Interview mit Hannes Jaenicke

Alex Pollack (Hannes Jaenicke) muss einen entführten Jungen retten.
Alex Pollack muss einen entführten Jungen retten. | Bild: ARD Degeto / Martin Menke

Mit "Tod im Hafenbecken" und "Das verschwunden Kind" sind zwei höchstspannende Filme gelungen. Was macht für Sie den besonderen Reiz der beiden neuen Filme und auch dieser Reihe aus?

Der besondere Reiz der "Amsterdam-Krimis" liegt im schwierigen und hoffentlich erfolgreichen Versuch, inmitten der deutschen Krimi-Flut etwas Thriller-artiges zu erzählen. Suspense ist wie Humor im Film: macht Spaß beim Gucken, ist aber sauschwer herzustellen, gerade weil unser TV-Publikum so routiniert und ausgeschlafen ist.

Eigentlich ist Pollack ein verdeckter Ermittler, der aber inzwischen strafversetzt seine Dienstzeit im Kellerbüro absitzt. Was ist geschehen?

Alex Pollack hat getan, womit er in Film 1 und 2 beauftragt wurde: Er hat einen Drogenbaron aus dem Verkehr gezogen. Weil er aber lieber auf eigene Faust ermittelt, sinnbefreite Dienstanweisungen ignoriert und deshalb erfolgreicher ist als seine Kollegen, wird er zur Materialkontrolle in den Keller des Düsseldorfer LKA strafversetzt und darf dort nun Abhör-Equipment reparieren.

Wie hat sich Alex Pollack weiterentwickelt?

Da ihm die Liebe seines Lebens abhanden gekommen ist, ist er einsamer und, wenn überhaupt noch möglich, noch nihilistischer geworden. Aber insgeheim hat er die Suche nach seiner Geliebten und den Kampf "Gut gegen Böse” noch lange nicht aufgegeben.

Pollack folgt der Bitte seines niederländischen Kollegen nach Unterstützung sofort. Was verbindet Pollack mit Bram?

Sie denken und ermitteln ähnlich: der eine (Bram) mit cholerischem Temperament, Pollack mit größtmöglicher (gespielter) Gelassenheit.

Ist Pollack eher ein Einzelgänger oder wie funktionieren die beiden als Team?

Bram und Pollack sind beide ausgesprochene Einzelgänger, die ein perfektes Team ergeben, weil sie dasselbe wollen: Aufklärung um jeden Preis, wenn es Sinn macht, gerne auch jenseits von Dienstorder und Legalität.

Was schätzt Pollack an Bram und umgekehrt?

Bram labert nicht rum. Und Pollack labert noch weniger. Geredet wird nur, wenn es sein muss und weiterbringt.

Ohne zu viel zu verraten, aber es geht auch um Steuerhinterziehung im großen Stil. Bram echauffiert sich darüber sehr. Pollack wirkt gelassen, er interessiert sich nur für die Aufklärung des Mordfalles. Ist Pollack das wirklich egal? Welchen moralischen Anspruch hat er an sich und seine Arbeit?

Mittlerweile weiß jeder, dass Konzerne wie Apple, Amazon, Google und Facebook kaum Steuern bezahlen. Dass deutsche Konzerne und Super-Reiche das ähnlich halten, wissen die wenigsten. Die Niederlande sind, wie Irland oder gewisse Karibik-Inseln, eine Hochburg für Steuertrickser und -hinterzieher. Alex Pollack weiß das, ist im Lauf der Jahre aber zu zynisch geworden, um sich über die Selbstbereicherung von Reichen noch aufzuregen. Aber da Zyniker in der Regel enttäuschte Romantiker sind, betreibt Pollack den Fall des ermordeten deutschen Recherche-Journalisten genauso akribisch wie sein wütender Kollege Bram. Und weil die Politik kein Interesse daran hat, der Gier Einhalt zu gebieten, juckt es Pollack und Bram umso mehr, den Finanzoptimierern und -jongleuren das Handwerk zu legen.

Speziell im Film "Das verschwundene Kind" geht es sehr actionreich zu. Wie war das für Sie bei den Dreharbeiten? Wie fordernd waren die Actionszenen für Sie?

Da ich mittlerweile offiziell zur Corona-Risikogruppe und den sog. "Best-Agern" gehöre, freut es mich, dass ich fast alle Stunts immer noch selber machen kann. Auch wenn vieles jetzt mehr wehtut als früher. Dass der vierte Film weitgehend auf einem Motorrad spielt, war für einen Bike-Fanatiker wie mich das Sahnehäubchen obendrauf.

Sie sind nicht nur Schauspieler, sondern auch Autor, Umweltaktivist und Hörbuchsprecher. Welchen Stellenwert nimmt Ihre Arbeit als Schauspieler in Ihrem Leben ein?

Schauspielerei ist und bleibt mein Traumberuf, für den und von dem ich lebe. Alles andere ist Freizeitgestaltung und gelegentliche Sinnsuche.

Sie kennen Amsterdam seit ihrer Kindheit und waren zu den Dreharbeiten wieder für längere Zeit in der Stadt. Sprechen Sie eigentlich Niederländisch? Was mögen Sie an der niederländischen Mentalität?

Mein Holländisch beschränkt sich leider auf paar Alltags- Redewendungen. Das liegt auch daran, dass Niederländer sehr viel sprachbegabter sind als wir. Und von ihrer Mentalität könnten wir Teutonen uns ein paar Scheibchen abschneiden, gerade was Gelassenheit, Toleranz und Weltoffenheit angeht. Insofern hätte ich rein gar nichts dagegen, noch ein paar weitere "Amsterdam-Krimis" drehen zu dürfen.