SENDETERMIN So., 17.02.08 | 17:03 Uhr | Das Erste

Eisklettern

Island ist eine Traumkulisse für die Eiskletterin Ines Papert. Sie war mehrfache Weltmeisterin in dieser Disziplin und hat zweimal den Gesamtweltcup gewonnen.

Die leidenschaftliche Profi-Bergsteigerin bezwingt schwierigste Routen, liebt den Nervenkitzel und das Klettern am Limit.

Wo anderen schon beim Zuschauen der Atem stockt, scheint Ines überhaupt keine Angst zu kennen. Aber das täuscht: "Ich kenne natürlich Angst und Respekt, sagt Ines Papert, "vor allem Respekt vor der Natur. Das ist auch ganz wichtig, weil die hält uns am Leben. Aber sie darf mich nicht in die Knie zwingen, oder meine Knie weich werden lassen, und mich dann unnötig Fehler machen lassen die mich womöglich in eine gefährliche Situation bringen."

Gewöhnung ist alles

Was aber ist gefährlich? Ines Papert vergleicht Bergsteigen mit Autofahren: Wenn man gerade den Führerschein gemacht hat, kommen einem 80-100 km/h rasend schnell vor. Aber dann setzt ein gewisser Gewöhnungseffekt ein und irgendwann erscheinen einem 180 km/h ganz normal. Genauso verhält es sich mit dem Bergsteigen: steile Wände wirken nicht mehr gefährlich, sondern anziehend.

Wie gut Ines ihre Nerven im Griff hat, hängt wesentlich von ihrer körperlichen Fitness ab. Deshalb trainiert sie regelmäßig in der Kletterhalle."Nur wenn ich topfit bin", sagt sie, "kann ich auch die Angst gut bewältigen. Sonst komme ich schneller an meine psychischen Grenzen."

Mentales und Physisches Training

Sogar auf einen Sturz, den Horror aller Bergsteiger, bereitet sie sich im Training vor. Aus 20 Meter Höhe lässt sie sich fallen, bis sie vom Sicherungsseil abgefangen wird. Das kostet die totale Überwindung. Aber je besser man auf einen Sturz vorbereitet ist, um so sicherer kann man damit im Ernstfall umgehen. Um dann die Nerven zu behalten und klaren Kopf zu bewahren ist es sinnvoll, Stürze in der Kletterhalle zu trainieren.

Gefrorene Wasserfälle sind ein ideales Training für die ganz schwierigen Touren. Für Ines Papert ist Eisklettern eine Herausforderung, die Befriedigung ihrer Abenteuerlust. Und sie ist fasziniert von der „furchterregenden Schönheit“ des Eises: "Ich finde so eine Eis-Linie die eine Felswand ziert sehr ästhetisch, und die Vergänglichkeit des Eises macht es für mich total interessant.

Es geht ihr nicht darum, gegen das Eis zu kämpfen sondern mit ihm unterwegs zu sein, es kennen zu lernen, es zu nutzen um möglichst leicht nach oben zu kommen.

Leistungsvermögen richtig einschätzen lernen

Natürlich ist Ines' Sohn Emanuel stolz auf die erfolgreiche Mama. Gemeinsame Klimmzüge auf dem Dachboden sind ein festes Familien-Ritual. Aber Ines Absturz in den Dolomiten vor ein paar Jahren hat beiden gezeigt, wie gefährlich Klettern sein kann. Dadurch hat sich die Einstellung der Mutter im Bezug auf die Vorbereitung geändert. Sie plant heute noch besser und setzt sich realistische Ziele für ihre Projekte. Das kann auch mal Rückzug bedeuten wenn man sieht, dass es nicht mehr weiter geht. Denn Umkehr, so sagt sie, kann ja auch eine Stärke sein. An ihrer Begeisterung fürs Klettern hat der Sturz allerdings gar nichts geändert.

Planung einer Klettertour

Zur Vorbereitung einer Klettertour im Eis muss sie sich über die Lawinensituation informieren und vor allem Temperaturschwankungen im Auge behalten. Große Differenzen sind sehr gefährlich, weil das Eis dann mürbe wird. Auch Wind kann ein Problem sein. Trotz sorgfältigster Planung lässt sich natürlich ein Restrisiko nie ganz ausschließen. Zum Beispiel durch Naturgewalten auf die man keinen Einfluss hat – genauso wie im Straßenverkehr, wo man ja auch nicht alles selbst im Griff hat.

Anspruchsvolle Gymnastik ist ebenfalls Teil der Kletter-Vorbereitung. Die Übungen schulen Koordination und Balancegefühl. Außerdem werden auch die Muskeln trainiert, die beim Klettern zu kurz kommen – für Ines Ausgleich und Ergänzung zugleich.

Nie ohne Partner auf schwierigen Pfaden

Schwierige Routen klettert Ines nie allein. Vertrauen zum sichernden Kletterpartner ist extrem wichtig für die Angstbewältigung. Den Gedanken daran, wie weit es nach unten geht verdrängt sie: "Alles was an Luft unter einem existiert, das blende ich völlig aus. Ich visualisiere meine Fußtritte, ich sehe wo ich hinsteige, aber der Untergrund ist total verschwommen.

Das ist auch ein gewisser Schutz davor in diese gefährliche Angstsituation zu kommen, die mich lähmt, die mich hemmt weiter zu klettern, und die meine Knie weich werden lässt."

Ines Papert hat einige Freunde durch tödliche Kletter-Unfälle verloren. Schmerzhafte Erfahrungen, aber ihre Kletter-Begeisterung ist ungebrochen: "Ich könnte mir ein anderes Leben nicht mehr vorstellen."

Wer schwierige Gipfel bezwingt, so schwärmt sie, erlebt unglaubliche Glücksmomente und bekommt ein entspannteres Verhältnis zu Alltagsproblemen. Ines Papert jedenfalls hat ihren Beruf und ihren persönlichen Weg im Eis gefunden.

Autor: Harald Brenner

Stand: 31.05.2013 10:00 Uhr

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So., 17.02.08 | 17:03 Uhr
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