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Abgehoben: Weltraumtourismus

Die Erde aus 200 km Höhe
Weltraumtouristen werden 60 km hoch fliegen - ein Space Shuttle ist 200 km hoch | Bild: NASA, public domain

Wüste Mojave, zwei Autostunden nördlich von Los Angeles. Ausgemusterte Flugzeuge, eine Startbahn und ein paar Berge im Hintergrund. Hier deutet fast nichts darauf hin, dass das einmal der amerikanische Startbahnhof für Weltraumtouristen sein wird. Doch gigantische Startrampen wie in Cape Canaveral und Houston Mission control sucht man hier vergeblich. Waren früher bei der NASA allein 20.000 Techniker und ein Milliardenbudget für die Shuttle-Missionen nötig: Hier werden das kleine Firmen und Pioniere an den Lenkknüppeln ihrer Raketenflugzeuge übernehmen.

Der Raketenpilot

STS-76 Pilot Richard Searfoss bereit zum Start im März 1996
Shuttle Pilot Searfoss | Bild: NASA, public domain

Der Pilot Richard Searfoss hat in den 90er-Jahren dreimal eigenhändig das Space Shuttle geflogen. Jetzt arbeitet er bei der Firma XCOR Aerospace in der Wüste Mojave. Er möchte seinen Blick auf die Erde, den er damals aus der Umlaufbahn mitnehmen konnte, ganz normalen Touristen ermöglich. "Da oben sind die Leute schon außerhalb der Atmosphäre. Man sieht die Krümmung der Erde und diese dünne blaue Schicht, die unsere Atmosphäre ist. So was vergisst man nie mehr. Ich möchte diese Begeisterung auch bei unseren Passagieren sehen, wenn wir wieder zurückkommen."

Der rasende Luchs

Lynx Rakete mit Flügeln
2012 sollen Touristen mitfliegen | Bild: XCOR Aerospace

"Lynx" (Luchs) heißt das Touristen-Raumschiff – eine Art Rakete mit Flügeln. Schon im nächsten Jahr sollen Touristen auf dem Beifahrersitz am Weltraum schnuppern dürfen. Nach dem horizontalen Start geht es senkrecht nach oben, mit zweifacher Schallgeschwindigkeit, angetrieben von einem Raketentriebwerk. Nach drei Minuten Flug werden in 40 Kilometern Höhe die Triebwerke abgeschaltet. Der Schub reicht noch aus, um das Raketenflugzeug weiter bis auf 60 Kilometer Höhe zu bringen. Für vier Minuten können die Passagiere schwerelos den Blick auf die Erde genießen, ehe es im Gleitflug zurück zur Erde geht.

Einfache Technik

Jeff Greason, Chef von XCOR
"...nur ein paar Rohrleitungen..." | Bild: SWR

Jeff Greason ist der Chef bei XCOR Aerospace. Er ist zuversichtlich, dass man heute mit einfacher, zuverlässiger Technologie und mit relativ wenigen Leuten das schaffen kann, wofür das - seiner Meinung nach - bürokratische Monster NASA Milliarden Dollar verschlingt: den Flug ins All. Denn abgehobene Technik steckt nicht hinter der "Lynx". "Die Rakete verbrennt flüssigen Sauerstoff mit Alkohol. Der Sauerstoff ist hier oben drin, der Alkohol im Zusatztank da unten. Und dann kommt das zusammen ins Triebwerk. Drin ist nichts Aufregendes, nur ein paar Rohrleitungen. Im Grunde ist Raketentechnik nur Klempnerei."

Noch in diesem Jahr stehen die letzten Flugerprobungen an - und immer wieder Tests von neuen, noch leistungsstärkeren Triebwerken, um Passagieren das Abenteuer Weltraum anbieten zu können - für umgerechnet 70.000 Euro.

Autor: Michael Hänel (SWR)

Stand: 26.06.2015 08:52 Uhr

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