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Wohnvisionen gestern und heute

Harry Gatterer ist Trendforscher, sein Spezialgebiet: "Wohnen". Sein neustes Untersuchungsobjekt: das "Heliotrop". Ein Wohnhaus für die Zukunft.

Seine Energie bezieht das Heliotrop aus der Kraft der Sonne. Die Solaranlage richtet das Haus nach dem Stand der Sonne. Ein in alle Himmelsrichtungen drehbares und Energie sparendes Solarhaus.

Ein Solarhaus das sich dreht

Trendforscher blickt zum Heliotrop auf
Das Heliotrop | Bild: SWR

Hausherr im Heliotrop ist der Architekt Rolf Disch. Er hat das Haus erbaut und wohnt hier mit seiner Partnerin. Bevor es in den Wohnbereich geht, müssen Besucher zuerst Treppen in einer Holzröhre hinaufsteigen. Denn: "Die Holzröhre trägt das ganze Haus…", sagt er stolz.

Nach dem engen Aufgang eröffnet sich die eigentliche Wohnwelt des Heliotrop. Küche, Wohn- Schlaf- und Arbeitsräume sind auf drei Etagen verteilt. Ist das Haus womöglich ein Wohnstandard für die Zukunft? "Also ich glaube nicht, dass ein Haus wie das Heliotrop tausendfach zu sehen sein wird", sagt der Wohnforscher Gatterer, "aber die Technik, die Solarenergie die Nutzung der Sonne das wird üblich sein, das merkt man jetzt schon, es entsteht ein Boom die Leute sind bereits dafür, Alternativen zu suchen, dass ist zum einen eine Preisfrage, weil Energie und Rohstoffe steigen im Preis."

Frühe Wohnfantasien

Dass die ökologische Energieversorgung einmal zum zentralen Wohnthema werden würde, glaubte noch vor wenigen Jahrzehnten kaum jemand. In den 1960er Jahren glaubte man die Zukunft gehöre vor allem dem Design. Ein damals errichtetes Haus aus Kunststoff war eine solche Wohnvision. Außerdem glaubte man damals an den Durchbruch raffinierter Technik. Der Fantasie waren in Sachen Wohnzukunft kaum Grenzen gesetzt. So experimentierte man mit der Realisierung einer gigantischen Unterwasserstadt.

Die Vision: Leben auf dem Meeresgrund! Und der Zukunftsforscher Robert Jungk prognostizierte eine Wohnzukunft mit parkähnlichen Gebäuden in schwindelnder Höhe: "Es wird so aussehen, dass der Mensch der Erde nah ist aber hoch oben im Himmel wohnt und schläft und das kann einen neunen Menschtyp von Ikarus – oder Dädalus-Mensch geben, der vielleicht, weil er so hoch oben wohnt, einen weiteren Horizont hat, der an der Erde klebt."

Deutsche offenbar Wohn-Innovationsmuffel

Vielleicht ist der Erbauer des Heliotrop ja solch ein Dädalus-Mensch. Doch mit seiner Wohnvision ist der Architekt Rolf Disch ein Außenseiter. Den meisten seiner Kunden jedenfalls ist sein Haus zu unkonventionell. Sind die Deutschen im Vergleich zu anderen Ländern etwa Innovationsmuffel?

Vielleicht. Das Heliotrop bleibt jedenfalls vorerst ein Einzelstück, denn auch Vorschriften sind beim Wohnen stets eine Visionsbremse, wie Harry Gatterer glaubt: "Bauvorschriften stellen Normen dar, stellen Sicherheit dar aber nicht Visionen! Und wenn man die eben umsetzen will, dann muss man auch mal an die Grenzen gehen und darüber hinausgehen."

Der Preis macht’s oder nicht

Das Heliotrop ist so eine Grenzüberschreitung - auch in punkto Platz. Denn die bebaute Fläche des Solarhauses auf der sich drehenden Röhre ist kaum zu unterbieten. Doch eine Million Euro Anschaffungskosten machen deutlich, was den meisten von uns vom visionären Baustil abhält – nämlich der Preis. Für ein anderes besonderes Wohnobjekt lag die selbst auferlegte Obergrenze bei 100.000 Euro.

Das Elefantenhaus

Es musste alles günstig sein am "Elefantenhaus", das seinen Namen der Fassade aus verfestigtem Bauschaum verdankt. Ein Zukunftshaus? "Durch die viele Vorfertigung in der Haustechnik entstehen Werkstoffe, die günstiger herstellbar sind und das sehen wir in der Zukunft auf jeden Fall", sagt Harry Gatterer.

Der Platz – die Versorgung mit Energie – und der Preis, dies sind und bleiben wohl auch die Hauptfaktoren für die Zukunft des Wohnens.

Autor: Axel Wagner

Stand: 11.05.2012 13:08 Uhr

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