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Die Venus von der Alb

Fruchtbarkeitsgöttin oder Sexsymbol?

Die Venus von der Alb
Die Venus von der Alb. | Bild: SWR

Die füllige Dame aus Mammutelfenbein ist gerade einmal sechs Zentimeter hoch und 33 Gramm schwer, dennoch trägt sie das Prädikat „Wissenschaftliche Sensation“. Die kunstvoll geschnitzte Figur mit den ausgeprägten Sexualmerkmalen ist zwischen 35.000 und 40.000 Jahre alt und damit die älteste bekannte Menschendarstellung der Welt.

Geborgen aus der Altsteinzeit

Grabungsstelle Höhle „Hohle Fels“ bei Schelkingen
Grabungsstelle Höhle „Hohle Fels“ bei Schelkingen. | Bild: SWR

Gefunden haben sie die Tübinger Urgeschichtler um Ausgrabungsleiter Prof. Dr. Nicholas Conard in der Höhle „Hohle Fels“ bei Schelkingen. Drei Meter mussten sie sich ihren Weg in die Vergangenheit bahnen. In Gesteinsschichten, die der Altsteinzeit zugeordnet werden, hatten die Forscher schließlich Glück: In sechs Einzelteile zerbrochen fanden sie die sogenannte „Venus von der Alb“. Sie seien sprachlos gewesen, sagt Conard heute, denn figürliche Darstellungen aus jener Zeit seien bis dahin noch nicht bekannt gewesen.

Die Schwäbische Alb: Voller Urzeit-Schätze

Immer wieder stoßen die Tübinger Archäologen in den Höhlen auf der Schwäbischen Alb auf Kunstwerke unserer Vorfahren. Bis zum Fund der „Venus“ waren es jedoch ausschließlich Tierdarstellungen, wie etwa das berühmte Mammut aus der Vogelherdhöhle im Lonetal oder der Löwenmensch. Allesamt gelten die Figuren als Zeichen einer Revolution der Menschheitsgeschichte.

Moderner Mensch verdrängte Neandertaler

Vor etwa 40.000 Jahren wanderte der moderne Mensch nach Europa ein. Möglicherweise führte ein kulturelles Wettrüsten zwischen ihm und dem bereits dort lebenden Neandertaler dazu, dass der moderne Mensch eigene Kunst schuf. Vielleicht haben aber auch intensive Klimaschwankungen einen gewissen Entwicklungsstress ausgeübt, so dass kulturelle Innovationen nötig waren. Die modernen Menschen könnten sich jedoch auch ohne äußeren Druck - also weder vom Neandertaler getrieben, noch vom Klima gezwungen – kulturell weiterentwickelt haben. Die Experten sind sich noch unsicher. Auch über die Bedeutung der einzelnen Stücke können sie nur spekulieren.

Sinn und Zweck der Figur noch unklar

Venus von der Alb
Venus von der Alb. | Bild: SWR

Genauso rätselhaft ist die „Venus von der Alb“. Auf ihren Schultern befindet sich anstelle eines Kopfes eine Art Öse, so dass die Wissenschaftler davon ausgehen, dass die Figur als Anhänger getragen wurde. Warum die Dame jedoch mit einer überdimensionierten Scham, breiten Hüften und prallen Brüsten ausgestattet wurde, wissen die Fachleute nicht. Eventuell könnte es sich bei der Figur um eine Art Fruchtbarkeitssymbol handeln. Vielleicht war sie aber auch ein Sexsymbol. Es gebe eine „unsäglich große Bandbreite von Deutungsansätzen“, sagt Conard. Immerhin sei keiner von uns dabei gewesen, als die „Venus von der Alb“ geschnitzt wurde.

Autorin: Lena Ganschow (SWR)

Stand: 11.09.2012 12:21 Uhr

Sendetermin

So., 30.08.09 | 16:00 Uhr
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