So., 22.08.10 | 17:03 Uhr
Das Erste
Leben zwischen Flugzeugriesen
Der Frankfurter Flughafen ist der größte Airport Deutschlands und einer der größten Europas. Ein Drehkreuz in die ganze Welt, mitten im Rhein-Main-Gebiet: Über 50 Millionen Passagiere pro Jahr, dazu circa zwei Millionen Tonnen Fracht, Tendenz steigend. Hightech-Betrieb und Wirtschaftsriese. Und dennoch auch ein Lebensraum von Tieren und Pflanzen. Ein Ort der Biodiversität direkt unter Flugzeugriesen - mit überraschendem Artenreichtum.
Die meisten Tiere haben sich an Lärm und Flugzeuge gewöhnt und ökologische Nischen gefunden, die ihnen anderswo fehlen. Flughäfen sind auch Naturräume. Das ist nicht nur in Frankfurt so, sondern gilt weltweit.
Flughäfen sind Sperrzonen – und deshalb Rückzugsgebiet
Was sie von den meisten Regionen unserer modernen Kulturlandschaft unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie nicht betreten werden dürfen und die Tiere deshalb vergleichsweise ungestört sind. Flughäfen sind für sie deshalb willkommene Rückzugsgebiete.
An den Flugverkehr haben sich diejenigen Tiere, die hier dauerhaft leben, angepasst. Sie haben gelernt, wo und wie sie sich ungestört bewegen können und wann Gefahren drohen. Lediglich während des Vogelzuges, wenn unerfahrene Zugvögel hier rasten wollen, müssen sie verscheucht werden. Vor allem Vögel scheinen von ihren großen Blechkollegen wenig beeindruckt – sogar Turmfalken ziehen hier ihre Kreise.
Brachen und alte Gebäude: beliebter Wohnraum
Zwar bieten nicht alle Bereiche des Flughafens Wildtieren und -pflanzen Raum zum Leben. Das Vorfeld etwa, wo die Flugzeuge be- und entladen werden, gleicht einer Betonwüste. Anders dagegen die Brachen auf der Rückseite der Abfertigungshallen.
Vor allem in älteren Gebäuden finden die unterschiedlichsten Arten Wohnraum. Die immer seltener werdenden Mehlschwalben nutzen hier geeignete Nistplätze, ebenso das Hausrotschwänzchen – das ursprünglich in Felsnischen brütete.
Auch Gewässer gibt es auf manchem Flughäfen. Viele Insekten haben hier ihre Kinderstube. Libellen etwa, die mehrere Jahre als Larven unter Wasser leben und nur einen einzigen Sommer in der Luft verbringen.
Bedrohte Idylle
Doch die Idylle ist bedroht. Baugrund ist in einer Stadt wie Frankfurt teuer und auf einem internationalen Flughafen allemal. Für die Tiere und Pflanzen wird der Platz bedrohlich eng.
Weltweite wirtschaftliche Interessen nehmen auf lokale Lebensräume keine Rücksicht. Und der stark anwachsende Flugbetrieb trägt zu dieser alarmierenden Bilanz maßgeblich bei.
Ob es eine solche Wildnis unter Flugzeugriesen auch künftig noch geben wird, ist mehr als ungewiss...
Autor: Heribert Schöller (HR)
Stand: 25.01.2013 11:45 Uhr