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Philippinen: Die Goldschlamm-Taucher

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Philippinen: Die Goldschlamm-Taucher | Bild: WDR

Arbeiten auf dem Reisfeld – das klingt weder gefährlich noch besonders verwegen. Nur was diese Männer sich trauen, dafür braucht es verdammt viel Mut. Florante Jamito und seine Kollegen sind Taucher. Taucher auf einem Reisfeld. Tief in der Erde suchen sie nach einem funkelnden Schatz. Nach Gold.

Florante Jamito, Goldtaucher:

»Wir haben eine Grube gegraben und komplett geflutet. So wird der Stollen stabiler. Ohne Wasser würde alles sofort über dir zusammenbrechen. Aber mit Wasser gefüllt können wir richtig weit in die Tiefe gehen.«

Die Filipinos, sind schon immer einfallsreich gewesen, wagemutig und ein bisschen lebensmüde. Neun Meter tief haben sich die Männer ins Reisfeld vorgeackert.

Einer muss nun in den Stollen hinab: Florante Jamito.

Der junge Mann hat sich einen Atem-Schlauch über die Schulter gelegt und zwischen die Zähne geklemmt. An diesem dünnen Schlauch hängt jetzt sein Leben. Jeden Tag aufs Neue, ein kleines Abenteuer: Dabei ist Florante ein ausgesprochen bodenständiger Mensch.

Ein Familienvater.

Die Jamitos leben bescheiden. In einer Bambushütte. Aber sie alle, Mann, Frau und die fünf Kinder, teilen einen großen Traum.

Den Traum vom funkelnden Gold, das alles im Leben wird einfacher machen.

Bis zu 6 Meter tief sind die Stollen.
Bis zu 6 Meter tief sind die Stollen. | Bild: WDR / WDR

Florante Jamito, Goldtaucher:

»Immer wenn ich zur Arbeit gehe, denke ich an meine Kinder. Wenn mir etwas passiert, sind die Kinder auf sich allein gestellt. Dann sind sie ohne Vater. Niemand wird ihnen dann helfen können. Daran muss ich immer denken.«

Aragon ist der älteste Sohn der Familie. Neun Jahre alt.

Manchmal hilft er seinem Vater bei der lebensgefährlichen Arbeit.

Aragon Jamito, Sohn:

»Ich mach das gern. Aber ich gehe auch gerne zur Schule. Und lerne philippinisch.«

Camarines Norte. Ein Landstrich an der Ostküste der Philippinen. Verarmt und vergessen. Trotz der Schätze, die in der Erde schlummern.

Überall in der Gegend haben sich die Goldsucher tief in die Erde gegraben. In den Palmenhainen und eben mitten auf den Reisfeldern.

Der Job ist illegal. Aber all das hält die Goldtaucher nicht auf.

Florante Jamito, Goldtaucher:

»Ich muss mich sehr konzentrieren. Was wir machen ist ja sehr anstrengend. Ich muss all die Steine und die Erde da unten mit dem Spaten lösen und dann in den Sack packen.«

Und schon taucht Florante wieder hinab. Mit seinem Spaten und seinem Leinensack.

Hunderte Kilo Schlamm haben sie allein aus diesem Loch geholt.

Nuggets, richtige Klumpen aus Gold, die hat hier noch niemand ans Tageslicht befördert. Allenfalls goldene Sedimente. Die sich in all dem Matsch und Moder verstecken.

Die Männer kneten die Erde. Mit Füssen und Händen.

Immer kleiner, immer feiner.

Gleich, so hoffen sie, werden die ersten goldenen Körnchen in der Sonne blitzen.

Helfer:

»Eine Hand habe ich immer am Atemschlauch. Solange der Schlauch vibriert ist da unten beim Taucher alles ok. Dieser Schlauch ist wie ein Herzschlag.«

Bis zu sechs Stunden am Stück bleiben die Männer manchmal unter Wasser.

Und dann - ein helles Zischen kündigt ihn an - kommt Florante, der Mann aus der Tiefe: Erschöpft und wie benommen.

Das Tauchen nach Gold ist Schwerstarbeit.

Immer wieder bricht ein Stollen ein und begräbt die Taucher unter sich.

Manche atmen versehentlich Öldämpfe ein. Sie verlieren das Bewusstsein und ertrinken.

Florante Jamito, Goldtaucher:

»Da unten siehst du nichts, Da ist nur brauner Schlamm. Der steckt überall, in der Nase, in den Ohren, im Mund. Du musst Dich später immer gründlich waschen.«

Selbst in der tropischen Hitze wird den Tauchern schnell kalt.

Trotzdem lässt sich Florante heute noch ein paar Mal in die Tiefe gleiten.

Auch Sohn Aragon ist jetzt aufs Feld gekommen. Gleich von der Schule.

Und hilft den Männern und Frauen, das Gold zu waschen.

Aragon Jamito:

»Hier habe ich ein bisschen Gold gefunden. Nicht viel. Aber immer wenn ich was finde, da bin ich froh. Das bringt ja Geld für uns.«

Ein Hauch von Gold: Acht Familien müssen davon heute überleben. Vielleicht zwei Euro bekommt jeder der mitgeholfen hat.

Einmal ein richtig großes Stück Gold finden! Dieser Traum vom Reichsein. Bei einigen hat er sich erfüllt:

Zwischen den wackeligen Bambushütten im Dorf stehen auch feste, schöne Steinhäuser.

Das befeuert die Phantasie der Schürfer.

Am Ende des Tages kommt der gefährlichste Teil der Arbeit. Aber die Goldtaucher würden das nie so sagen:

In der Hand von Aragon rollt eine kleine silbrige Kugel:

Mit dem Quecksilber schmelzen sie das Gold im Brennofen zu einem kleinen Klumpen.

Die Dämpfe sind hochgefährlich. Sie schädigen die Nerven und das Gehirn. Das Quecksilber vergiftet die Menschen.

Mehrmals taucht Florante hinab mit Spaten und Leinensack.
Mehrmals taucht Florante hinab mit Spaten und Leinensack. | Bild: WDR / WDR

Aragon Jamito:

»Vielleicht können wir uns von dem Gold ein paar Hühner kaufen, sagt Aragon.Aber am liebsten würde ich gern irgendwann in so einem schönen Haus wie diesem wohnen.«

Ein kleines Haus und ein paar Hühner. Ein bescheidener Wunsch. Morgen wird Aragon dafür wieder früh aufstehen.

Erst in die Schule. Nachmittags zum Goldwaschen.

Seinem Vater helfen, der noch so häufig abtauchen wird in das Wasserloch im Reisfeld – ins Schlammbad der unerfüllten Träume.

Autor: Philipp Abresch/ARD Studio Singapur

Stand: 19.01.2015 08:56 Uhr

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