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Südafrika: Der Krieg ums Nashorn

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Südafrika: Der Krieg ums Nashorn | Bild: SWR

In Südafrika nennen sie es einen "Krieg". In den Nationalparks erlegen Wilderer immer mehr Nashörner. Und immer häufiger kommt es zu Schießereien zwischen Wilderern und Parkhütern. Allein in diesem Jahr wurden 500 Wilderer getötet.

Obwohl das Risiko für die illegalen Jäger groß ist, hält es viele nicht davon ab, nachts in die Nationalparks einzusteigen und Nashörner abzuschlachten. Mit dem begehrten Horn werden Millionenumsätze gemacht. Eine Reportage von ARD-Korrespondent Ulli Neuhoff (Studio Johannesburg).

Die Geier am Himmel sind ein untrügliches Zeichen, dass die Wilderer wieder zugeschlagen haben. Es sind auch die Geier, die die Ranger zum Kadaver führen. Zwei, dreimal in der Woche, manchmal auch täglich, alleine im Krüger Nationalpark. "Diese Kugel haben wir sehr nahe am Körper gefunden", sagt Frik Rossouw vom Krüger Nationalpark. "Ein anderes Kaliber als die erste Kugel. Das bedeutet es waren eindeutig zwei Gewehre im Spiel."

Die Ranger sichern die Spuren

Wie Kriminalisten sichern die Ranger die Spuren. Beweise, um die Wilderer – die längst über alle Berge sind – einmal überführen können. "Wilderer nehmen nur die Hörner mit, sonst nichts. Wir sind etwa sechs Kilometer hier her gelaufen. Die Wilderer müssen eine ähnliche Stecke zurücklegen. Dann feuern sie ihre Schüsse, und machen damit auf sich aufmerksam. Die haben keine Zeit zu verlieren. Sie hacken die Hörner ab und verschwinden."

Männer tragen Sarg
Hunderte Wilderer wurden dieses Jahr schon getötet.  | Bild: SWR

Sechs Kilometer sind es bis zum Außenzaum des Nationalparks. Und am Zaun liegen die Dörfer der Wilderer. Hier beerdigen sie gerade Henry Mabuza. Er wurde von Parkhüter erschossen, die ihn auf frischer Tat ertappten. Jede Woche gibt es solche Beerdigungen. Seit die Parkverwaltung aufgerüstet hat, ist Wilderer-Handwerk gefährlich geworden. 500 starben alleine in diesem Jahr. "Als wäre das Leben von Tieren wichtiger als das von Menschen", beschwert sich der Bruder des Wilderers. "So sieht es doch aus. Wir haben Hunger und Jobs gibt es auch nicht. Uns gehören diese Tiere doch eigentlich, aber Regierung schießt auf uns und tötet uns."

Park-Ranger gegen Wilderer

Früher jagten sie um das Fleisch zu essen. Auch das illegal, aber die Ranger ließen sie oft gewähren. Das Horn der Nashörner hat alles verändert. Ein lukratives Geschäft für die Wilderer. Das Risiko ist aber auch ungleich höher. Über Tage versuchen wir ein Treffen mit einem aktiven Wilderer zu organisieren. Immer wieder platzt es kurzfristig. Ein neuer Treffpunkt, eine neue Zeit. Der Kampf um die letzten Nashörner ist zu einer Art Krieg geworden. Mit militärischen Mitteln versuchen die Park-Ranger den Wilderern Herr zu werden. Aber sie kämpfen gegen Organisiertes Verbrechen. Das merken wir an diesem Abend. Als wir am vereinbarten Treffpunkt warten, bekommen wir einen Tipp. Wir sollen so schnell wie möglich verschwinden. Eine Gruppe Wilderer wolle uns hochnehmen. Die Flucht in letzter Minute.

Marschierende Park-Ranger mit Gewehr
Die Wilderer werden mit militärischen Mitteln bekämpft.  | Bild: SWR

Am nächsten Tag klappt dann doch das Treffen. Smart – nennt sich der Mann mit dem Hut. Früher hat er Elefanten geschossen, seit vier Jahren tötet er Nashörner. Fast jede Nacht ist er im Krüger-Nationalpark unterwegs. "Normalerweise sind wir 6 bis 7. Und jeder bekommt 15.000 Rand auf die Hand. 15.000. Der Fremde, der uns bezahlt, nimmt dann das Horn und verkauft es weiter." Umgerechnet 1.000 Euro. Smart trägt das ganze Risiko, das Geld machen andere. 50. 000 Euro kostet ein Kilo gemahlenes Nashorn in Fernost. "Wir bekommen Tipps aus dem Park. Wir rufen an und sie sagen uns genau in welchem Segment die Nashörner sind. Sonst wäre es ziemlich schwer sie nachts zu finden."

Die Existenz der Nashörner ist bedroht

Dieses Jahr werden es wahrscheinlich 2.000 gewilderte Nashörner sein. So viele wie noch nie. Mittlerweile geht es tatsächlich um den Fortbestand der Art. Es werden mehr Nashörner abgeschlachtet als geboren werden. Hier kämpfen sie um jedes einzelne Nashorn. Päppeln die Waisen auf, die übrig bleiben, wenn die Wilderer zuschlagen. "Sie haben seine Mutter getötet", sagt Petronel Nieuwoudt, Care for Wild Africa. "Im Krüger-Park. Sie starb aber nicht sofort, deshalb hackten sie ihr das Rückgrat durch. Er blieb bei ihr, ganze vier Tage lang. Als wir ihn fanden war er extrem dehydriert. Zwei Wochen kämpften wir um sein Leben."

Nashornbaby wird mit Flasche gefüttert
Freiwillige kämpfen für das Überleben der Nashörner.  | Bild: SWR

Mit einem Heer von Freiwilligen ziehen sie die Babys auf. An Hilfsbereitschaft fehlt es nicht, an Geld meistens auch nicht. Trotzdem zeigt dieses Waisenheim das ganze Dilemma. Die Flaschenkinder gewöhnen sich an die Menschen. In die freie Wildbahn können sie nicht zurück. Ohne Mutter lernen sie nie in der Natur zu überleben. "Sie werden eine Zucht-Herde bilden an einem sicheren Ort", sagt Petronel Nieuwoudt, Care for Wild Africa. "Das Erbmaterial ist sehr gut und vielfältig. Damit spielen sie eine sehr wichtige Rolle für die Erhaltung der Art."

"Natürlich weiß ich, dass die Nashörner aussterben werden. Aber mir ist das doch egal. Ich will zu Geld kommen und zwar jetzt sofort", meint Smart, der Wilderer. Das ist das Problem. Die Armut – gerade am Rande des Krügerparks – ist groß, und die großen Häuser gehören den Wilderen. Vielen scheint es ganz natürlich sich den Gruppen anzuschließen, die immer in der Abenddämmerung in den Park einsteigen. Auch wenn das Risiko groß ist. Nicht umsonst sprechen sie in Südafrika von einem Krieg um die Nashörner. Beide Seiten rüsten mehr und mehr auf. Wenn sie sich im Busch begegnen geht es um Leben und Tod. "Die Jacke hat nur ein einziges Loch", erzählt Sindi Mashaba, die Schwester eines getöteten Wilderes. "Aber mein Bruder hatte zwei Wunden. Die andere in der Seite. Wer immer auf ihn geschossen hat, zog ihm vorher die Jacke aus und schoss dann nochmal." Ein erbitterter Kampf. Den Wilderen geht’s vornehmlich ums Geld. Für die Parkverwaltung um die Rettung des Nashorns und um die Touristen, denn die sind eine wichtige Einnahmequelle für Südafrika.

Stand: 10.07.2019 05:08 Uhr

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