämpfen. Sie aber sagen, man könne Forschungsergebnisse aus Europa und anderen Teilen der Welt nicht auf die Pflanzen des südlichen Afrikas anwenden. "Die Wissenschaft aus dem globalen Norden glaubt, dass es eine gute Idee ist, hier Bäume zu pflanzen, um Kohlenstoff zu speichern", sagt Abri de Buis vom South African Environmental Observation Network. "Diese Region aber, und vergleichbare Regionen überall in Südafrika, haben nach Jahrzehnten der Beobachtung eindeutig gezeigt, dass eine Bewaldung mit Bäumen, die hier eigentlich gar nicht vorkommen, zu einem dramatischen Rückgang des Wasserspiegels führen würde."

Zu wenig Geld für Forschung in Afrika

Denn Bäume verbrauchen mehr Wasser, als es der 'Fynbos' tut. Ihre Messreihen haben ihnen gezeigt, dass auch der 'Fynbos' Kohlenstoff in ausreichender Menge bindet. Außerdem ist er widerstandsfähiger gegen die häufigen Brände in der Region. Sie bedauern, dass afrikanischen Forschungseinrichtungen nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt wird. Und sie bedauern, dass es viel zu wenig Geld für Forschung in Afrika gibt. "Da gibt es eine große Ungleichheit", klagt Guy Midgley von der Stellenbosch Climate School. "Afrika ist wissenschaftlich wie ein verarmter Verwandter, wenn es um das Klima geht. Der ganze Kontinent bekommt nicht einmal fünf Prozent aller weltweiten Investitionen in den Klimawandel. Das ist unerträglich wenig, wenn man sich die Größe des Kontinents ansieht, die einzigartige Artenvielfalt, und die Rolle, die unsere Ökosysteme spielen. Die Ungleichheit bedroht diese Ökosysteme."

Wissenschaftler Guy Midgley
Guy Midgley von der Stellenbosch Climate School | Bild: SWR

Drei dieser Beobachtungsstationen gebe es in der Provinz. In europäischen Ländern seien es Tausende. Trotzdem gilt die Stellenbosch Climate School mittlerweile als eine der führenden Klimaforschungs-Einrichtungen weltweit. Guy Midgley ist der Autor einer Klimastudie, für die der Weltklimarat IPCC 2007 den Friedensnobelpreis bekam. "Die Schule ist ein Global Player, weil wir Teil eines Netzwerks sind, in dem sich Universitäten aus der ganzen Welt zusammengeschlossen haben. Stellenbosch nimmt als einzige Universität auf dem afrikanischen Kontinent teil, von insgesamt 15."

Konflikte ums Wasser

Das Forschungsprojekt direkt vor der Tür: Kapstadt. Eine extreme Wasserknappheit, vor vier Jahren. Monatelange Trockenheit, die Dämme in der Region fast leer. Kapstadt bezieht sein Wasser von sechs Dämmen im Norden und Osten der Region. Die Menschen holten sich ihr Wasser von der Straße. Zeitweise war der tägliche Wasserverbrauch auf nur 50 Liter pro Tag, pro Person, rationiert. Eine heftige Diskussion begann. Wer bekommt das Wasser? Die Menschen? Oder auch die weltberühmten Weinfarmen? Ein klassischer Verteilungskonflikt, den sie versucht haben, mit Wissenschaft und der Universität Stellenbosch zu entspannen. Guy Midgley und der Farmer Gideon Roos. Gemeinsam gingen sie der Frage nach: haben wir in der Vergangenheit vielleicht zu viel Wasser verschwendet? Gideon Roos sagt: ja. "Wir haben jetzt auf Tröpfchenbewässerung umgestellt, mit Wasser in nur ganz kleinen Mengen. Das machen wir mit unserer gesamten Bewässerung so, wir machen es jetzt eben anders." Sparsamer.

Karge, trockene Landschaft
Dürren führen immer wieder zu Wassermangel in Kapstadt | Bild: SWR

Guy Midgley untersucht, wieviel Wasser eine Pflanze absorbiert, und wieviel Wasser es wieder abstößt, das dann im Boden versickert, oder ganz einfach verdampft. Es hat sich herausgestellt: die Pflanzen brauchen viel weniger Wasser, als erwartet. Noch wissen sie nicht, wie viel sie genau brauchen, die Forschungsreihe ist noch zu jung. "Das zeigt uns, wie effizient diese Blätter funktionieren. Wir vergleichen das damit, wieviel Wasser im Boden ist. Wie hoch die Feuchtigkeit ist, wieviel Licht es gibt. Das erlaubt uns, Muster zu erarbeiten, die den Wein-Produzenten hier dann darüber informieren, wie er am besten seine Produkte herstellt, in diesem Fall also Trauben." Dieses Jahr hat es genug geregnet. Aber die nächste Trockenheit kommt bestimmt.

Autor: Richard Klug, ARD-Studio Johannesburg

Stand: 07.11.2022 09:51 Uhr

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