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USA: Das Geschäft mit den zivilen Drohnen

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USA: Das Geschäft mit den zivilen Drohnen | Bild: SWR

Sie sind leise, sie sind klein und sie sind tödlich: Militärische Drohnen. Allein die US-Air Force besitzt Tausende dieser unbemannten, aber bewaffneten Flugobjekte. Vor allem in Krisengebieten wie in Afghanistan werden sie eingesetzt. Sie sind geräuschlos, leicht zu übersehen und sie eignen sich gut zum Spionieren: Zivile Drohnen.  Firmen in den USA arbeiten an Drohnen für jedermann.  Für Makler, die ihre Immobilienobjekte aus der Luft anpreisen wollen, für Sicherheitsbehörden, die Plätze und Straßen überwachen wollen, für Detektive, die etwas ausspähen wollen. Die Einsatzmöglichkeiten für das “Fliegende Auge“ sind vielfältig. Big Brother is watching you – aus der Luft. Die Angst vor der totalen Überwachung der Bürger wächst. Ein Bericht von Stefan Niemann, ARD Washington

Im sonnigen Kalifornien pflegen sie einen lässigen Lebensstil und sehen jeden technischen Fortschritt, jede Erfindung erstmal positiv. - Ein Immobilienmakler für Luxusvillen fühlt sich als Pionier. Ed Kaminsky setzte als erster zivile Drohnen für Luftaufnahmen ein. Eine Spezialfirma vermietet ihm in Los Angeles ihre fliegenden Kameras. „Sowas hatte ich noch nie gesehen. Ich war gespannt, wie die Bilder auf meiner Webseite wirken, denn alle Kunden suchen heutzutage online. Ich will die aber zum Haus locken. Dafür ist dies genial!“

Drohne
Killerdrohne oder ferngesteuertes Luftfahrzeug ? | Bild: SWR

Start frei fürs Eye in the Sky, für das surrende Propeller-Auge. Der Pilot bleibt cool am Boden, ein Könner am Joystick. Spielend hinauf zu neuen Horizonten aus der Vogelperspektive. Und dann mit der Bilderbeute wieder sanft auf den Boden. Sie sind stolz - nur das hässliche Wort Drohne hört die Branche nicht gern! Es erinnert an die Killerdrohnen des US-Militärs. „Wir nennen sie ferngesteuerte Luftfahrzeuge, sind jederzeit in Sichtweite und haben die Kontrolle“, sagt Aaron J. Spicker von Aerial Film.“Klar macht es Spaß für Ed aus großer Höhe direkt durch die Haustür zu fliegen. Aber es gibt auch Aufträge aus der Landwirtschaft, wir haben sogar Infrarotkameras für nachts.“

Doch die kleinen Drohnen haben ein Problem: sie fliegen noch im rechtsfreien Raum. Filmaufnahmen wie diese sind in den USA verboten. Es gibt Sicherheits-bedenken und ernste Sorgen um die Privatsphäre.“Es darf nicht sein, dass uns Drohnen aufs Dach fallen oder mit Flugzeugen kollidieren!“ meint Jay Stanley von der American Civil Liberties Union. “Es geht erstmal um die Sicherheit. – Aber wir haben auch Bedenken, dass künftig pubertierende Teenager, Paparazzi oder sonst wer in unsere Schlafzimmer gucken können.”

Drohne
Noch fliegen sie im rechtsfreien Raum | Bild: SWR

Wir wollen wissen, wie die Hersteller der Drohnen das sehen. Doch die meisten winken ab, aus Angst vor schlechter Presse. Nur eine Firma aus San Diego, der Drohnenhauptstadt der USA, heißt uns willkommen. Sie produziert in Mexiko. Bei 3DRobotics sind wir gleich im Bilde, buchstäblich. - Das junge Team von Guillermo Romero lässt die Drohnen sogar in der Halle fliegen - zu Testzwecken. Der 25-jährige hat erst vor zwei Jahren mit dem Drohnenbau begonnen, in seiner Garage, Versand aus dem Wohnzimmer. Winzige Autopiloten sind das Herzstück der Fluggeräte. Die inzwischen 25 Angestellten bauen kleine Drohnen mit vier oder sechs Propellern. Der Jungunternehmer zeigt uns die nur anderthalb Kilo schwere Variante, die sich auch per Laptop steuern lässt. Hobbykunden aus aller Welt ordern diese Drohnen, viele pfeifen auf die noch unklare Gesetzeslage. Guillermos Umsatzzahlen gehen durch die Decke. „Sie können Punkte auf der Landkarte einprogrammieren und die per Autopilot abfliegen. - Und so ein Ding kostet dann 1.000$? – Ja, inklusive der Kamera.“

Mann hält Drohne in der Hand
Bis zu 1000 Dollar kosten die Fluggeräte

Wir fahren rauf nach North Dakota, wo immer noch Schnee liegt. Und treffen Al Frazier, Deputy Sheriff von Grand Forks. Der Mann ist auch Pilot für Flugzeuge und Hubschrauber – vor allem aber unterstützt er den Einsatz ziviler Drohnen für die Polizeiarbeit, auch als Gastdozent der Universität. „Es gibt Bedenken in diesem Land, dass wir diese Geräte für heimliche Überwachung einsetzen könnten, um Leute zu bespitzeln. Aber dafür sind die gar nicht geeignet, weil die Batterien nur für ein paar Minuten reichen. Wir wollen Drohnen eher für Verbrechensaufklärung und die Untersuchung von Unfällen nutzen. Oder bei Naturkatastrophen.“ Regelmäßig unterrichtet Al Frazier angehende Piloten und Fluglotsen. 90% der Studenten sind junge Männer, mit Videospielen aufgewachsen. Ein Lehrfilm über die Verbrecherjagd mit Polizeidrohnen soll sie überzeugen, dass man heutzutage als Pilot am Boden die entscheidende Rolle spielen kann. “Wir wollen nicht, dass Drohnen allgegenwärtig werden für die Überwachung amerikanischen Lebens!“, so Jay Stanley, von der American Civil Liberties Union. “Ich glaube, dass die Polizei dazu neigt, solche Technik exzessiv einzusetzen sobald sie billig zu haben ist. Und Bürger dann vorsorglich überwachen”

Von notorischen Bedenkenträgern halten sie nichts an der Uni von Grand  Forks. Hier haben sie den ersten Masterstudiengang für das Bauen und Fliegen von zivilen Drohnen in den USA ins Leben gerufen. Und sind mächtig stolz darauf, Vorreiter des Fortschritts zu sein. Sie wollen nicht gefesselt werden von zu vielen Vorschriften aus dem fernen Washington. “Ich glaube nicht, dass die Flugaufsichtsbehörde unsere Träume noch einschränken kann“, meint Nick Rocci, Student im Bereich Unbemannte Luftfahrt. „Der Himmel ist nicht meine Grenze, sondern mein Spielplatz. Was wir hier machen, ist die Zukunft“. Und sein Kommilitone Andrew Regenhard ergänzt: „Klar lockt auch das Geld, da bin ich ganz ehrlich. Die brauchen uns Drohnenpiloten, die Nachfrage ist so groß, dass sie uns sechsstellige Jahresgehälter bieten!“

Fernsteuerung einer Drohne
Noch ist meist Handarbeit erforderlich - es gibt aber auch schon Autopiloten  | Bild: SWR

Endlich abheben – und sei es in der Turnhalle. Der erste Flug ihrer selbst gebauten Drohne – ein echtes Hochgefühl. Die Studenten strotzen vor Selbstbewusstsein und brennen auf den ersten Job. Vor der Villa in Los Angeles diskutiert der Makler mit dem Drohnenprofi. Ed Kaminsky möchte jetzt Flugbilder vom Wohnzimmer! Mission possible, sagt der Pilot. Und so kreist die Kamera um den Kronleuchter. Was aussieht, wie die Spielerei großer Jungs, trägt reichlich Konfliktpotential. Auf der einen Seite die Sehnsucht nach Fortschritt, neuen Jobs und mehr Sicherheit. Auf der anderen die Angst vor Big Brother und dem Überwachungsstaat. Erst 2015 wollen Amerikas Gesetzgeber endgültig entscheiden, was zivile Drohnen dürfen.

Stand: 22.04.2014 13:48 Uhr

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