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Ukraine: Der Kapitän und sein toter Enkel

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Ukraine: Der Kapitän und sein toter Enkel | Bild: ARD

 

Alle seine Orden trägt Ivan Gutnik-Zalujni, wenn er mit seiner Tochter den Friedhof besucht. Er hält inne am Grab seines einzigen Enkels. Ivan, so hieß auch er; Ein Soldat der Ukraine. 23 Jahre nur lebte er, getötet im Krieg.

Ein toter Held

Das Grab von Ivan
Das Grab von Ivan | Bild: Bild: BR

Ivan Gutnik-Zalujni: "Er hat sein Leben geopfert, um 50 Kameraden vor der Einkesselung zu retten." Rückblick: Vor einem Jahr. Mutter Galina trauert um ein Kind, das kurz vor der Hochzeit stand. Ivan hatte gerade seinen Abschluss an der Universität gemacht. Er, der immer russisch sprach, sprach vor seinem Tod nur noch Ukrainisch. Der Großvater – Ivans Vorbild. "Ich werde die Ukraine verteidigen, so wie Großvater die Sowjetunion verteidigte", sagte er immer wieder.

Krieg mit Russland

Mutter Galina
Mutter Galina | Bild: Bild: BR

Großvater und Enkel: Ivan Gutnik-Zalujni war Kapitän der Sowjetmarine. Mutter Galina kämpfte in Afghanistan. Ein Mann muss seine Heimat verteidigen – der Leitspruch der Familie. Dass ihm etwas zustoßen könnte, das hatte seine Mutter verdrängt: "Er war mit seiner Einheit fast an der Grenze zu Russland. Er sagte mir: 'Mama, wir werden von Russland beschossen. Glaub niemandem was anderes. Russland schießt auf uns. Wir sehen es selbst, wir sind ganz nah.'“

Anklage. Stolz. Bitterkeit. Die Rede des 97-Jährigen am Grab seines Enkels rührt eine ganze Nation: "Ich habe in meiner Rede gesagt, dass ich dem russischen Volk keine Schuld gebe. Ich gebe die Schuld nur einem: einem Diktator, Russlands Präsident Putin und seinen Vertrauten. Mit Russen bin ich 27 Jahre in der Armee gewesen. Wir haben zusammen gekämpft, wir waren zusammen in Schützengräben, wir haben gemeinsam die Sowjetunion verteidigt. Und jetzt schicken sie ihre Enkel und Söhne in die Ukraine, um meinen Enkel zu töten."

Ein zerrissenes Land

Ivan Gutnik-Zalujni
Ivan Gutnik-Zalujni | Bild: Bild: BR

Der alte Mann verkörpert das Dilemma einer ganzen Generation. Zusammen mit seinen Kameraden schrieb er einen Brief an Vladimir Putin, bat darum, angehört zu werden. Eine Antwort bekam er nicht. Stattdessen wurde der Militär in Kiew noch einmal empfangen und geehrt, von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und dem Präsidenten der Ukraine. Vor Schülern spricht der 97-Jährige über das, was seiner Generation widerfuhr, im Weltkrieg und im Ukrainekrieg.

Und manchmal trifft er sich mit Ukrainern, die damals auf der anderen Seite, für die Deutschen kämpften: "Wir müssen zusammen leben", beschwört er sie. "Wir Ukrainer sind nicht gespalten. Die politischen Auseinandersetzungen innerhalb des Landes können wir alleine lösen. Wir brauchen keine Hilfe aus dem Ausland", meint Galina.

Ein Tod aus Liebe zum Land – davon sind sie überzeugt. Über 2000 ukrainischen Soldaten hat der Krieg bislang das Leben genommen.

Autorin: Golineh Atai, ARD Moskau

Stand: 08.07.2019 18:19 Uhr

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