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Thailand: Tränen, Trauer und unklare Thronfolge

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Thailand: Tränen, Trauer und unklare Thronfolge | Bild: BR

Vor dem Zimmer, in dem der König liegt – hier haben sie sich versammelt. Hunderte Thailänder sind zum Siriraj-Krankenhaus gekommen. Viele beten für ihren König. Dabei ahnen die meisten schon, was am Abend offiziell verkündet wird: König Bhumipol ist tot.

Premierminister Prayuth Chan-Ocha sagt im Fernsehen: "Der König möchte, dass wir zusammenhalten. Lasst diesen Wunsch weiterleben, auch wenn unser König gestorben ist."

Letztes Geleit für den König

Eine Frau weint um den König.
Eine Frau weint um den König. | Bild: Bild: BR

Bangkok am Tag darauf – Sonnenschein und blauer Himmel. Das Land erwacht in eine neue Ära. Die Menschen strömen zum Königspalast, zum letzten Geleit für ihren geliebten König. Bhumipol war 70 Jahre an der Macht, solange wie kein anderer Monarch der Welt. Für seine Untertanen war der König eine fast heilige Figur, auch für Chiratchaya und ihre Freundinnen: "Ich liebe ihn so sehr für alles, was er getan hat. Er hat sich für das Land aufgeopfert. So jemanden finden wir kein zweites Mal."

Hunderttausende stehen jetzt am Straßenrand und nehmen Abschied von ihrem Monarchen. Ein feierlicher Zug geht durch die Stadt. Auch wenn der alternde König am Ende seine ausgleichende Rolle nicht mehr wahrgenommen hat: Bhumipol war für die Menschen das überragende Symbol der Einheit in einem zerrissenen Land, ein Land, das jahrelang so viele politische Proteste erlebt hat, Tote und Verletzte und zuletzt zwei Staatsstreiche.

Kleidung für die Trauer

Auf Bangkoks Kleidermarkt haben sie die vielen politischen Gruppierungen seit jeher ausgestattet, die in Thailand bis heute um Macht und Einfluss ringen: die Gelbhemden, also die reichen Städter – die Rothemden, die einfachen Leute vom Land. Aber seit drei Tagen gibt es hier nur noch eine Farbe: und das ist Schwarz. Verkäuferin Songkarn Taengsoongnoen: "Ich liebe alle Farben, aber ab jetzt bieten wir nur noch schwarz an. Allein heute Morgen habe ich schon 1000 T-Shirts verkauft."

Ein Kunde im schwarzen T-Shirt
Ein Kunde | Bild: Bild: BR

Ein ganzes Jahr Staatstrauer hat die regierende Militärjunta verordnet. Solange müssen alle Beamten dunkel tragen. Ein schwarzes Hemd kostet schon doppelt so viel wie ein buntes. Die Regierung warnt vor Geschäftemachern. Wegen der riesigen Nachfrage haben die Händler Tag und Nacht geöffnet. Ein Kunde: "Schwarze Hosen habe ich zum Glück schon, aber keine Hemden. Und ich brauche natürlich unterschiedliche. Ich will ja nicht immer das gleiche anziehen, ein Jahr lang."

Die Frage nach der Zukunft

Der Kopfschmerz vor dem Kleiderschrank wird wohl das geringste Problem im nächsten Jahr. Viele fragen sich: Wie geht es jetzt weiter im Königshaus? Seit gestern früh tragen sich die trauernden Thais in die Kondolenzbücher ein. Irgendwo hinter den Palastmauern: auch Kronprinz Vajiralongkorn. Er ist offiziell der Thronfolger. Nur wann er sich krönen lassen will, hat er überraschend vollkommen offen gelassen.

Im Haus der königstreuen Damen, bei Chiratchaya und ihren Freundinnen: Überall nur König. So beliebt muss der Thronfolger erst noch werden. Der ist nirgends hier zu sehen. Der Kronprinz lebt fast mehr in Deutschland als in Thailand, er war dreimal verheiratet. Er liebt das Leben. So fragen sich manche im Land: Will der Kronprinz überhaupt König werden, mit all seinen Pflichten?

Hoffnung auf den Kronprinzen

Mönche mit Kerzen
Mönche beten für den König | Bild: Bild: BR

Sutanya Wantaprom meint schon: "Der Kronprinz hat gesagt, er will erst um seinen Vater trauern. Ich glaube, er hat keine Hintergedanken. Ich bin sicher, dass er dann bald die Thronfolge antreten wird." Am Abend Gesänge für den verstorbenen König Bhumipol. Wie es weitergeht mit der Nachfolge und dem Land, darüber rätseln jetzt die Thailänder, aber im Stillen. Alles andere könnte schnell als Majestätsbeleidigung gelten; darauf steht Gefängnis.

Chiratchaya Seemarit hofft: "Ich wünsche mir für unser Land, dass wir da weiter machen, wo der König aufgehört hat. So werden wir jede Art von Unruhe überwinden." Das Königreich – ohne König. Dabei braucht Thailand bei seinen vielen ungelösten Problemen, dringend einen neuen Anker.

Autor: Philipp Abresch, ARD Singapur

Stand: 13.07.2019 00:39 Uhr

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