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Ist rund tatsächlich gesund?

In zahlreichen Studien wird immer wieder behauptet, dass zu viele Pfunde auf der Waage gar nicht krank machen, sondern im Gegenteil gesund sind. Tatsächlich hatte eine erst kürzlich veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam ein ähnliches Ergebnis erbracht.

Kräftiger Mann am Frühstückstisch
Essen ist für viele ein Ausdruck von Lebensfreude. | Bild: BR

Demnach haben Menschen mit geringem Übergewicht (zum Beispiel eine Frau mit 1,70 Meter Körpergröße und 70 Kilogramm Gewicht), die besten Chancen auf ein gesundes und langes Leben. Das ist aber nur ein Teilergebnis der Untersuchung! Denn die Studie zeigte auch, dass Menschen mit starkem Übergewicht früher oder später mit schwerer Krankheit rechnen müssen.

Ebenso wie normalgewichtige Menschen, die aber Fett vor allem im Bauchraum ansetzen. Für [W] wie Wissen stellte sich also die Frage, ab wann wird Dicksein wirklich gefährlich?

Body-Mass-Index

Wir schickten eine Testperson zu einem medizinischen Check. Und zwar an das Walther-Straub-Institut der Uni München. Hier erforscht Prof. Olaf Adam Übergewicht und seine Folgen.

Als erstes soll der Body-Mass-Index unserer Testperson errechnet werden. Dazu brauchen die Ärzte sein Gewicht und seine Größe. Gewicht durch Größe im Quadrat (kg/m2) ergibt den BMI-Wert. Stolze 138 Kilo bringt unsere Testperson auf die Waage. Bei einer Größe von 1,88 Meter. Das ergibt einen Body-Mass-Index von 39. Aber reicht dieser Index alleine, um ein Krankheitsrisiko abzuschätzen?

Nein, meint Prof. Olaf Adam. Schließlich habe Arnold Schwarzenegger in seinen besten Jahren einen Body-Mass-Index von 30 gehabt. Nach Experten-Meinung beginnt das Übergewicht bei Männern ab einem BMI von 25,5. Bei Arnold Schwarzenegger machten aber die vielen Muskeln das Gewicht aus und nicht Fett.

Ist jedes Körperfett gefährlich?

Ärztin vermisst Bauchumfang eines dicken Menschen
Das Fett am Bauch erhöht die Diabetes-Gefahr. | Bild: BR

Es muss also geklärt werden, ob bei unserer Testperson die Muskeln oder das Fett die Pfunde auf die Waage bringen. Dazu wird der Proband unter Strom gesetzt. Natürlich nur unter schwachen Wechselstrom. Fett leitet nicht gut und deshalb kann mit dieser Methode der Körperfettanteil ermittelt werden. Bei der Testperson sind es 37 Prozent. Die Ärzte hatten mehr erwartet. Ist also das Übergewicht der Testperson noch vertretbar und unbedenklich?

Um das gesundheitliche Risiko wirklich einzuschätzen, ist vor allem eines wichtig: Wo genau sitzt das Fett? An Oberschenkeln, Po und Hüften ist es nicht so schlimm. Am Bauch dagegen schon. Egal ob bei Männern oder Frauen: Das Bauchfett unter der Haut und um die inneren Organe ist ‚gefährliches Fett’. Selbst dann, wenn kein Übergewicht vorliegt. Bei ohnehin schon Übergewichtigen ist es doppelt gefährlich. "Fett, das sich im Bauch befindet, gibt Hormone und Signalstoffe ab, die im Gehirn die Reaktionen auslösen, die besonders bedrohlich sind. Sie erhöhen den Blutzucker und das Blutfett. Und auch die Neigung Diabetes zu entwickeln, nimmt stark zu", weiß Prof. Olaf Adam. Erst seit einigen Jahren ist das bekannt. Der Bauchumfang beeinflusst also das Risiko. Prinzipiell wird es für Frauen ab 88 Zentimetern, für Männer ab 102 Zentimetern gefährlich. Das Maßband in Höhe des Nabels um den Bauch geschlungen – leicht Ausatmen – und messen.

Noch aussagekräftiger als der Bauchumfang alleine ist das Verhältnis von Bauch zu Hüfte. Es sollte bei Frauen kleiner als 0,85 und bei Männern kleiner als 1,0 sein. Unsere Testperson hat leider mehr.

Risiken für die Gesundheit

Ob das bei ihr aber auch schon gesundheitliche Auswirkungen hat, lässt sich nur durch eine eingehende Blutuntersuchung feststellen. Denn eigentlich fühlt sich unser Proband trotz starkem Übergewicht und großem Bauchumfang pudelwohl.

Aber tatsächlich: Die Auswertungen zeigen veränderte Leber- und erhöhte Cholesterin-Werte. Vor allem der Anteil an gefährlichem LDL-Cholesterin ist hoch. Dieses Cholesterin lagert sich an die Innenschichten von Gefäßen an und führt so zu Gefäßverkalkung. Das Übergewicht greift in den Stoffwechsel unserer Testperson ein. Sie sollte jetzt handeln, bevor es zu spät ist.

Normalerweise überwachen mindestens 30 verschiedene Hormone den Ernährungszustand. Sie kommunizieren ständig zwischen Hirn und Bauch - entscheiden über 'Hunger' oder 'Satt'. Doch ab einem BMI von 30 werden diese Regelkreise ausgeschaltet. Die Signale kommen nicht mehr im Gehirn an. Wer nachhaltig Gewicht abbauen will, muss die Regelkreise mühsam wieder aktivieren. Prof. Adam: "Wir können uns nur helfen, wenn wir mit unserem Willen eine Zeit lang diese Sättigungssignale einüben. Bei unseren Kursen machen wir das mit einem Wahrnehmungstraining. Zum Beispiel machen wir bewusst, wie groß die Portionsgrößen sein sollen oder wie man richtig isst und auch wie man genießt beim Essen. Und damit können wir langsam wieder einüben, wie man sich richtig ernährt."

Für unsere Testperson war der Besuch an der Universität in München lehrreich. Noch während der Dreharbeiten für den [W] wie Wissen-Test wurden Termine vereinbart, um das weitere Vorgehen für ein gesundes Abspecken zu besprechen.

Autor: Herbert Hackl

Adressen & Links

Prof. Olaf Adam

AHCC GmbH
Ernährungsmedizin
Physiologikum der LMU
Pettenkoferstraße 12 - 14
80336 München

Internet: [www.factsdiet.de]

Stand: 17.09.2015 14:08 Uhr

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