Interview: Die Fotografin der Schicksale am Zaun

Maria Teresa Fernandez
Maria Teresa Fernandez | Bild: Das Erste

Am Zaun zwischen Kalifornien und Mexiko interviewte USA-Korrespondentin Sandra Ratzow eine mexikanisch-amerikanische Fotografin. Maria Teresa Fernandez kam Ende der 90er Jahre selbst über die Grenze.

Ihr Mann, ein Kardiologe, hatte ein Jobangebot in San Diego erhalten. Seitdem lebt sie mit ihrer Familie in den USA. Inzwischen ist Maria Teresa Fernandez amerikanische Staatsbürgerin. Seit mehr als 15 Jahren kommt sie an die Grenze, um Fotos vom Friendship Park zu machen. Dort treffen sich jedes Wochenende getrennte Familien. Die US-Behörden hatten ein Familienteil abgeschoben.

Warum kommen Sie immer wieder hierher?

Die Schicksale der Menschen hier bewegen mich. Viele sind ja aus demselben Grund hier, warum meine Familie und ich in die USA gekommen sind: bessere Arbeitsmöglichkeiten, bessere Bildungschancen für die Kinder. Sie haben dieselben Träume. Nur haben die meisten Leute, die an den Zaun kommen viel weniger Glück als wir. Sie sind illegal über die Grenze gegangen und müssen mit den Konsequenzen leben.

Was hat sich in den vergangenen 15 Jahren verändert?

Als ich anfangs hierher kam, war der Zaun noch nicht so engmaschig. Man konnte hindurchfassen und es gab viele Löcher im Zaun, so dass man sich an manchen Stellen umarmen konnte. Kinder pressten sich durch die Stäbe auf die andere Seite der Grenze, besuchten ihre Verwandten und kamen nach einer Weile wieder zurück. Das alles unter den Augen der Grenzpolizisten. Sie haben das toleriert.

Und warum änderte sich das dann?

Es hieß, die Familien würden Drogen über die Grenze schmuggeln. Außerdem wurde die Einwanderungspolitik der US-Regierung strikter. So wurde der Zaun immer weiter verstärkt und außerdem noch ein zweiter gebaut. Eine Zeit lang war der Park ganz geschlossen. Für mich ist dieser Zaun ein Symbol der Schwäche, nicht der Stärke. Wir leben im 21.Jahrhundert und sind nicht in der Lage, zu einer anderen Lösung zu kommen.

Welche Auswirkungen hat die Trennung auf die Familien?

Neben der physischen Trennung gibt es auch eine emotionale Trennung. Beziehungen halten das oft nicht aus. Es treffen sich nur sehr wenige Paare hier am Zaun. Die meisten, die hierherkommen, wollen ihre Mutter, ihren Vater oder ihre Geschwister auf der anderen Seite sehen.

Haben Sie denn die Hoffnung, dass dieser Zaun eines Tages Geschichte sein wird oder wird gerade alles noch schlimmer? Schließlich möchte der potentielle Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Donald Trump, eine Mauer entlang der gesamten Grenze zu Mexiko bauen.

Er sollte mal hierher kommen und sich das anschauen. Dieser Zaun ist ja schon wie eine Mauer. Ich halte seine Pläne für völlig unrealistisch. Das wird nicht passieren. Ich habe Hoffnung. Ich war mal bei einer Konferenz in Berlin zum Thema „Leben im Schatten der Mauer“ gemeinsam mit Leuten aus Deutschland, Palästina und Mexiko. Die Deutschen haben uns gesagt, sie hätten nie gedacht, dass ihre Mauer mal fällt, und es ist doch passiert. Vielleicht geschieht das irgendwann auch hier.

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