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Holz aus der Fritteuse

Fauliges Holzstück
Unbehandeltes Kiefernholz ist anfällig für Pilze und Fäule. | Bild: NDR

Es ist ein Trend, der seit Jahren anhält: Terrassen aus Holz. Es fühlt sich gut an, es schmeichelt dem Auge, doch es hat einen gewaltigen Nachteil: Holz ist nicht allzu witterungsbeständig. Insbesondere einheimische Hölzer wie Kiefer oder Buche verziehen sich durch Feuchtigkeit, werden von Pilzen befallen und gammeln.

Deshalb weichen viele Bauherren auf tropische Hölzer wie Bangkirai aus. Aufgrund seiner hohen Dichte und natürlicher Giftstoffe, die Pilze und andere Mikroorganismen abwehren, ist es im Außeneinsatz deutlich unproblematischer. Was aber sehr wohl problematisch ist: Ein nicht unbedeutender Prozentsatz dieser Tropenhölzer wird illegal durch Einschlag geschützter Urwälder gewonnen.

Ein Dilemma: ökologisch korrekt handeln oder wetterbeständig bauen? Deutsche Wissenschaftler bieten einen Ausweg.

Eine heiße Idee

Schematische Dastellung des Inneren einer Cellulosefaser
Holz besteht aus Cellulosefasern, in deren Inneren Andockstellen (rot) für Wassermoleküle sind. | Bild: NDR

Die zündende Idee entstand aus zwei Beobachtungen:

1.) Hauptgründe für die Nachteile einheimischer Holzarten ist ein relativ hoher Feuchteanteil sowie die hohe Anzahl sogenannter Hydroxyl-Gruppen - Moleküle aus Sauerstoff und Wasserstoff, die die Feuchtigkeit anziehen und binden.

2.) Das haltbarste Holz überhaupt ist Holzkohle. Archäologen stießen bei Ausgrabungen alter Römerlager immer wieder auf Reste großer Lagerfeuer, die die Jahrhunderte völlig unbeschadet überdauert hatten. Hitzebehandeltes Holz ist offenbar gegen Angriff von Mikroorganismen unempfindlich. Der Haken: Es ist auch extrem brüchig und daher kaum belastbar.

Was aber, wenn es einen Mittelweg gäbe...?

Wohl temperiert: Thermoholz

Behandeltes und unbehandeltes Holz
Durch spezielle Behandlungen (wie links im Bild) wird Holz haltbarer. | Bild: NDR

Nicht verbrennen, sondern nur erhitzen - die ersten Versuche dazu gab es schon in den 1940er-Jahren. Das Prinzip: Holz wird über eine genau festgelegte Zeitspanne auf Temperaturen von etwa 200 Grad Celsius erhitzt. Die Folge: Die im Holz gefangene Feuchtigkeit verdampft, die die Feuchtigkeit bindenden Hydroxyl-Gruppen zum großen Teil ebenfalls. Und bestimmte Holzbestandteile wie Cellulose und Hemicellulose - beides Polysaccharide (Vielfachzucker), an denen Pilze und Bakterien sich gütlich tun - werden merklich abgebaut. Die Mikroorganismen haben also kaum noch Angriffsflächen. Kiefer und Buche sind damit witterungsfest: Statt weniger Monate überdauern sie jetzt Jahre.

Auf großes Käuferinteresse stieß hitzebehandeltes Holz zunächst allerdings nicht. Ein Versuch in den 1980er-Jahren, Thermoholz auf dem deutschen Markt zu etablieren, scheiterte. Erst mit dem zunehmenden ökologischen Bewusstsein der Verbraucher konnte es sich in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren einen Platz in deutschen Baumärkten erobern.

Ab in die Fritteuse - von Thermo zu OHT

Ein Holzstück in einer Friteuse
In einem neuen Verfahren wird Holz "frittiert" und somit haltbarer. | Bild: NDR

Klassischerweise wird Thermoholz in großen Druckkesseln in einer Gasatmosphäre erzeugt. Das nicht brennbare Gas umströmt die Holzscheite und verhindert, dass sie entflammen. Andreas Rapp von der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft in Hamburg stellte bei Versuchen allerdings fest, dass die Wärmeverteilung unter Gas nicht völlig gleichmäßig ist. Es gab also Holzpartien, die besser oder weniger gut veredelt wurden. Gas war also womöglich nicht der optimale Wärmeträger. Etwas anderes musste her, am besten eine Flüssigkeit. Die Idee von Andreas Rapp: Pflanzenöl!

Versuchsreihen mit einer Fritteuse zeigten: Durch das Erhitzen in Öl war die Temperatur und ihre Verteilung punktgenau zu steuern. Rapp - inzwischen Professor für Holztechnik an der Uni Hannover - ließ seine Erfindung unter dem Namen OHT (Oil Heat Treatment) patentieren. Es konkurriert mittlerweile mit anderen Thermohölzern im Fachhandel.

Was Thermoholz kann - und was nicht

Ein Holzfußboden
Thermoholz eignet sich gut für Fußböden. | Bild: NDR

Thermoholz wird vor allem im Terrassenbau eingesetzt, für die Produktion von Gartenmöbeln, Saunen, Zäunen oder für Außenfassaden. Denn für diese Anwendungen entspricht seine Haltbarkeit der sogenannten Dauerhaftigkeitsklasse 1 - derselben, in der auch Tropenholz liegt.

Ein Vorteil von Thermoholz gegenüber dem tropischen Import: Es wird weniger heiß. Durch seine geringere Dichte speichert es weniger Hitze, gerade im Sommer bei Barfußwetter ein großes Plus.

Nachteil des hitzebehandelten Holzes: Der Entzug der Feuchtigkeit und das Verdampfen einiger Zellbestandteile machen das Holz spröder und brüchiger. Für tragende Balken oder Balkongerüste kommt es daher nur in Ausnahmefällen in Frage.

Strahlende Zukunftspläne

Preislich bieten Thermohölzer zurzeit noch keinen Vorteil gegenüber Tropenarten. Doch in einem anderen Punkt wollen die deutschen Holzforscher dem einheimischen Produkt baldmöglichst zu einem entscheidenden Vorsprung verhelfen:
Beide Holztypen, Thermo- und Tropenholz, leiden optisch stark durch Sonnenstrahlung. Binnen Monaten wird aus Kaffeebraun ein verwittertes Grau. OHT-Holz-Erfinder Andreas Rapp und sein Kollege Christian Welzbacher arbeiten an der Uni Hannover darum an einem speziellen UV-Schutz, der die Farbe länger stabil halten soll. In etwa drei Jahren könnte das entsprechend veredelte Holz auf dem Markt sein.

Info: Holzbehandlungsmethoden

Thermoholz (TMT):
Das Holz wird in einer Gas- oder Wasserdampfumgebung über einen längeren Zeitraum erhitzt. Die Entfernung von Angriffspunkten und Stoffen, von denen sich diverse Holzschädlinge ernähren könnten, führt zu einer deutlichen Erhöhung der Witterungsbeständigkeit.

OHT-Holz:
Eine Variante der Thermobehandlung, bei der die Gasatmosphäre durch Rapsöl ersetzt wird. Das Öl als Wärmeträger soll eine absolut gleichmäßige Wärmeverteilung im Holz garantieren.

Belmadur:
Ein chemisches Verfahren zur Haltbarmachung von Holz. Das Holz quillt dadurch auf und wird im aufgequollenen Zustand fixiert - ein weiteres Verziehen soll damit ausgeschlossen sein. Umstritten: Das präparierte Holz dünstet geringe Mengen Formaldehyd aus.

Accoya:
Ebenfalls ein chemisches Verfahren, es kommt aus den Niederlanden. Hier werden die Holzeigenschaften durch Einsatz von Essigsäureanhydrid verändert.

Dauerholz:
Unter Druck wird das Holz mit flüssigem Wachs getränkt. Anders als das Öl beim OHT-Verfahren ist das Wachs nicht nur Wärmeträger, sondern verbleibt im Holz und soll dadurch auch die Bruchfestigkeit erhöhen.

Autor: Thomas Wagner (NDR)

Stand: 10.11.2015 14:45 Uhr

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