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Wie die Wüste den Ozean düngt

Satellitenbild eines Staubsturms über dem Atlantik vor der afrikanischen Küste
Ein Staubsturm zieht von der Sahara hinaus auf den offenen Atlantik | Bild: Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

Immer wieder treiben Stürme riesige Staubwolken aus der Sahara weit hinaus auf den Atlantik. Forscher haben nun nachgewiesen, dass die feinen Partikel oft in einem Gebiet zwischen Madeira und den Azoren ins Meer fallen und dort eine Planktonblüte auslösen. Die größte Trockenwüste der Welt düngt also den Ozean und beeinflusst das Leben unter Wasser maßgeblich.

Wüste auf hoher See

Aufgewühltes Meer
Nach einem Staubsturm verändert sich die Unterwasserwelt | Bild: WDR, Bilderfest GmbH

Das Meer zwischen Madeira und den Azoren gehört zum subtropischen Atlantik und gilt als biologisch unproduktiv. Das Wasser ist glasklar, es gibt kaum Plankton, die Grundlage allen Lebens im Ozean. Forscher bezeichnen dieses Gebiet daher als Wasserwüste. Doch eine Woche nachdem ein Staubsturm Tausende Tonnen feinster Gesteinspartikel in die Region eingetragen hat, verändert sich auf Satellitenbildern die Farbe des Meeres. Für Forscher ist dies ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Unterwasserwelt stark auf das Ereignis reagiert hat.

Partikelproben aus der Tiefe

Grafische Darstellung einer Sinkstofffalle. Darunter ist der Strömungsmesser zu erkennen
Mit einer Sinkstofffalle werden in 2.000 Meter Tiefe Partikelproben gesammelt | Bild: WDR/Bilderfest

Um die Auswirkungen des Wüstenstaubes auf das Leben im Meer genauer zu untersuchen, nimmt Ozeanografin Joanna Waniek vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde regelmäßig Proben in der betroffenen Gegend.

Hierzu hat sie in 2.000 Meter Meerestiefe eine Sinkstofffalle fest installiert. Das telefonzellengroße Gerät ähnelt einem Trichter und fängt kontinuierlich alle Partikel auf, die von der Oberfläche herabsinken. Unter der Falle registriert ein Strömungsmesser, aus welcher Richtung und mit welcher Geschwindigkeit die Teilchen kommen. So lässt sich später berechnen, wo genau sie ins Meer gefallen sind. 150 Meter unter der Wasseroberfläche hält ein Schwimmkörper die Konstruktion auf Position.

Einmal im Jahr muss Joanna Waniek die Sinkstofffalle von einem Forschungsschiff aus bergen, um die Proben zu entnehmen. Ein enormer Aufwand, denn die Konstruktion ist am Meeresgrund in über 5.000 Meter Tiefe mit einem tonnenschweren Gewicht verankert.

Natürlicher Dünger

Rasterelektronenmikroskopaufnahme eines Sahara-Staubkorns
Unter dem Rasterelektronenmikroskop werden die Staubpartikel auf ihre Zusammensetzung untersucht | Bild: Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

Erst die Analyse unter dem Rasterelektronenmikroskop zeigt, woraus die winzigen Partikel bestehen. Viele enthalten Mineralien wie Eisen und Nitrat. Neben Sonnenlicht und Kohlendioxid benötigt Plankton genau diese Stoffe, um wachsen zu können.

In anderen Meeresgebieten sorgt die ozeanische Zirkulation dafür, dass diese Bausteine des Lebens immer wieder nachgeliefert werden. Doch dieser Teil des Atlantiks ist über weite Strecken des Jahres von solchen natürlichen Transportwegen für Mineralien abgeschnitten und biologisch unproduktiv.

Umso stärker reagiert das Leben unter Wasser auf die natürliche Düngung durch den Saharastaub. Nach einem Staubsturm steigt die Menge des pflanzlichen Planktons innerhalb weniger Tage um bis zu 20 Prozent, ein regelrechter Wachstumsschub. Das belegen Tausende Gehäuse abgestorbener Planktonorganismen, die ebenfalls von der Oberfläche in die Tiefe gesunken sind und von der Falle aufgefangen wurden.

Klimawandel verstärkt Düngung

Dünengebiet in der Sahara
Die Trockenwüsten werden sich durch den Klimawandel wahrscheinlich weiter ausbreiten | Bild: WDR/Bilderfest

Mit der weltweiten Ausbreitung von Wüsten und der fortschreitenden Versteppung weiter Landstriche werden immer größere Gebiete zu Staubquellen.
Alleine der Atlantik muss schon heute rund 200 Millionen Tonnen Saharastaub pro Jahr aufnehmen. Diese Menge wird voraussichtlich wachsen, auch in anderen Ozeanen.

Eine Entwicklung, die für alle unproduktiven Meeresgebiete positive Folgen haben könnte. Ob es in anderen Regionen auch zu einer Überdüngung kommen könnte, lässt sich heute noch nicht voraussagen.

Autor: Florian Breier (WDR)

Stand: 08.09.2015 15:10 Uhr

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