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Klonschnitzel: Steht die Zukunft vor der Tür?

Drei gleichaussehende, schwarze Kälber auf der Weide
Diese Kälbchen haben alle die gleichen Gene | Bild: SWR

Tiere klonen - im Land der unbegrenzten Möglichkeiten alles kein Problem. Was bei uns nur zu Forschungszwecken erlaubt ist, ist in den USA auch in der Fleischproduktion Alltag. Und die Schnitzel geklonter Tiere und deren Nachkommen landen in den ganzen USA auf dem gutbürgerlichen Teller.

Don Coover ist eigentlich Tierarzt, inzwischen besitzt er jedoch ein Zuchtlabor in Kansas. Insgesamt 200 Rinder stehen auf seinen Weiden. Bei seiner morgendlichen Tour kümmert er sich zunächst um die trächtigen Mutterkühe. Wenn man es genau nimmt, sind sie Leihmütter. Die Kälber, die sie im Bauch haben, sind nicht ihr eigenes "Fleisch und Blut", sondern Klone. Sie wurden ihnen wie bei der künstlichen Befruchtung in die Gebärmutter eingesetzt.

Eine Weide weiter stehen die Leihmütter, die schon gekalbt haben. Die süßen schwarzen Kälbchen um sie herum sind genetisch gleich – wie Zwillinge. Sie alle sind Nachkommen von einem Tier mit der Nummer 615.

Klonen – eine Technik, die sich lohnt!

Mikroskopische Aufnahme: Einer Eizelle wird ein Zellkern injiziert
Der Ursprung des Lebens - beim Klonen in der Petrischale | Bild: SWR

Auch in Deutschland läuft die Paarung von Rindern lange nicht mehr zufällig ab. Bewährte Zuchtbullen und Superkühe werden miteinander kombiniert und sollen für gute Nachkommen sorgen. Doch eine Garantie für ein 1A-Kalb ist das nie, denn der Zufall ist im Spiel. Anders beim Klonen, wo das Ergebnis – das Erbgut des Kalbes und damit auch seine Fleischqualität oder Milchleistung – vorprogrammiert ist. Deshalb profitiert Don Coover vom Klongeschäft: "Wenn Tiere richtig gute Gene haben, dann lohnt sich das Klonen. Man kann sie länger nutzen. Ich glaube nicht, dass man sich vorm Klonen fürchten muss. Es ist eine perfekte Technik. Diese Kälber sind einfach klasse und wir haben die Chance, mehr von ihnen zu machen."

Klonen ist heutzutage wirklich Routine und reine Technik: Im Labor liegen in einer Petrischale befruchtete Eizellen einer Kuh. Jeder Eizelle wird ihr Zellkern entnommen und stattdessen ein neuer Zellkern injiziert. Der stammt von einem Tier, von dem sich eine Kopie lohnt. Wenn die Eizelle nun anfängt sich zu teilen, hat es funktioniert. Der Embryo kann einer Leihmutter eingesetzt werden.

Längst ein globales Geschäft

Internetseite eines Züchters auf Computerbildschirm
Nur ein Klick - das Klongeschäft im Internet | Bild: SWR

615 beziehungsweise ihre Nachkommen kommen in den USA in den Marktkreislauf. Ohne Kennzeichnung. Dort ist das auch nicht nötig, denn die amerikanische Lebensmittelbehörde FDA hat nichts gegen Fleisch aus geklonter Züchtung.
Das bedeutet auch: Welches Tier durch Klonen entstanden ist, wird in den USA nirgendwo erfasst. Don Coover beispielsweise erfüllt von seiner Firma aus Aufträge von Farmern aus den ganzen USA. Er handelt mit Samen, Embryonen und Klonen. Übers Internet kann jeder bei ihm ordern: Per Knopfdruck ist die Bestellung an jedem Ort der Welt.

Längst gibt es einen globalen Fleischhandel. Argentinien und Brasilien mischen da ganz vorn mit. Auch sie sind sehr aktiv im Klongeschäft und exportieren ihr Rindfleisch in die ganze Welt - vermutlich auch das, geklonter Tiere und deren Nachkommen. Don Coover glaubt nicht, dass Europa sich da abschotten kann. "Ich nehme an, dass solche Tiere längst im argentinischen Lebensmittelkreislauf sind. Und es würde mich nicht wundern, wenn sie Klonprodukte oder die Nachkommen von geklonten Tieren nicht längst exportiert haben."

Klonfleisch auch in Deutschland?

Mann sitzt an Theke und isst ein Steak.
Ob Klonfleisch oder nicht, ist Don egal - schmecken muss es! | Bild: SWR

Offiziell liegt in Deutschland kein Fleisch geklonter Tiere in der Kühltheke. In Großbritannien auch nicht. Trotzdem gelangte dort im August 2010 das Fleisch von Nachkommen einer US-Klonkuh nachweislich in den Handel. Verbraucherschützer wie Matthias Wolfschmidt von Foodwatch fordern deshalb eine Kennzeichnung.
"Wenn die Menschen – aus welchen Gründen auch immer – Bedenken haben, solche Produkte zu verzehren, dann ist es Aufgabe der Politik, diese Bedenken ernst zu nehmen. Sie müssen den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich tatsächlich gegen ein solches Produkt zu entscheiden und vor allen Dingen sicherzustellen, dass ihnen nicht solche Produkte untergejubelt werden."

Doch eigentlich ist das unmöglich. Denn es gibt schlichtweg keine Unterschiede zwischen einem "Klonsteak" und einem "normalem" Steak. Kein Experte kann irgendwelche Abweichungen feststellen. Das ist auch der Grund, weshalb man Klonfleisch eher als gesundheitlich unbedenklich einschätzt.

In der EU ist die Lage undurchsichtig. Noch weiß sie nicht, wie sie langfristig mit Klonfleisch umgehen will. Die verschiedenen Gremien – EU-Parlament, Kommission und Ministerrat – wollen unterschiedlich strenge Gesetze. Bisher dürfen Produkte von geklonten Tieren selbst nicht in den Handel, für die Nachkommen geklonter Tiere gibt es noch keine Regelung. Im April will die EU endlich eine Entscheidung treffen.
Der Tierarzt Don Coover kann die Skepsis der Europäer gegenüber dem Klonen nicht verstehen. Er sieht im Klonen vor allen Dingen Vorteile. Hauptsache, es schmeckt!

Autor: Tilman Achtnich (SWR)

Stand: 06.11.2015 13:47 Uhr

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