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Die Kraft des Mondes

Einfluss des Mondes auf den Menschen

Die Flut kommt
Die Flut kommt | Bild: BR

Der Mond bewirkt mit seiner Anziehungskraft Ebbe und Flut, bringt also ganze Ozeane in Bewegung. Viele Menschen trauen ihm deshalb auch Einfluss auf ihren Körper und ihr Befinden zu. Sie finden in sogenannten "Mondkalendern" Rat. Die Kalender ordnen den unterschiedlichen Mondphasen "günstige" oder "ungünstige" Einflusse zu. Wissenschaftler haben überprüft, ob sich der wechselnde Stand des Mondes am Himmel tatsächlich auf uns auswirkt.

Mond und Wundheilung

Der Chirurg René G. Holzheimer wurde in seiner eigenen Praxis neugierig auf den Mond gemacht: "Zu mir kommen immer wieder Patienten die möchten, dass der Operationstermin in der Phase des abnehmende Mondes stattfindet. Weil sie gelesen oder gehört haben, dass es ihnen dann besser geht, dass sie weniger Wundheilungsstörungen haben." Holzheimer hat daraufhin mehr als 800 von ihm selbst ausgeführte Operationen ausgewertet. Es handelte sich um Operationen an Leistenbrüchen, Krampfadern und Hämorrhoiden. Die Eingriffe fanden zu verschiedenen Mondphasen statt: Mal bei Neumond, mal bei Vollmond, mal bei zu-, mal bei abnehmendem Mond. Ergebnis: Es gab keinen Zusammenhang zwischen Wundheilungsstörungen und bestimmten Mondphasen. Zu diesem Ergebnis kam auch eine ähnliche Studie aus Österreich, die den Verlauf von Knie- und Hüftoperationen auswertete.

Mond und Geburten

Edgar Wunder analysiert Daten
Edgar Wunder wertet Statistiken über Geburten und Mondphasen aus | Bild: BR

Entgegen der landläufigen Annahmen kommen bei Vollmond nicht mehr Kinder zu Welt als sonst. Das ist das Ergebnis einer statistischen Auswertung des Heidelberger Soziologen Edgar Wunder. Er hat eine Erklärung dafür, warum trotzdem sogar einige Hebammen an die Macht des Mondes glauben: "Sie haben es eben noch nie systematisch untersucht und begnügten sich mit dem Nacherzählen dieses Gerüchts. Oder denken an einzelne Beispiele, die ihnen scheinbar recht geben. Dass vielleicht einmal zu Vollmond besonders viel Betrieb war im Krankenhaus."

Mond und Schlaf

Es gibt verschiedene Methoden herauszufinden, ob der Stand des Mondes sich auf den menschlichen Schlaf auswirkt. So wurde in Schlaflaboren in verschiedenen Nächten der Schlaf von Probanden untersucht. Teilnehmer einer anderen Studie führten monatelang ein "Schlaftagebuch". Ergebnis aller Untersuchungen: Weder der Vollmond noch eine andere Mondphase wirken sich auf unseren Schlaf aus. Auch Schlafwandeln hat mit dem Mond nichts zu tun.

Mond und Haarwuchs

In Paris gibt es einen Salon, der zu Vollmond auch in der Nacht geöffnet hat. Zu diesem Zeitpunkt geschnittene Haare sollen besonders kräftig nachwachsen. In Deutschland hingegen schwören etliche Friseure auf die Tage des zunehmenden Mondes als ideale Haarschneide-Termine. Es gibt keine Studien, die solche Zusammenhänge überprüft hätten. Aber rein biologisch gesehen sind sie mehr als unwahrscheinlich – sagen Hautärzte wie der Münchner Wissenschaftler Hans Wolff: "Haare wachsen ausgehend von der Haarwurzel in der Kopfhaut. Das was der Friseur abschneidet, ist nur ein toter Hornfaden. Deswegen ist es völlig gleichgültig, unter welchen Bedingungen oder in welcher Mondphase dieses tote Ende geschnitten wird."

Das Argument mit dem "alten Bauernwissen"

Mondkalender stützen sich auf angeblich überliefertes Wissen, das Bauern jahrhundertelang erprobt und weitergegeben haben sollen. Der Regensburger Volkskundler Helmut Groschwitz kam bei seiner Literaturrecherche zu einem anderen Ergebnis. Das vermeintlich "alte Bauernwissen" sei eine dichterische Erfindung des 19. Jahrhunderts. Die Mondregeln fußten vielmehr auf mittelalterlichem Aberglauben, der mittels populärer Kalender in die Bauernschaft getragen wurde. Die Regeln seien von Bauern weder entdeckt noch überprüft worden.

Das Argument mit den Gezeiten

Die Anziehungskraft des Mondes bewirkt Ebbe und Flut. Es liegt nahe dass sie auch auf den Menschen wirkt – immerhin besteht der überwiegend aus Wasser. Doch dieser Schluss ist zu einfach. Die Anziehungskraft des Mondes ist in Wirklichkeit winzig. Sie bedarf großer Wassermassen, um eine Wirkung zu erzeugen. Im Mittelmeer oder der Ostsee gibt es deshalb keine sichtbaren Gezeiten. Allein auf der gigantischen Fläche der Ozeane kann sich die Anziehungskraft des Mondes über tausende von Kilometern zu einer Welle summieren. Zudem gibt es keine zeitliche Übereinstimmung des Wechsels von Ebbe und Flut mit dem Wandel der Mondphasen. Auch die Stärke der Flut ist bei ab- und zunehmendem Mond gleich – ebenso bei Voll- und Neumond.

Autor: Ralf Körber

Stand: 08.09.2015 15:07 Uhr

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