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USA: Aufstand der Apachen

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USA: Aufstand der Apachen | Bild: SWR

Auf leisen Sohlen durchs Gelände. Mokassins trägt nur noch Großmutter Linda, ihr Mann Jerry ist in Cowboystiefeln unterwegs, Enkel Tyler schwört auf Turnschuhe. Die magische Kraft von Heilpflanzen, die Schätze der Natur, all das soll den Jungen an seine Wurzeln erinnern: Sie sind stolze Apachen. Jerry Thomas zeigt uns eine rituelle Schwitzhütte der Indianer. "Die Männer erhitzen die Steine im Feuer und bringen sie hier rein, kauern eng im Kreis unter der Zeltplane mit ihren Trommeln. Dann schließen sie den Eingang und es wird heiß – und sie singen und beten", erzählt er.

Der heilige Berg der Apachen ist bedroht

Oak Flat heißt diese Gegend in Arizona, sie ist den Apachen heilig, liegt aber außerhalb ihres Reservats. Nach Oak Flat kommen sie, um zu ihren Ahnen zu beten. Aber hier gibt es auch Bodenschätze, vor allem Kupfer. Die Gier des weißen Mannes sei wieder geweckt, sagt Jerry.

Kupermine im Tagebau in Arizona
Die Kupfermine ist ein riesiges Loch in der Landschaft. | Bild: SWR

Und so dürfte schon bald auch Oak Flat aussehen, diese Kupfermine liegt nur ein paar Meilen entfernt vom Reservat der San Carlos Apachen. Die gewaltige Grube, ein Krater wie in einer Mondlandschaft. Spielzeug winzig wirken hier die Großmuldenkipper; dabei sind schon die Räder vier Meter hoch, fast 400 Tonnen fassen diese Monstertrucks. So werden sie auch das Land unserer Ahnen entweihen, fürchten die Apachen. Im Schatten der ersten Probe-Fördertürme haben sie deshalb ein Protestcamp aufgeschlagen, ein Lager des Widerstands. Verzweifelt versuchen die Apachen die Kupferminenpläne des multinationalen Rio Tinto-Konzerns zu blockieren.

Der Senat billigt die Mine

"Wir haben viel Respekt für Mutter Erde und werden nicht zulassen, dass eine ausländische Firma unser heiliges Land aufbuddelt und sagt: Wir machen hier Milliarden Dollar Profit und dann hauen wir ab und hinterlassen Euch ein gigantisches Loch", sagt Sandra Rambler, eine Apachen-Aktivistin.

Jerry erbittet den Beistand ihrer Götter. Ohnmächtig hatten die Apachen zusehen müssen, wie der Kongress im fernen Washington dem Kupferkonzern grünes Licht gab – all ihre Proteste blieben ungehört.

Das Leben im Reservat ist nicht einfach

Landstraße mit Straßenschild an Grenze des Apachen-Reservat
Die San Carlos Apachen kämpfen für den Erhalt ihres heiligen Landes um Oak Flat. | Bild: SWR

Eine Autostunde östlich Oak Flats beginnt das Reservat der San Carlos Apachen. Knapp 15.000 Menschen leben hier, viele in Armut und Elend, trotz Einnahmen aus einem Spielcasino und Entschädigungszahlungen der US-Regierung. Es ist ein Leben am Rande der amerikanischen Gesellschaft, ein Leben, das viele Ureinwohner immer noch führen müssen. Die Jugendlichen Tony, Curtis, David und Maurice flüchten sich in ihre eigene Welt, halten sich aber fern von Drogen und Alkohol, denen so viele Freunde verfallen sind. "Im Reservat zu leben ist nicht so einfach wie es aussieht", sagt Tony Steele. "Viele schlechte Einflüsse hier! Und all das Negative hält uns davon ab, unsere Träume zu leben. Sich Drogen und Alkohol zu besorgen ist kinderleicht!"

Es geht um die Zukunft der jungen Apachen

In den Bergen suchen sie Kraft beim großen Manitu. Wendsler Nosie, seine Tochter Naelyn und Mitstreiter aus dem Reservat kämpfen für die Rettung von Oak Flat. Wendsler war lange Häuptling der San Carlos Apachen und trug den Widerstand gegen die Kupfermine schon bis nach Washington, organisiert spirituelle Protestläufe in Arizona, erzählt er. "Ich unternehme diese Reisen zu Fuß, habe meine gesegneten Gegenstände dabei. Und ich bringe den Schmerz meines Volkes, meines Landes und den Schmerz dieser Welt zu unserem Schöpfer."

San Carlos Apche Jerry Thomas nah
Jerry Thomas bittet die Götter um Beistand gegen das Vorhaben der Minenbetreiber. | Bild: SWR

Der 57-Jährige wurde zum Botschafter der San Carlos Apachen. Doch er läuft auch gegen das Gefühl der Ohnmacht an. Wendsler spürt, dass nicht nur der ihnen heilige Ort Oak Flat bedroht ist. Es geht um die Zukunft der jungen Apachen-Generation. "Wenn wir das Land verlieren, verlieren wir auch unsere Religion! Wir können uns noch an die Erinnerung an Oak Flat klammern, aber für die Jungen wird es diesen Ort nicht mehr geben, an dem sich unser Glauben bündelte", befürchtet Wendsler Nosie. Und seine Tochter Naelyn sagt: "Es ist an uns, das Erbe weiterzugeben! Wir kämpfen darum, unsere Tradition am Leben zu halten – sonst wären wir keine Apachen mehr!" Manche Apachen in Arizona haben Oak Flat schon abgeschrieben, erzählt Naelyn traurig. Sie will sich nicht damit abfinden und setzt auf ihre Schwestern und Cousinen, auf die starken Frauen im Reservat. Sie wollen ihre Heimat gegen die Kupfermine verteidigen – der Kampf habe grade erst begonnen.

Eine Reportage von Stefan Niemann (ARD-Studio Washington)

Stand: 12.07.2019 10:19 Uhr

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