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Der Waldrapp und das Fliegenlernen

Der Waldrapp
Ein Waldrapp | Bild: BR

Einst war der Waldrapp - ein storchenähnlicher, schwarzer Ibisvogel - in Deutschland weit verbreitet. Vor rund 350 Jahren wurde er völlig ausgerottet. Allein in Marokko, Syrien und Türkei gibt es noch freilebende Vögel. Bei uns haben Waldrappe nur in Zoos überlebt. Seit sieben Jahren versuchen Wissenschaftler deren Nachwuchs wieder auszuwildern. Ein schwieriges Projekt, denn Waldrappe sind Zugvögel. Die Route nach Süden müssen sie von ihren Eltern ein einziges Mal gezeigt bekommen. Geschieht das nicht, haben sie keine Chance zu überleben. Sie würden bei uns im Winter erfrieren.

Ultralightfluggerät als Zugvogelersatz

Der Kinofilm „Amy und die Wildgänse“ brachte den Verhaltensbiologen Johannes Fritz von der Universität Wien auf die Idee, den jungen Waldrappen mit Hilfe eines Ultralightfluggeräts den Weg über die Alpen in die Toskana zu zeigen. Dazu engagierte er Vogelfreunde, die dazu bereit waren, die Rolle von Waldrappeltern zu übernehmen. In diesem Jahr ist auch Markus Unsöld von der Münchner Zoologischen Staatssammlung dabei. Er betreut "seine" Küken rund um die Uhr und baut so ein inniges Vertrauensverhältnis zu ihnen auf. Dieses ist notwendig, damit die Waldrappkinder ihm später sogar dann folgen, wenn er im Ultralightfluggerät sitzt.

Lernen aus Erfahrung

Zwei Mal hat das Experiment des menschengeleiteten Waldrappzugs von Burghausen aus bereits stattgefunden. Beim ersten Mal, 2007, ging es schief, weil sich die Vögel weigerten den Alpenhauptkamm zu überqueren. Beim zweiten Versuch 2008 begleiteten der Ornithologe Franz Bairlein aus Wilhemshaven und zwei Tiermedizinerinnen von der Uni Wien das Waldrappteam. Sie wollten mit Hilfe von Blutproben herausfinden, was sich während des Flugs im Körper eines Zugvogels abspielt. Eine einmalige und bislang einzigartige Chance, meint Dr. Franz Bairlein. Das Ergebnis der Untersuchung: Ähnlich wie Hochleistungssportler verbrauchen die Zugvögel große Mengen an Energie, gleichzeitig steigt der Milchsäuregehalt in ihrem Blut. Die Vögel sind also dringend auf Pausen angewiesen, um ihre Muskeln zu regenerieren und um durchs Fressen ihre Energiereserven wieder aufzufüllen. Die Rasttage, die aufgrund der wissenschaftlichen Untersuchungen eingelegt wurden, erwiesen sich deshalb für den menschengeleiteten Waldrappzug 2008 als äußerst hilfreich. Die Waldrappe folgten ihren Zieheltern im Ultralightgerät bereitwillig bis nach Italien.

Klappt der Weg zurück?

Waldrapp in der Aufzuchtstation in der Toskana
Waldrapp in der Aufzuchtstation in der Toskana | Bild: BR

Drei Jahre, bis zu ihrer Geschlechtsreife, verbringen die Vögel in der Toskana. Erst danach werden sie versuchen, in ihr Brutgebiet nach Burghausen zurückzufliegen. Johannes Fritz und sein Team wissen also frühestens im nächsten Jahr, ob ihr Langzeitexperiment geglückt ist und ob die Waldrappe nach 350 Jahren wieder in Deutschland heimisch werden.

Adressen & Links

Adressen und Links
Dr. Johannes Fritz
Schulgasse 28
A-6162 Mutters
E-Mail: jfritz(at)waldrapp.eu

Österreichisches Internetangebot zum Projekt.
www.waldrappteam.at

Prof. Dr. John Dittami
Leiter des Waldrappprojekts
Universität Wien, Ethologie
John.Dittami(at)univie.ac.at

Prof. Dr. Franz Bairlein
Institut für Vogelforschung Wilhelmshaven
An der Vogelwarte 21
26386 Wilhemshaven
franz.bairlein(at)ifv.terramare.de

Dr. Alexandra Scope
Projektpartnerin, Blutanalysen
Veterinärmedinzinische Universität Wien
Klinik für Ziervögel, Reptilien und Fische
alexandra.scope(at)vu-wien.ac.at

Mag. Gabriela Stanclova
Doktorantin
Veterinärmedizinische Universtität Wien
Stancel.g(at)gmx.at

Salzburger Zoo
Leitung: Christine Beck
Aniferstraße 1
A- 5081 Anif

Förderverein Waldrappteam.at
Konrad Lorenz Forschungsstelle Grünau
A-4645 Grünau 11

Autorin: Sabine Frühbuss (BR)

Stand: 03.11.2015 09:53 Uhr

Sendetermin

So., 14.06.09 | 17:03 Uhr
Das Erste

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