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Die Expo und das Wasser in Spanien

Nirgendwo in Europa sind die Folgen des Klimawandels deutlicher als in Spanien. Im Süden des Landes breitet sich schon seit Jahren Wüste aus.

Doch auch der Norden ist zunehmend betroffen: Im April litt Katalonien unter der schlimmsten Dürre seit siebzig Jahren. Die Stauseen waren so ausgetrocknet, dass Barcelona das Wasser rationieren musste: Das Wasser in den Pools durfte nicht mehr erneuert werden und die Strandduschen wurden abgestellt.

Hoher Wasserverbrauch

Auch wenn die Lage sich nach unwetterartigen Regenfällen Anfang Juni etwas entspannt hat: Wasser wird im liebsten Urlaubsland der Deutschen immer mehr zur Mangelware. Eine Studie des spanischen Umweltministeriums prognostiziert zwanzig Prozent weniger Regenfälle für das letzte Drittel des 21. Jahrhunderts.

Hauptverbraucher ist neben der Landwirtschaft der Tourismus: Immer mehr Freizeitparks, Golfplätze und vor allem Hotels verschwenden Wasser regelrecht. Der Grund: Trotz extremer Knappheit gehören die Wasserpreise in Spanien zu den niedrigsten in Europa.

In Zaragoza wird Wasser gespart

Dass es auch anders geht, zeigt Spaniens fünftgrößte Metropole: Zaragoza hat die Preise erhöht und spart konsequent Wasser. Die Sanitärgeschäfte empfehlen Wasserspartechniken wie spezielle Spülkästen und Vorsätze in den Hähnen. Während der spanische Durchschnittsverbraucher über 170 Liter Wasser pro Tag verbraucht, sind es in Zaragoza nur 109 Liter.

Expo – ein Ort des Elements Wasser

Die Stadt ist damit der passende Ort für die Expo 2008 und ihr Motto: "Wasser und nachhaltige Entwicklung". Einhundert Nationen präsentieren hier mögliche Auswege aus der Krise. Im Deutschen Pavillon können gestresste Besucher eine entspannte "Bootsreise" auf den Spuren des geregelten Wasserkreislaufs machen. Die Fahrt geht durch virtuelle Wasserwelten und führt in die Halle mit den Exponaten, in der vor allem Technologien für den sparsamen Umgang mit Wasser präsentiert werden.

Wasserspar-Technologien

Wie gemacht für die zahllosen Hotels in Spaniens Touristenregionen ist eine Wasserrecycling-Anlage, die das aus Waschbecken und Duschen ablaufende "Grauwasser" so aufbereitet, dass es sich anschließend für Toilettenspülung, Waschmaschine oder auch die Garten-Golfplatzbewässerung eignet.

Großes Sparpotential in Hotels

Spaniens Herbergen könnten damit viel Trinkwasser einsparen, doch bisher ist das "Casa Camper" in der Altstadt von Barcelona eine Ausnahme. Das 2005 eröffnete Hotel möchte sich durch seinen ökologischen Ansatz von anderen Häusern unterscheiden, erklärt Hotelmanagerin Susana Marin das landesunübliche Engagement: "Recycling hat für uns einen hohen Stellenwert. Wir haben die Anlage installieren lassen, um sogar das Wasser zu recyceln. Das Duschwasser wird noch mal für die Toilettenspülung genutzt."

Obwohl eine einzige Dusche 50 bis 80 Liter Trinkwasser verbraucht, müssen die Gäste des Casa Camper kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie den Wasserhahn öffnen. Das Abwasser aus Handwaschbecken, Bidets, Wannen und Duschen der 25 Zimmer wird wieder aufbereitet: Über ein separates Rohrsystem gelangt das Grauwasser, also mit Seifenresten und Bakterien belastetes Abwasser, direkt in die im Keller installierte Anlage.

Die Mini-Kläranlage im Hotel

Dort durchfließt es zunächst einen Filter, der groben Schmutz, Haare und Textilflusen zurückhält. Die Rückstände werden in die Kanalisation geleitet. Das Wasser kommt in den ersten Behälter zur biologischen Reinigung. Hier bauen Bakterien, unter Zufuhr von Luftsauerstoff, organische Verunreinigungen ab. Das wiederholt sich nach drei Stunden im zweiten Behälter. Danach strömt das Wasser an einer UV-Lampe vorbei und wird dabei entkeimt. Anschließend ist es geruchsfrei und langfristig speicherbar.

Täglich kann die Tecycling-Anlage bis zu viertausend Liter aufbereiten und über eine Druckpumpe bereit stellen. Sobald im Hotel eine Toilettenspülung betätigt wird, liefert die Anlage sauberes Spülwasser. Im günstigsten Fall reduziert sie den Wasserverbrauch um die Hälfte. Das automatisch arbeitende System.

Wasser wird vom Staat subventioniert

"Wasser ist in Barcelona nicht besonders teuer. Daher zahlt sich die Investition nur sehr langfristig aus", sagt Susana Marin diplomatisch. Tatsächlich wird der Wasserpreis in ganz Spanien massiv subventioniert. Ausgerechnet in dem dürregeplagten Land ist das kostbare Nass spottbillig. Recycling lohnt sich nicht, daher ist es in den Touristenzentren bisher kein Thema.

Hohe Investitionen für Meerwasserentsalzung

Statt Wasser zu sparen, investiert Spanien lieber in Meerwasserentsalzung. Auch das Wasser in den Tankschiffen von Barcelona stammt aus solchen Anlagen. Dabei sind sie keine Lösung, sondern Teil des Problems. Denn sie verbrauchen extrem viel Energie, bei deren Erzeugung Kohlendioxid freigesetzt wird. Steigende Treibhausgas- Emissionen verschärfen ihrerseits den Klimawandel und damit die Dürren.

Wird Spanien sein Wasser künftig nachhaltiger nutzen? Die Expo in Zaragoza soll den Anstoß dazu geben. Die Technik steht bereit. Nun muss die Weltausstellung im eigenen Land "nur noch" den nötigen Bewusstseinswandel einleiten.

Autor: Güven Purtul

Stand: 10.09.2012 11:51 Uhr

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So., 15.06.08 | 17:03 Uhr
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