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Was bringen Assistenzsysteme für Pedelecs?

Teresa Engel und Nicolas Mellinger stehen neben ihren Fahrrädern.
Teresa Engel und Nicolas Mellinger mit dem Versuchsfahrrad. | Bild: hr

Können Assistenzsysteme  das Fahren mit Pedelecs sicherer machen? Forschende von der TU Kaiserslautern haben das in einer Studie untersucht. Bis zu 52 Prozent der Unfälle mit Pedelecs könnten durch Assistenzsysteme vermieden werden, ergab ihre Berechnung.

Weniger Unfälle im Radverkehr – außer bei Pedelecs

Sensoren und Computer in der Lenkerbox.
"Auge" und "Gehirn" des Warnsystems. | Bild: hr

Die gute Nachricht: Im Jahr 2020 sind die Unfallzahlen bei Fahrrädern ohne Hilfsmotor gesunken. Es wurden deutlich weniger Radfahrende getötet, obwohl viel mehr unterwegs waren. Das hat vor allem mit der Pandemie zu tun. Denn es waren nur halb so viel Autos auf den Straßen wie sonst. Die schlechte Nachricht: Es wurden deutlich mehr Pedelec-Fahrende getötet als im Vorjahr. Durch den Fahrradboom, der sich durch die Pandemie noch verstärkt hat, steigen auch wieder viele Menschen aufs Rad, die oft seit vielen Jahren nicht mehr Rad gefahren sind. Bei Menschen über 65 ist die Gefahr tödlich zu verunglücken etwa doppelt so hoch wie bei Menschen unter 50. Der Bedarf, gerade bei Pedelecs Unfälle zu vermeiden ist also hoch.

Assistenzsysteme: Studie der TU Kaiserslautern

Zwei Fragen interessierten die Forschenden der TU Kaiserslautern bei ihrer Studie zu Assistenzsystemen bei Pedelecs besonders.

  • Welche Assistenzsysteme wünschen sich Pedelec-Nutzende überhaupt? Das wurde mit einer Online-Befragung ermittelt.
  • Wie lassen sich neue Systeme am besten technisch umsetzen? Dafür statteten die Forschenden ein Versuchsrad mit verschiedenen Assistenzsystemen aus, und 47 Personen probierten sie mit Testfahrten auf einem Sportplatz aus.

Das Team um Nicolas Mellinger konzentrierte sich dabei auf Assistenzsysteme, die es noch nicht zu kaufen gibt: Spurhalteassistent, Frontkollisionswarnung und Blinker fürs Fahrrad. Diese wurden von ihnen eigens für die Studie entwickelt.

Über ein Viertel der Radunfälle passieren wegen Unaufmerksamkeit:

Ein Mobiltelefon zeigt an, dass der Abstand zum rechten Bordstein zu knapp ist.
Warnmeldungen und Signale per Mobiltelefon. | Bild: hr

Der Spurhalteassistent soll Radfahrende rechtzeitig warnen, beispielsweise wenn sie den Radweg verlassen oder sich dem Bordstein zu dicht annähern. Die Kamera in der Lenkerbox nimmt Bilder auf, die sofort vom Computer analysiert werden. So werden die Kanten von Bordstein und Straßenmarkierung erkannt. Bei weniger als 20 Zentimeter Seitenabstand erscheint das Warnsignal auf dem Mobiltelefon und die Griffe vibrieren auf der Seite, auf der es gerade knapp wird.

Frontkollisionswarnung – nicht immer funktioniert sie schnell und zuverlässig:

Ein Mann auf dem Fahhrad nähert sich einer geöffneten Auto-Tür.
In Dooring-Situationen ist bremsen oft nicht mehr möglich. | Bild: hr

Mülltonnen auf dem Radweg, Schranken oder Poller, vor solchen Objekten soll eine Frontkollisionswarnung Radfahrende schützen. Aber auch Zusammenstöße soll das Warnsystem verhindern. Für sehr plötzlich auftauchende Hindernisse bietet sie jedoch noch keine befriedigende Lösung an. Beispielsweise in so genannten Dooring-Situationen, so nennt man es, wenn Autotüren plötzlich geöffnet werden. Sie können zwar in vielen Fällen vom System erfasst werden, allerdings haben die Radfahrenden praktisch keine Zeit mehr, noch auf die Warnung zu reagieren.

Fahrradblinker – am häufigsten gewünscht

Grafik: Hindernisserkennung mit LIDAR-Sensor.
Ein Sensor erkennt Objekte durch Laserlicht.  | Bild: hr

Etwa die Hälfte der Teilnehmenden in der Studie fanden den Spurhalteassistent und die Frontkollisionswarnung hilfreich. Mit rund 60 Prozent am häufigsten gewünscht aber wurde ein Blinker. Statt als Abbiegesignal den Arm zu heben, lassen sich direkt neben den Griffen angebrachte Knöpfe drücken. So kann man beim Abbiegen beide Hände am Lenker lassen. Fahrradblinker sind sie durch die Straßenverkehrsordnung aber noch nicht zugelassen.

Die bereits 2017 durchgeführte Studie wurde von der Technischen Universität Kaiserslautern 2019 veröffentlicht. Studienleiter Nicolas Mellinger, Teresa Engel und etliche weitere Ingenieur*innen am Institut für Mobilität und Verkehr der TU- Kaiserslautern forschen in Folgeprojekten noch weiter an den Assistenzsystemen.

Autor: Wolfgang Zündel (hr)

Gut zu wissen: Pedelecs werden fälschlicherweise als E-Bikes bezeichnet

Pedelecs sind Fahrräder mit Elektrounterstützung. Sie werden meist als E-Bikes bezeichnet. Das ist zwar nicht die korrekte Bezeichnung, hat sich aber im Sprachgebrauch so durchgesetzt. Die echten E-Bikes bieten nämlich Elektrounterstützung bis zur Geschwindigkeit von 25 km/h, ohne dass Radfahrende mittreten müssen. Dafür müssen sie extra versichert werden und sind kennzeichenpflichtig, das heißt sie brauchen ein Nummernschild. Pedelecs hingegen sind weitaus gebräuchlicher. Sie bieten direkte Motorunterstützung nur beim Anfahren. Ab 5 km/h heißt es mitstrampeln, um schneller zu werden. Ab 25 km/h schaltet sich die Elektrounterstützung ab.

Stand: 27.05.2021 14:33 Uhr

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Sa., 29.05.21 | 16:00 Uhr
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