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Lebensgefahr durch Unverträglichkeit

Das Bein schmerzt
Schmerzen sind ein Alarmzeichen | Bild: NDR

Ein Mann erleidet eine Thrombose. Das ist schmerzhaft, aber normalerweise nicht lebensbedrohlich. Eine Spritze mit Blutverdünner löst das Problem in wenigen Stunden - normalerweise. Was aber, wenn der Patient das Medikament nicht verträgt?

Es begann mit einem Schmerz

Der Prothesenbauer Thomas Morgenroth bricht eines Morgens in seiner Werkstatt unter Schmerzen zusammen. Zunächst zieht sich der Schmerz vom Schulterblatt bis zur Lendengegend, doch im Laufe des Tages breitet er sich auf andere Körperpartien aus. Als die Schmerzen vor allem im linken Bein in der Nacht schier unerträglich werden, alarmiert seine Frau den Notarzt. Ein Rettungswagen bringt Morgenroth in die nächstgelegene Notaufnahme. Die Diagnose der Ärzte dort: eine tiefe Beinvenen-Thrombose.

Bei einer Thrombose bilden sich Gerinnsel in den Blutbahnen. Das Blut kann dann nicht mehr ungehindert fließen, es entsteht ein Engpass und es kommt bald darauf zu einem gefährlichen Stau in den Blutbahnen. Ein bewährtes Gegenmittel in dieser Situation ist der Blutverdünner Heparin. Durch das Spritzen des Mittels lösen sich die Gerinnsel auf. Das Blut wird verdünnt und kann wieder frei fließen.

Das Heilmittel verschlimmert die Erkrankung

Die tiefe Beinvenen-Thrombose von Thomas Morgenroth löst sich nach der Heparin-Gabe jedoch nicht auf. Ganz im Gegenteil: Die Thromben breiten sich weiter aus, verschlimmern sich. Morgenroth wird an die Spezialisten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf überwiesen. Dort entdeckt man, dass Morgenroth das Heparin offenbar nicht nur nicht verträgt, sondern dieses die Thrombose sogar verstärkt. Und zwar so sehr, dass das Bein des Patienten nicht mehr zu retten ist. Es muss unterhalb des Knies amputiert werden.

Die großen Schmerzen veranlassen die Ärzte außerdem, Morgenroth in ein künstliches Koma zu versetzen. Statt des Heparins versuchen die Mediziner es nun mit einem anderen Blutverdünner namens Orgeran. Doch auch das neue Medikament schlägt nicht an. Die Thrombosen greifen auf den ganzen Körper über. Auch der rechte Arm ist nun gefährdet.

Fieberhaft suchen die Intensivmediziner nach einem wirksamen Medikament, das keine Nebenwirkungen hat. Denn Morgenroths Zustand ist gefährlich labil, weil er mittlerweile nicht nur im künstlichen Koma liegt, er muss auch künstlich beatmet werden und erhält eine Nierenersatztherapie.

Rettung in letzter Sekunde

Wegen akuter Lebensgefahr hatten die Ärzte lange gezögert, einen dritten Blutverdünner einzusetzen. Doch die drohende Amputation des Armes lässt ihnen keine Wahl mehr. Nach Heparin und Orgeran versuchen sie es nun mit dem Medikament Refludan. Und tatsächlich - dieses Medikament verträgt Thomas Morgenroth, und es wirkt.
Die Thrombosen beginnen sich aufzulösen. Der Arm kann erhalten werden.

Als die Ärzte Morgenroth aus dem künstlichen Koma zurückholen wollen, kommt es zu einem weiteren Zwischenfall. Der Patient erleidet einen Herzstillstand. Erneut kämpfen die Ärzte um sein Leben – schaffen es ihn wiederzubeleben.

Erst zwei Wochen später wagt man erneut, Thomas Morgenroth aus dem Koma zu holen. Man muss es versuchen, denn die künstliche Bewusstlosigkeit könnte Schäden in seinem Hirn hinterlassen. Morgenroth hat Glück. Er erholt sich vollständig. Eine Prothese am linken Bein erinnert ihn an die Schwere der Thrombose und seine Unverträglichkeit gegen die Blutverdünner Heparin und Orgeran. Die Ursache dafür bleibt aber unbekannt.

Autorin: Anika Giese (NDR)

Stand: 12.08.2015 12:01 Uhr

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