Viren, Bakterien, Pilze - welche Waschtemperatur ist nötig?

Yvonne Willicks und Prof. Bockmühl von der Hochschule Rhein-Waal
Yvonne Willicks und Prof. Bockmühl von der Hochschule Rhein-Waal werten Abklatschproben von Putzlappen aus. | Bild: WDR

Über das Waschergebnis entscheiden Waschmittel, Waschtemperatur, Waschdauer und die Mechanik des Waschvorgangs. An diesen Stellschrauben arbeiten die Waschmaschinenhersteller, um Waschen effizienter zu gestalten. Dabei sollte es jedoch auch hygienisch rein werden.  

Von A+++ bis D: Was bedeuten die Energieeffizienzklassen?

Seit Dezember 2013 müssen alle Elektrogeräte, die auf den Markt kommen, eine Energieeffizienzklasse von mindestens A+ aufweisen. Generell gibt es aber eine Spanne von A+++, welche die beste Klasse ist, bis zur schlechtesten Klasse D, die anzeigt, dass ein Gerät besonders viel Strom verbraucht. Neben dem Begriff Energieeffizienzklassen kann man auch von Energielabeln sprechen. Diese wurden von der EU eingeführt, um eine Unterstützung in der Kaufentscheidung zu leisten, da auf einen Blick ersichtlich sein soll, welches Gerät den meisten Strom verbraucht.

Wie werden die Waschmaschinen in die Effizienzklassen eingeteilt?

Um einer Waschmaschine eine Effizienzklasse zuordnen zu können, muss ihr jährlicher Energieverbrauch (AEc) ermittelt werden. Laut deutscher Energieagentur wird dabei berechnet, wie viel Energie eine Waschmaschine für 220 Waschzyklen benötigt. Pro Waschzyklus wird der Energieverbrauch von drei Standardprogrammen summiert und das Ergebnis durch sieben geteilt. Die drei Standardprogramme sind Baumwolle 60°C vollbeladen, Baumwolle 60°C teilbeladen und Baumwolle 40°C teilbeladen. In die Rechnung muss auch die Leistungsaufnahme des Gerätes im Aus- und Ein-Zustand miteinbezogen werden.

Waschmaschinen, die bei dieser Rechnung einen besonders niedrigen Wert erhalten, die also wenig Energie verbrauchen, erhalten das Label A+++. Eine Waschmaschine aus dieser Klasse kommt gegenüber einem Gerät der Klasse A mit einem Drittel weniger Strom aus.

Das Problem mit den Energielabeln: Lange Laufzeiten und Tricks bei der Waschtemperatur

Der Energieverbrauch der Maschinen ist für die Hersteller ein wichtiges Verbrauchsargument. Dafür müssen sie den jährlichen Energieverbrauch des Gerätes gering halten. Besonders viel Energie wird dabei in 60°C-Ökoprogrammen gespart, die zur Berechnung des Energielabels herangezogen werden. Damit die Waschleistung nicht darunter leidet, laufen diese Programme einfach länger. Die Hersteller Nutzen dafür geschickt das Prinzip des Sinner‘schen Kreises. Dieser besagt, dass der Reinigungsprozess von den Parametern Chemie, Temperatur, Mechanik und Zeit abhängig ist, die sich gegenseitig beeinflussen. Je nachdem, welche Faktoren man verändert, kann der Hersteller beim Waschprogramm Energie sparen und die Waschmaschine wird in eine hohe Energieeffizienzklasse eingestuft.

Wichtig: Die Energieeffizienzklasse sagt lediglich etwas über den Energieverbrauch in den Ökoprogrammen aus. Die normalen Programme können auch bei einer Maschine mit hoher Energieeffizienzklasse sehr viel mehr Energie verbrauchen.

Trick 1: Lange Laufzeiten für Triple A

Die Ökoprogramme laufen besonders lange, oftmals über drei Stunden. Durch das Prinzip des Sinner’schen Kreises werden die Faktoren Zeit und Mechanik zu Gunsten eines niedrigeren Stromverbrauchs verändert. Die Waschlauge wird über einen sehr langen Zeitraum aufgeheizt und so Energie gespart. Die Wäsche wird länger bewegt und die mechanische Waschwirkung somit erhöht. Das Problem besteht dabei darin, dass Personen, die viel waschen, oftmals gar nicht die Zeit haben, derartig lange Waschzeiten in Kauf zu nehmen.

Trick 2: 60 Grad ist nicht gleich 60 Grad – Lauwarm für Triple A

Die Stiftung Warentest teste im Jahr 2013 diverse Waschmaschinen verschiedener Hersteller. Das Ergebnis: Keine der getesteten Maschine erreichte in den 60-Grad Ökoprogrammen die Temperatur von 60°C. Eine Maschine erreichte sogar nur 35,4 statt 60 Grad Celsius.
Was die meisten Verbraucher nicht wissen: Der Gesetzgeber schreibt für die Ökoprogramme lediglich vor, dass sie eine bestimmte Waschwirkung erreichen müssen, nicht jedoch die auf der Maschine angegebene Temperatur. Diese "Lücke" nutzen die Hersteller und senken die Temperatur ihrer Ökoprogramme teilweise drastisch ab, um Energie zu sparen. In Verbindung mit einer längeren Laufzeit wird die geforderte Waschleistung so trotzdem erreicht und die Maschine erhält eine hohe Energieeffizienzklasse.

Das Problem: Bestimmte Bakterien, Pilze oder Keime lassen sich erst bei höheren Temperaturen sicher entfernen!

Das sagen die Hersteller:

 Stellungnahme von AEG Electrolux:

(AEG L87484 EFL: erreicht laut Stiftung Warentest 44 statt 60 Grad / AEG L76265TL3: 47 statt 60 Grad)   

AEG Electrolux befürwortet als einziger Hersteller die Einführung einer EU-Verordnung für Energielabel die auch die Waschzeit berücksichtigt, verweist aber gleichzeitig darauf, dass die Waschtemperatur für das Waschergebnis zweitrangig sei.

Der Kunde soll laut Hersteller:

[…] das Gerät durch Nutzung der Startzeitvorwahl in der Nacht betreiben. In dem Fall spielen auch lange Laufzeiten keine Rolle und er kann von der Energieersparnis profitieren. [...]

 […]Werden erhöhte Anforderungen an die Keimreduzierung gestellt (kranke Menschen), dann sollte das normale Buntwäscheprogramm 60°C eingestellt werden und nicht das Eco 60°C Programm und zusätzlich mit bleichmittelhaltigem Vollwaschmittel (wichtig!) gewaschen werden. [...]

Stellungnahme von BEKO:

(Beko WMB 71443 LE: erreicht laut Stiftung Warentest keine 60 Grad)

Der Hersteller BEKO sieht das Waschergebnis als wichtigstes Kriterium für die Kaufentscheidung des Kunden und orientiert sich bei Laufzeiten und Waschergebnis des Ökoprogramms an den Vorschriften der EU.   In der verringerten Waschtemperatur sieht er kein Hygieneproblem.

[…]Viele Keime lassen sich auch bei niedrigen Temperaturen bekämpfen – wie auch unser innovatives 20°C-Hygiene-Programm beweist. Wäsche von kranken Menschen sollte bei 60 Grad mit einem bleichhaltigen Vollwaschmittel gereinigt werden. [...]

Stellungnahme von Haier:

(Haier HW80-B1486: erreicht laut Stiftung Warentest keine 60 Grad)

Der Hersteller Haier gibt an, dass die Temperatur im Energielabel Programm bei den aktuellen Maschinen nicht gehalten wird, sieht aber darin kein Hygieneproblem.

 […]Die Hygiene der Maschine ist trotzdem gewährleistet, weil die Keimreduzierung auch bei niedrigeren Temperaturen mit entsprechender Waschmittelmenge für normale Anforderungen gewährleistet ist. Für höhere hygienische Anforderungen empfehlen wir eine Temperatureinstellung >60°C. [...]

Stellungnahme von Miele:

(W5821 WPS 50: erreicht laut Stiftung Warentest statt 60 Grad / W627 FWPM: 58 statt 60 Grad)

Laut Miele sind die Labelprogramme (abgesenkter Temperatur und verlängerter Laufzeit) die einzige Option, die Energieeffizienzklasse A+++ zu erreichen. Dies entspräche der gängigen Praxis und auch der Intention des EU-Gesetzgebers, sei hygienetechnisch und rechtlich abgesichert und diene dem Kundenbedürfnis nach perfektem Waschergebnis bei gleichzeitig größtmöglicher Energieeffizienz.

Der Hersteller ergänzt:

[…]Wer demgegenüber auf tatsächliches Erreichen der angegebenen Temperatur bzw. kürzere Programmlaufzeit Wert legt, wählt bei Miele das klassische, nicht energieoptimierte Programm „Baumwolle 60 Grad“. Unter normalen Anforderungen und im Zusammenwirken mit einem guten Waschmittel bieten beide Programme einwandfreie Reinigungsergebnisse. "Normale Anforderungen" bedeutet, dass die Wäsche weder stark verschmutzt noch in besonderer Weise verkeimt sein sollte. […]

Stellungnahme von Panasonic:

(Panasonic NA-148VG4WDE: erreicht laut Stiftung Warentest 35,4 statt 60 Grad)

Der Hersteller Panasonic verweist bei seiner Antwort darauf, dass die von der Stiftung Warentest getestete Maschine mit dem Ökoprogramm sehr kostengünstig betrieben werden kann.

Der Hersteller empfiehlt allerdings:

[…]Wer diese Option nicht wählen möchte, weil er Wert darauf legt, seine Wäsche besonders schnell zu waschen, liegt auch mit der Panasonic-Waschmaschine richtig, denn sie ist unter allen Maschinen, die mit "GUT"" bewertet wurden, die schnellste in den Normprogrammen. [...]

Auf wiederholte Nachfrage nach den Auswirkungen der geringeren Waschtemperatur auf die Wäschehygiene hat sich der Hersteller nicht geäußert.

Stellungnahme von Samsung:

(WF 10824Z8V: erreicht laut Stiftung Warentest 52 statt 60 Grad)

Die Firma Samsung erläutert, dass es bei derzeitigem technischen Stand nur möglich ist, die Mindestanforderung A+ zu erfüllen, in dem man die Temperatur absenkt. Die auf den Maschinen angegebenen Temperatur sind dabei nicht als tatsächliche Waschtemperatur anzusehen, sondern als Maximaltemperaturen die sich an den Hinweisen auf den Textiletiketten orientieren.

Nach den Angaben von Samsung werden Energiesparprogramme aufgrund der langen Laufzeiten immer weniger genutzt und der Energiespareffekt geht so verloren.

Der Hersteller kritisiert:

[…]dass das Energie-Label, so wie es jetzt gesetzlich vorgeschrieben ist, am eigentlichen Ziel vorbeiführt. Befürworter dieses Energie-Labels rechnen sich Energieersparnisse schön, die es so gar nicht gibt. […]

[…]Daher plädieren wir für eine Überarbeitung des Energie-Labels, die tatsächlich zur Entwicklung und Durchsetzung energiesparender Technologien beiträgt. […]

Stellungnahme von Siemens:

(WM 14S840: erreicht laut Stiftung Warentest 50 statt 60 Grad)

Siemens antwortet, dass die auf der Waschmaschine angegebenen Temperaturen den Pflegehinweisen auf den Textiletiketten folgen und verweist darauf, die Waschtemperatur

[…] als Maximaltemperaturen zu verstehen, um Beschädigungen an den Textilien zu vermeiden. […]

Der Hersteller empfiehlt daher:

[…]Konsumenten, denen die Waschtemperatur wichtiger ist als Energieeffizienz und bei hygienisch besonders relevanten Wäschen empfehlen wir das Programm Baumwolle 60°C ohne Energiesparoption oder das Siemens Hygiene-Programm, welches die gewählte Temperatur über den kompletten Waschprozess konstant hält. […]

Die Hersteller Bauknecht/Whirlpool, Candy Hoover und LG haben auf die Haushalts-Check-Anfrage nicht geantwortet.

Weg mit Bakterien und Co.: Ab welcher Temperatur kann hygienisch gewaschen werden?   

Laut Professor Dr. Bockmühl von der Hochschule Rhein-Waal werden schädliche Mikroorganismen auch ohne bleichehaltiges Waschpulver ab 50°C abgetötet, weshalb diese Temperatur bei den Ökoprogrammen mindestens erreicht werden sollte. Wenn man ein Waschpulver mit Bleiche verwendet, kann noch mehr Energie gespart werden, weil dann auch bei weiteren 5-10°C kälterem Waschen die meisten schädlichen Organismen abgetötet werden. Um die Bleiche ausreichend zu aktivieren, sollten aber dennoch 40°C erreicht werden.
Da Bleiche eine besonders intensive Wirkung auf die Abtötung von Bakterien hat, kann man auch schon bei Waschgängen mit 20°C und Bleiche gute Effekte erzielen.

Pilze sind im Gegensatz zu Bakterien kritisch für das Hygieneergebnis, weil sie höhere Temperaturen (60°C) erfordern, um unschädlich gemacht zu werden. Wenn man hygienisch waschen möchte, muss man also sicherstellen, dass gerade die Pilze inaktiviert werden, weil sie ein Infektionsrisiko darstellen (Candida, Fußpilz). Besonders wenn Kranke im Haushalt sind, sollte daher auf eine ausreichend hohe Waschtemperatur geachtet werden.

Fazit: Längere Programme können niedrigere Temperaturen kompensieren, aber: Das gilt in Bezug auf die Hygiene nur begrenzt! Bei unter 40°C wird es schwierig, ein hygienisch einwandfreies Waschergebnis zu erhalten, wenn die Wäsche vorher verkeimt war. Wer sicher gehen möchte, dass alle infektiösen Keime abgetötet werden, sollte das herkömmliche 60°C-Programm verwenden.

Putzlappen in der Waschmaschine – eine saubere Sache?

Doch wie steht es um hygienische Härtefälle? Für den Haushaltscheck hat Prof. Bockmühl den Test gemacht und Putzlappen aus rund 50 Haushalten auf Keime untersucht.

Das Ergebnis: 30 Grad Waschtemperatur sind nicht genug! Die Keimzahl wird nicht entscheidend reduziert, trotz Einsatz von bleichehaltigem Vollwaschmittel. Es kommt sogar zu sogenannten Kreuzkontaminationen, Keime "wandern" von einem Lappen auf den nächsten. Erst bei tatsächlichen 60 Grad erreicht man eine gute Keimreduktion, wie Hygieneexperte Bockmühl bestätigt. 

Tipps: Hygienisches Waschen

  • Um ohne bleichehaltiges Waschpulver Bakterien abzutöten, sollte eine Temperatur von mindestens 50°C erreicht werden.
  • Bakterien reagieren auf Bleiche – Für ein hygienisches Ergebnis lieber bleichehaltiges Waschpulver verwenden, dann kann die Temperatur auch 5-10°C geringer sein, wodurch auch Energie gespart wird.
  • Um Pilze wie Fußpilz abzutöten, sollten beim Waschgang mindestens 60°C erreicht werden.
  • Vorsicht bei flüssigen Vollwaschmitteln: Diese enthalten nie Bleiche, was durch längere Waschzeiten oder eine höhere Temperatur kompensiert werden muss.

Mit der richtigen Maschinenpflege Bakterien und Geruch vorbeugen: Die Expertentipps von Yvonne Willicks

  • Waschmittelschublade reinigen: Bei fast allen Fabrikaten lässt sich die Schublade entfernen und unter fließendem Wasser oder in der Spülmaschine säubern
  • Das Flusensieb unter fließendem Wasser ausspülen.
  • Den Dichtungsring am Bullauge nach jeder Wäsche kontrollieren, weil sich hier kleine Wäschestücke und Schmutz ansammeln können.
  • Die Maschine mindestens zwei Mal im Jahr bei 60°C im Normalprogramm waschen, um das Maschineninnere von Bakterien, Pilzen und Keimen zu reinigen.