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Griechenland: Die Wahl – zweite Chance für Tsipras?

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Griechenland: Die Wahl zweite Chance für Tsipras? | Bild: ARD

Beethoven, das ist die Welt von Giorgia. Ihr Traum ist es, Pianistin zu werden. Doch die Musikakademie konnte sie nicht beenden. Denn ihren Eltern fehlen die finanziellen Mittel. Nun hofft sie auf ein Stipendium. Eigentlich ist Giorgia Musiklehrerin und will mit Kindern lernen. Dieser Traum ist jedoch schon geplatzt. "Die erste Musikschule, für die ich arbeiten konnte, musste schließen, weil die Eltern aus Geldnot ihre Kinder nicht mehr geschickt haben. An der zweiten Musikschule war der Besitzer das Problem. Was ist passiert? Über ein Jahr lang hat er mich nicht bezahlt, obwohl es Schüler gab. Dann habe ich aufgegeben."

Keine Zukunft für die Jugend

Wie fast alle Familien des griechischen Mittelstands leben die Kourmpelis im eigenen Haus. Giorgias Mutter ist Lehrerin, der Vater Professor im Ruhestand. Ihnen fehlt aber nach Gehaltskürzungen das Geld für eine zusätzliche Ausbildung von Giorgia.

Die Parolen der Parteien vor der heutigen Wahl verfolgt Giorgia kaum. Sie sucht täglich online nach einer Stelle. Nur dann könnte sie auch das Elternhaus verlassen. Echte Not kennt die 27-Jährige nicht, aber sie fürchtet sie. Wen soll ich wählen fragt sie sich, Girogia ist unentschlossen wie viel ihrer Freunde. "Wir alle hatten die Hoffnung, das Tsipras besseres für uns erreicht.", sagt Giorgia. "Er hat gekämpft doch das Ergebnis war ein drittes Sparpaket. Nichts also hat sich geändert, sondern eher verschlechtert. Insbesondere für Leute meines Alters."

Niemand weiß was kommt

Am Panormou Park sind wir mit Giorgia und ihrer Cousine verabredet. Hier werben die linken Parteien. Es sind nicht die Favoriten der beiden jungen Frauen. Aber sie wollen über die zentralen Wahlkampfthemen diskutieren. Bildung, Gesundheit, Flüchtlinge – das Land sei wie gelähmt, meint Giorgia: "Keiner weiß, was das Sparpaket für uns bedeutet. Die jungen Leute, die Rentner, Bauern und Lehrer erwarten zusätzliche Probleme. Ich weiß nicht genau was kommt. Aber ganz sicher wird es für uns nur schlimmer werden."

Radikale Lösungen bei der Wahl

Knapp zwei Autostunden entfernt von Athen ist beim Bauern Papadopoulos Kartoffelernte. Der 33-jährige Jungbauer aus Tripoli rechnet dieses Jahr mit einer guten Ernte. 35 Cent fürs Kilo reichen aber nicht für einen ordentlichen Profit. 40 Saisonarbeiter muss er bezahlen und immer mehr Geld muss er aufgrund der Trockenheit in die Bewässerung stecken. "Die Produktionskosten hier in Tripoli sind doppelt so hoch wie an anderer Stelle," sagt Nontas Papadopoulos, "denn wir müssen in über 500 Meter Höhe wirtschaften. In den vergangenen Jahren haben uns die verschiedenen Regierungen mit Programmen gestützt. Aber das wurde unter der Regierung Tsipras gestoppt."

Bauern wie Nontas Papadopoulos unterstützen traditionell die konservative Nea Dimokratia. Dann im Januar haben viele Tsipras gewählt, weil er viel versprach, auch den Schutz vor billigen Agrarimporten. Doch nichts sei geschehen, kritisiert der Bauer. Kein Geld für neue Maschinen und die EU-Töpfe, sind im griechischen Bürokratiedschungel unerreichbar, so mancher seiner Kollegen suche bei der Wahl nun nach radikalen Lösungen.

Zurück zum alten System

"Die Rechtsextremen denken doch nur an sich! Die machen nichts besser. Das sage ich auch zu meinen Kollegen, die sie dieses Mal wählen wollen. Mir sind die aber zu extrem." In der Familie von Nontas Papadopoulos wird heiß diskutiert. Sie suchen, wie viele andere Griechen auch, endlich Stabilität und Sicherheit. Bei der Wahl setzen sie deshalb auf das alte politische System, auf die Konservativen.

Autor: Bernd Niebrügge, ARD Athen

Stand: 09.07.2019 10:20 Uhr

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