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Grelle Glühbirnen – wie schädlich sind LEDs?

verschiedene LED-Lichter, Spielzeug, Leselampe, Glühbirne
Hell und energiesparend: LEDs erobern den Alltag. | Bild: BR

Ob in Autoscheinwerfern, als Fahrradlampen, im Wohnzimmer oder verbaut in Kinderspielzeug – LEDs erobern den Markt in rasantem Tempo und das mit gutem Grund: sie sind nicht nur extrem energiesparend, sondern dabei auch noch wahnsinnig hell. Doch genau ist das Problem. Augenärzte und Wissenschaftler warnen jetzt vor den Risiken der modernen Leuchtmittel. Sie könnten unter bestimmten Umständen zu Schäden an der Netzhaut führen. 

Problem: blaues, kurzwelliges Licht

Wissenschaftler leuchtet mit LED-Lampe in Kamera
LEDs: Netzhautforscher Christian Grimm warnt vor Risiken. | Bild: BR

Vor allem die grellweißen Leuchtdioden von Autos, Fahrrädern oder Taschenlampen könnten für empfindliche Augen zum Risiko werden. Diese Lichter kommen naturgemäß im Dunkeln zum Einsatz, wo die Pupille des Auge weit geöffnet ist und mehr Licht auf die Netzhaut durchlässt. Das kann dazu führen, dass die Sehzellen auf der Netzhaut nachhaltig geschädigt werden. Dabei ist es nicht unbedingt entscheidend, wie hoch die Lux-Werte, also die Helligkeit der Lichter, im Einzelnen sind. Das Problem bei den LEDs ist vor allem, dass ihr Farbspektrum einen hohen Anteil an blauem Licht enthält. Dieses Licht kann dazu führen, dass auf der Netzhaut giftige Verbindungen entstehen, die Proteine und Fette abbauen und Sehzellen schädigen.

Allerdings reagieren die Menschen sehr unterschiedlich auf Licht und nicht jedes Auge ist gleich empfindlich. Doch soviel lässt sich sagen: Ist der Blauanteil im LED-Licht zu hoch, wirkt das Licht wie ein Zellgift – "phototoxisch" nennen Wissenschaftler diesen Effekt. Einzelne Sehzellen sterben ab, der Schaden ist irreparabel.

Noch ist nicht ganz klar, wie hoch der Blauanteil der LED-Lampen tatsächlich sein muss, damit die Netzhaut geschädigt wird. Doch es ist Vorsicht geboten. "Ich glaube, es ist sinnvoll, eine gewisse Grenze zu ziehen, je weniger, desto besser, nicht dauernd in eine Lichtquelle reinsehen, sondern auch mal die Augen ruhen lassen, abschweifen und das Licht ein bisschen dimmen, das macht am meisten Sinn", rät Professor Grimm von der Augenklinik des Universitätsspitals in Zürich.

Risikogruppe: Kinder und ältere Menschen

Augenärztin untersucht Patientin, Augenklinik Zürich
Das Risiko für altersbedingte Makuladegeneration kann sich durch LED-Licht erhöhen. | Bild: BR

Zuhause in der Wohnung werden LED-Birnen gerne eingesetzt, um Stromkosten zu sparen. Sie sind zwölfmal effizienter als eine normale Glühlampe. Trotzdem gilt: überflüssige Lichter vor allem im Kinderzimmer vermeiden. Dezente Lichteffekte beim Spielzeug sind zwar kein Problem, doch manche Leuchtartikel können gefährlich sein. Die Faustregel: Was schon Erwachsene blendet, ist für empfindliche Kinderaugen definitiv zu hell. "Die Kinder sind ja sehr neugierig und schauen sich gerne alles an, auch gerne Lichter, die schauen da in die Taschenlampen rein und da kommt dann natürlich sehr, sehr viel Licht durch", so Netzhautforscher Christian Grimm.

Doch auch ältere Menschen sollten vorsichtig sein. Im Alter erhöht sich der Anteil der gelben Farbpigmente im Auge, die in Kombination mit LED-Licht freie Radikale freisetzen. Die Augenärztin Sandrine Zweifel vermutet, dass dieser Prozess zu Schäden an der Makula führen kann, einer typischen Alterserkrankung. Doch die Forschung zu LEDs steht noch ganz am Anfang.

Viele Fragen sind noch offen. Ob und wie stark das unser Sehvermögen beeinträchtigt, ist noch unklar. "Es gibt aktuell erst wenige Arbeiten, die sind vor allem im Bereich von Tiermodellen durchgeführt worden, im Bereich von Ratten, die haben einen anderen Aufbau als das menschliche Auge – man weiß aber, dass kurzwelliges, blaues Licht, insbesondere, wenn es über längere Zeit und in höheren Lux appliziert wird, einen schädigenden Effekt auf die Netzhaut haben kann", so Dr. Sandrine Zweifel, stellvertretende Direktorin der Augenklinik am Universitätsspital in Zürich.

ADAC untersucht Autoscheinwerfer

Autos mit grellen LED-Scheinwerfern fahren im Dunkeln durch Stadt
Grelle Scheinwerfer: Der ADAC bemängelt, dass viele Autos zu hell leuchten. | Bild: BR

Die stromsparenden Leuchtdioden mit dem hell-weißen Licht sind inzwischen auch in fast jedem neuen Auto im Einsatz. Der ADAC hat in einer aktuellen Untersuchung herausgefunden, dass viele Fahrzeuge zu grelle Scheinwerfer haben. Besonders LED-Scheinwerfer mit sogenannter Linsenprojektion blenden stark. Der ADAC schlägt vor, die Scheinwerfer neuer Autos ausschließlich mit Reflektor-Technik auszustatten. Diese geben das Licht homogen und großflächig nach vorne ab – und sind so angenehmer für die Augen. Und noch ein Tipp für Nachtfahrten: Nicht direkt ins Licht des Gegenverkehrs schauen, sondern die eigene Fahrspur fokussieren.

Bislang fehlen zwar noch klinische Langzeituntersuchungen zur Wirkung von LED-Lichtern am Menschen, doch Augenforschern wie Christian Grimm geht es darum, auf die Problematik aufmerksam zu machen. Tatsache ist: LEDs sparen Strom, bieten eine Menge praktischer Einsatzmöglichkeiten und sorgen für Sicherheit auf unseren Straßen. Dennoch gilt: Solange wissenschaftlich noch nicht klar ist, wie schädlich sie für die Augen sind, sollte man besser vorsichtig sein.

Autor: Boris Geiger (BR)

Stand: 19.02.2020 21:40 Uhr

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