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Der passende Hund – maßgeschneidert

Der Hund ist ein treuer Gefährte des Menschen seit vielen tausend Jahren. Aus dieser intensiven Wechselbeziehung von domestizierten Wolf und dem Menschen entstanden die verschieden Arten des Haushundes.

Die Wissenschaft ist sich inzwischen sicher, dass der Mensch bereits in der Steinzeit anfing, den Wolf zu zähmen. Bereits ungefähr vor 50.000 Jahren soll der Mensch die Vierbeiner als Wach- und Jagdhunde eingesetzt haben.

Im Mittelalter züchteten die adeligen Herren sehr gezielt Jagdhunde. Die Tiere, die sich bei der Jagd besonders geschickt anstellten, wurden verpaart. Dabei kannten die Züchter häufig buchstäblich keine Verwandten. Inzucht schreckte sie nicht. Wohl aber Kreuzungen mit den "räudigen Kötern" der Bauern. Schätzungen gehen davon aus, dass es damals in Europa zehn bis zwanzig verschiedene Hunderassen gab.

Veränderung der Zuchtziele

Viele der heute beliebten Rassen entstanden im 19. Jahrhundert. Mit der industriellen Revolution und der zunehmenden Verstädterung erweiterten sich die Zuchtziele. Der Hund als Arbeitstier hatte in vielen Bereichen ausgedient. Stattdessen wurde er zunehmend zum Haustier. Spätestens mit den ersten organisierten Zuchtausstellungen kam der äußeren Erscheinungsform des Hundes immer größere Bedeutung zu.

300 verschiedene Hunderassen

Zwei Deutsche Schäferhunde
Beliebt und zuverlässig: der Deutsche Schäferhund. | Bild: dpa

Die FCI, le Fédération Cynologique Internationale (zu deutsch: kynologischer Weltverband) ist der größte Weltdachverband für das Hundewesen, sitzt in Brüssel/Belgien und wacht über die Hunderassen weltweit. Der Verband hat derzeit über 300 Rassen offiziell anerkannt.

Ob wehrhaft, windschnittig, wendig, wuschelig, winzig oder wahnsinnig groß: Es gibt nichts auf vier Pfoten, was es nicht gibt. Mit fünfzehn bis 23 Zentimeter Schulterhöhe und einem Gewicht von 1,5 bis drei Kilogramm gilt der Chihuahua als der kleinste Hund. Der Irische Wolfshund, der schon mal bis zu einem Meter messen und um die achtzig Kilogramm auf die Waage bringen kann, als der größte. Diese extreme Vielfältigkeit ist außergewöhnlich und gesteuert. Rassen sind vom Menschen gezielt gezüchtete, kreierte Gruppen von Individuen, die zur selben Art gehören.

Rassehunde leiden unter Zuchtmerkmalen

Bei der Schaffung von Rassen kommt es nicht selten zu züchterischen Übertreibungen. Mancher Hund kann vor lauter Fell kaum aus den Augen schauen, andere frieren sich fast zu Tode, weil sie kein Fell mehr besitzen. Kurz gezüchtete, platte Nasen wiederum führen zu Atemnot, Hängelider zu tränenden, entzündeten Augen. Die Liste der nicht artgerechten und tierschutzrelevanten Zuchtmerkmale ist lang. Sehr zum Leidwesen des Hundes.

Erbkrankheiten

Viele Hunde sind doppelt benachteiligt: Ihnen machen nicht nur ihre Zuchtmerkmale zu schaffen, sondern besonders häufig auch Erbkrankheiten. Immer wieder wurden in der Zuchtgeschichte eng miteinander verwandte Tiere verpaart. Die Folge: Welpen von Wurfgeschwistern haben statt vier nur zwei Großeltern. Im Stammbaum kommt es also zum Vorfahrenverlust und damit zu einer Verminderung der genetischen Vielfalt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Erbkrankheiten von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden, nimmt entsprechend zu.

Genvielfalt ist unabhängig von der Populationsgröße

Wissenschaftler der Ruhr-Universität in Bochum haben zwölf Rassen mit jeweils fünfzig Tieren auf ihre genetische Variabilität, also auf ihre biologische Vielfalt, überprüft. Unter den Probanden befanden sich sowohl Gebrauchshunde als auch Tiere, bei denen es ausschließlich auf die äußeren Merkmale ankommt. Ebenso wurden seltene Rassen mit nur wenigen Nachkommen pro Jahr sowie populationsstarke Züchtungen, die man häufig auf Straßen und in städtischen Parks antrifft, untersucht. Das erstaunliche Ergebnis: Alle Rassen haben keinen großen Genfundus.

Mischlinge haben naturgemäß einen größeren "Stammbaum" und damit auch einen größeren Genpool. Deswegen halten viele sie für robuster. Alle Rassen künftig querbeet zu verpaaren, ist laut Experten trotzdem keine Lösung. Denn aus zwei belasteten Rassen entstehen nicht unbedingt gesunde Mischlinge.

Verantwortungsvolle Zuchtstrategien

Züchter haben inzwischen die Möglichkeit, ihre potenziellen Zuchttiere vorab von Wissenschaftlern auf ihre genetische Vielfalt hin untersuchen zu lassen, sofern die Papiere der Hunde nicht schon aussagekräftig genug sind. Ist der Genfundus der beiden fraglichen Zuchttiere sehr klein oder gar ähnlich, sollte von einer Verpaarung abgesehen werden.

Eine weitere Strategie, um gesunde Hunde zu bekommen: Das Einkreuzen von Tieren aus ausländischen Linien. Damit wird die biologische Vielfalt der einheimischen Hundelinien wieder größer und die Wahrscheinlichkeit nimmt ab, dass der Nachwuchs unter Erbkrankheiten leidet. Gegen unsinnige Zuchtziele allerdings helfen nur Einsicht – oder der Gesetzgeber.

Autorin: Maud Schwarz

Stand: 03.11.2015 13:26 Uhr

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