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Regenwald statt Öl

Blick auf den unberührten Regenwald
Der Yasuni-Nationalpark - ein Naturparadies | Bild: WDR/Medienkontor

Ende September reiste eine Delegation aus Ecuador nach Deutschland, um für ein ganz besonders Projekt zu werben. Vordergründig ging es um Geld, dahinter jedoch steht der Schutz des Yasuni-Nationalparks in Ecuador. Der Park gehört zum Einzugsgebiet des Amazonas und damit zu einem der größten Regenwaldgebiete der Welt. Er ist Weltnaturerbe und Teil eines Unesco-Biosphärenreservates. Die Artenvielfalt ist so hoch wie kaum irgendwo sonst auf der Welt. Doch im Boden werden 850 Millionen Barrel Öl vermutet, das entspricht einem Fünftel der Ölreserven Ecuadors. Und Öl ist die wichtigste Devisenquelle des Landes.

Gleich mehrere Ölkonzerne interessieren sich für die Bohrlizenzen im Regenwald. Doch Naturschutz und Ölindustrie passen nicht zusammen. Welche Folgen Pipelines und Bohrtürme im Wald haben, lässt sich ganz in der Nähe besichtigen: Wo Öl gefördert wird, bleiben stinkend-schwarze Abfallbecken zurück. Aus maroden Leitungen sickert Öl, immer wieder kommt es zu Lecks und Unfällen. Die Krebsrate der Bevölkerung ist drei Mal so hoch wie in anderen Regionen. Die Artenvielfalt schwindet.

Bodenschätze bedrohen die Artenvielfalt im Yasuni-Nationalpark

Ecuadors Präsident Rafael Correa
Präsident Correa überrascht die Welt | Bild: ZDF

Im Regenwald Ecuadors leben mehrere Indianergemeinschaften noch weitgehend traditionell. Sie wehren sich gegen das Vordringen der Ölkonzerne und die Zerstörung ihres Landes. 2007 kam ihnen Präsident Correa mit einem noch nie da gewesenen Vorschlag entgegen. "Das Öl kann im Boden bleiben", so der Präsident, "doch dann muss die internationale Gemeinschaft dafür zahlen." Der Klimaschutz sei eine internationale Aufgabe. Tatsächlich würde der Verzicht auf die Ausbeutung der Reserven im sogenannten ITT-Gebiet der Welt CO2-Emissionen von 410 Millionen Tonnen ersparen. Für den Verzicht auf die Bohrungen fordert Ecuador 2,8 Milliarden Euro, verteilt auf 13 Jahre. Das ist in etwa die Hälfte des Geldes, die Ecuador mit dem Verkauf des Öls verdienen könnte.

Ein einzigartiger Vorschlag

Ölbecken mit Flamme im Regenwald
Ein schmutziges Geschäft - Ölförderung im Regenwald | Bild: ZDF

Die Gespräche über das Projekt zogen sich in die Länge. Zwischenzeitlich machte Präsident Rafael Correa einen Rückzieher, um dann erneut auf die Industrieländer zuzugehen. Nach langen und zähen Verhandlungen unterzeichnete Ecuador im August diesen Jahres schließlich einen Vertrag mit der UN-Entwicklungsorganisation UNDP. Ein Treuhandfonds soll die nötigen Gelder sammeln. Etliche Industrieländer hatten zuvor ihre Unterstützung signalisiert, darunter Deutschland, Belgien, Frankreich, Holland, Italien, Norwegen und Spanien. Die erste Reise der ecuadorianischen Delegation führte nach Deutschland. Von dort waren in der Vergangenheit immer besonders positive Signale gekommen. Fraktionsübergreifend hatte sich der Bundestag für das Projekt ausgesprochen. Doch dieses Mal wurde der Besuch zu einer Enttäuschung. Der zuständige Minister Dirk Niebel (FDP) äußerte sich skeptisch: "Etliche Fragen sind nicht beantwortet", so Niebel. "Derzeit ist das Projekt nicht förderungsfähig."

Ein Modellprojekt mit Schönheitsfehlern?

Indianer schminkt sich
Achuar-Indianer in Ecuador | Bild: ZDF

Die Delegierten aus Ecuador mussten ohne konkrete Zusagen wieder abreisen. Und doch war der Besuch nicht umsonst. Naturschützer und zahlreiche Politiker unterstützen die Initiative. "Das Projekt hat Modellcharakter", sagt etwa der Ökologe Manfred Niekisch. Der Erhalt des Yasuniparks schützt die Artenvielfalt und trägt gleichzeitig zum Klimaschutz bei. Doch es gibt auch kritische Stimmen. Schon heute ist der Nationalpark geradezu umringt von Bohranlagen. An zahlreichen Stellen im Regenwald wird bereits nach Öl gebohrt. Durch den Nationalpark verläuft eine Pipeline.

Wenn das umstrittene Gebiet verschont bleibt, könnte der Druck auf die umliegenden Regionen zunehmen. Im Süden des Yasuni-Parks leben die Achuar und andere Indianergemeinschaften noch weitgehend traditionell. Doch auch hier gibt es Öl im Boden. Die Konzessionen sind bereits vergeben - gegen den Willen der Indianer. Und hier will Präsident Correa die Interessen der Ölindustrie durchsetzen.

Autorin: Claudia Ruby (WDR)

Stand: 11.05.2012 13:06 Uhr

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