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Laborfleisch

Eine Million Burger pro Stunde – so viele sollen allein die US-Amerikaner verspeisen. Für diese Menge an Burger ist eine riesige Menge an Fleisch nötig, die wiederum eine Menge Probleme bereitet: Massentierhaltung belastet die Umwelt, beschleunigt die Klimaerwärmung durch Methangas.

Aber alle wollen Fleisch. In den nächsten 40 Jahren wird sich die Nachfrage nach Fleisch verdoppeln, schätzen Experten. Nur woher soll es kommen?

Fleisch wächst im Labor

Aus dem Labor soll das zukünftige Fleisch kommen – das ist zumindest die Antwort, die einige niederländische Forscher geben. In Utrecht arbeitet der Zellbiologe Bernard Roelen daran, Fleisch herzustellen, das im Labor wächst und nicht an Tieren. Fleisch ist im Wesentlichen Muskelgewebe. Roelen und seine Kollegen versuchen deshalb, tierische Stammzellen dazu zu bringen, sich enorm zu vermehren und sich dann in Muskelzellen zu diffenzieren. "Diese Zellen könnte man dann zu einem essbaren Fleischprodukt verarbeiten", so Bernard Roelen.

Mühsame Startphase

Bislang wird das, was das Fleisch der Zukunft werden soll, nur unter dem Mikroskop sichtbar. Stammzellen vom Rind oder Schwein in ihrer Entwicklung ganz genau zu kontrollieren, ist nämlich gar nicht so einfach. Noch wachsen sie viel zu langsam. Mit Mäusezellen wäre es leichter. „Aber die will ja keiner essen", seufzt Roelen. Und auch wenn die Forscher lernen, schnell große Mengen Muskelzellen herzustellen, wachsen deshalb nicht appetitlichen Steaks im Labor, sondern formloser Zellbrei.

Stromschläge fürs Essen

An diesem Problem arbeitet Mark Post in Eindhoven. Der Gewebezüchter will dafür sorgen, dass die Muskelzellen in Form kommen. Post trägt die Zellen auf essbare Polymergerüste auf und trainiert sie mit elektrischen Impulsen. Dadurch beginnen die Muskeln zu zucken und entwickeln eine faserige Struktur – fast wie am Tier gewachsen. Fast, denn dem Labormuskel fehlt eine Blutversorgung, die Nährstoffe auch ins Innere bringt. Deshalb wird das Gewebe noch nicht dicker als einen halben Zentimeter. Danach sterben die inneren Schichten ab.

Ekelfaktor

Laborfleisch sei unnatürlich, finden manche Kritiker. "Unnatürlicher als Formschinken, Surimi und Massentierhaltung?" gibt Mark Post zu bedenken. Für den Forscher ist die Entwicklung von Laborfleisch ein Beitrag gegen den Welthunger und gegen Tierquälerei. Dass wir es irgendwann essen werden, daran hat Post keine Zweifel. "Alles eine Frage des Marketings", findet er. Und eine Frage des Geldes.

Ein Stück Laborfleisch in Nuggetgröße würde heute etwa 60.000 Euro kosten. Aber wenn die Handvoll Forscher, die weltweit an dem Projekt arbeiten, genügend Unterstützung bekommen, dann könnte das Laborfleisch schon in zehn Jahren marktreif sein, schätzt Mark Post.

Bericht: Christine Buth

Stand: 11.05.2012 13:05 Uhr

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