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USA: Frauen in der US-Armee

Frauen in der Armee
Frauen in der Armee | Bild: WDR / WDR

Militär Werbefilm

»Die Armee ist der Schlüssel – für Anerkennung, Abenteuer, Teamgeist – sie bringt dich weiter, als du es je für möglich gehalten hast.«

Auch Cicita hatte sich locken lassen von diesem Versprechen. Heute lebt die junge Mutter in einem privaten Heim für obdachlose Soldatinnen. Alle hier sind oder waren in der Armee. Eine große Familie, auch für Cicitas kleine Tochter Naelli. Der Papa darf nur kurz vorbeischauen. Er muss reih um bei Freunden wohnen. Männer sind in der Soldatinnen WG verboten. Jas hat sie alle von der Straße geholt. Für weibliche Veteranen gibt es kaum Unterstützung.

Jas

»Alle Hilfsangebote der Armee richten sich an Männer. Die Frauen, die genauso gekämpft und gelitten haben, vergessen die einfach. Immer mehr Soldatinnen werden obdachlos. Aber für sie gibt es kaum Unterkünfte, und wenn, dann dürfen sie ihre Kinder nicht mitbringen.«

Seite an Seite kämpfen Frauen mit ihren männlichen Kameraden
Seite an Seite kämpfen Frauen mit ihren männlichen Kameraden | Bild: WDR / WDR

Für Naelli heißt es bald Abschied nehmen von Papa und Mama. Beide Eltern werden gleichzeitig nach Afghanistan an die Front geschickt. Wo die Kleine in dieser Zeit bleibt, gilt als Privatsache. Genauso wie die Angst, vor dem, was wäre wenn.

Cicita

»Ich habe natürlich vorgesorgt für den Fall, dass ich nicht mehr zurück komme. Aber ich verdränge das. Ich glaube, wenn du zu sehr darüber nachdenkst, dann passiert es auch.«

An Kinder hatte Cicita nicht gedacht, als sie den Vertrag beim Militär unterschrieb. Sie hatte Schulden aus dem Studium, da klang der Job verlockend. Nun muss sie als Mutter an die Front. Die Geschichten, die sie Naelli ein Jahr lang nicht mehr vorlesen kann, nimmt sie auf Band auf.

»Gute Nacht Prinzessin, schlaf gut. Ich hab dich sehr sehr lieb. (weint)«

Frauen in Kampfeinheiten – Normalität in den US Streitkräften. Seite an Seite kämpfen sie mit ihren männlichen Kameraden . Sie werden gebraucht an der Front. Seit über 10 Jahren befinden sich die USA im Krieg. Unter der Uniform spielt das Geschlecht keine Rolle, wird den Soldaten eingetrichtert.

Auch Kori Cioca hatte daran geglaubt. Heute klingt das für sie wie blanker Hohn. Begeistert hatte sich die Junge Frau zur Armee gemeldet. Doch nach der Ausbildung begann der Albtraum. Ihr Vorgesetzter vergewaltigte sie brutal. Auf dem Militärgelände, in Rufweite anderer Kameraden.

Kori

»Wenn du deine Uniform trägst, dann möchtest du nicht schwach wirken. Es ist schrecklich darin vergewaltigt zu werden. In der Uniform sollst du doch stark sein – dein Land vertreten. Wie willst du die USA verteidigen, wenn du dich nicht einmal selber schützen kannst?«

Kori ist nicht mehr in der Armee. Sie lebt heute in einem kleinen Ort in Ohio, weit weg von ihrem alten Stützpunkt. Doch die Angst bleibt ihr stetiger Begleiter. Kori geht nicht mehr ohne Waffen aus dem Haus. Im Wagen hat sie ein riesiges Messer griffbereit, einen geladenen Pistole unter dem Lenkrad. Und als ob das nicht reichte, auch noch Pfefferspray.

Lange hatte Kori gezögert uns zu treffen. Es fällt ihr noch immer schwer über die Tat zu sprechen. Aber nur so lässt sich die Mauer des Schweigens durchbrechen, sagt sie beinah trotzig. Sie weiß, das was ihr passiert ist, ist kein Einzelfall. Jede dritte Frau in der Armee erleidet ein ähnliches Schicksal. Die Kultur in der Truppe müsse sich grundlegend ändern.

Kori

»Die haben alle diese widerlichen Witze gemacht, Witze über sexuelle Übergriffe. Wenn da ein Täter dabei steht, muss er das Gefühl haben, er wird gedeckt. Das gehöre irgendwie dazu. Beschimpft werden nicht die Täter, sondern die Opfer.«

Auch bei unserem Treffen hat Kori eine Waffe dabei. Ihr Vergewaltiger bedroht sie noch immer. Er ist aus der Armee entlassen und untergetaucht. Schuldig gesprochen wurde er nie.

Dabei war die Armee zunächst Koris großer Traum. Sie kam zur Küstenwache, ihrer Wunschstation. Doch schon auf dem ersten Stützpunkt nach ihrer Ausbildung war Kori die einzige Frau unter lauter feixenden Männern. Sie meldet erste Übergriffe, niemand reagiert. Ihre Bitten um Versetzung bleiben ungehört.

Eines Nachts wartet ihr Vorgesetzter in ihrem Bett. Hier die Aufnahme einer Überwachungskamera. Trotz ihrer Schreie, kommt Kori niemand zur Hilfe.

Kori

»Als ich die Vergewaltigung gemeldet hatte und sie anzeigen wollte, wurde die Hetzjagd nur noch schlimmer. Ich habe nur noch gedacht, bitte, lasst mich in Frieden. Ich bin verletzt und ihr trampelt weiter auf mir rum.«

Später reist Kori nach Washington, spricht vor dem Kongress, verklagt mit anderen Soldatinnen das Verteidigungsministerium. Ohne Erfolg. Die Vergewaltigung wird als Betriebsunfall geführt.

Kein Einzelfall, weiß Jackie Spier. Die Abgeordnete kämpft seit Jahren gegen die Missstände im Militär.

Kongressabgeordnete Spiers

»Seit 25 Jahren weiß der Kongress von den Übergriffen und was macht er? Nichts. Er hält Anhörungen ab und lässt die Täter weiter machen. Vorgesetzte im Militär sind kein neutrales Gericht. Aber sie entscheiden, ob es zu einem Verfahren kommt. Da gibt es extreme Interessenskonflikte. Mal sind sie selber Täter, mal der beste Freund des Vergewaltigers. Oder aber sie denken, der Kerl ist ein guter Soldat, wir schützen ihn.«

Das hat auch Kori erlebt. Weit entfernt von ihrem Stützpunkt, versucht sie ein neues Leben zu beginnen. Bei der brutalen Tat war ihr Kiefer zertrümmert worden. Mehrfach musste sie operiert werden. Sie zeigt die Berge an Medikamenten, Schmerz und Beruhigungsmittel, die sie seitdem nehmen muss. Selbst die medizinischen Kosten wollte die Armee nicht bezahlen, bis Kori sie dazu verklagt hatte.

Kori musste mehrfach operiert werden
Kori musste mehrfach operiert werden | Bild: WDR / WDR

In besonders düsteren Momenten hätten sie nur ihre Kinder am Leben gehalten, erzählt sie uns.

Kori ist arbeitsunfähig. Auch ihr Mann Rob war in der Armee. Aus Wut über den Umgang mit seiner Frau, hat er gekündigt.

Mann von Kori

»Kori ist meine Frau. Wie könnte ich jeden Tag meine Uniform anziehen und loyal sein nach dem, was sie ihr angetan haben.«

Zurück zu Cicita. Sie ist inzwischen in Afghanistan.

»Mama hat einen ganz wichtigen Job. Sie verteidigt uns alle.«

erklärt Jas der Kleinen. Und dann kann Naelli sogar mit der Mama telefonieren. Soweit das geht, zwischen Washington und Kandahar:

»Gib Mama ein Küsschen. Und sag wie lieb du sie hast«

versucht Jas zu vermitteln. Freiwillig versorgt sie die Kleine, bis ihre Eltern vom Einsatz zurückkommen. Hilfe von der Armee für die zurück bleibenden Kinder gibt es nicht.

Werbefilm

»Komm zur Armee – in der Uniform spielt dein Geschlecht keine Rolle.«

Für Kori und Cicita ist das nur noch eine Legende.

Autorin: Tina Hassel / ARD Studio Washington

Stand: 19.01.2014 20:35 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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