Im Gespräch mit Lina Wendel

Carlotta Weisz (Franziska Benz) lässt die Füchsin Anne Marie Fuchs (Lina Wendel, r) ins besetzte Haus ein - sie durchsucht Sebastians Zimmer.
Die Füchsin Anne Marie Fuchs folgt jeder Spur. | Bild: WDR / Martin Rottenkolber

»Irgendwie leben wir doch in einer Gesellschaft, die proklamiert: Was nicht verboten ist, ist erlaubt.«

Wie würden Sie den Charakter ihrer Filmfigur beschreiben?

In jungen Jahren war sie eine starke und mutige Frau. Sie hat an ihr System geglaubt und dass sie mit ihrer Agenten-Tätigkeit zum Erhalt der Gesellschaftsordnung beigetragen hat – eben bis zu dem Punkt als sie festgestellt hat, dass sie anderen damit schadet und ausgestiegen ist. Der Preis, den sie dafür zahlen musste und der gesellschaftliche Umbruch haben aus ihr eine gebrochene Frau gemacht.

Was ist für Sie das Besondere an Anne Marie Fuchs?

Dass sie trotz allem, was sie erlebt hat, noch aufrecht geht. Es ist alles zerbrochen, was ihr Leben ausgemacht hat, woran sie geglaubt hat.

In einem Satz sagt die Füchsin – "Unsere gesellschaftliche Utopie ist den Bach runter gegangen". Sie selbst wurden in Ost-Berlin geboren, war die DDR für Sie auch eine gesellschaftliche Utopie?

Ja klar. Die Menschen, die die DDR gegründet haben, haben den Faschismus überlebt und wollten nie wieder Krieg nie wieder Hunger. Das Land gehört allen, alle haben Arbeit, alle haben Wohnraum. Ob unsere jetzige Gesellschaftsform der Weisheit letzter Schluss ist, wage ich allerdings zu bezweifeln. Vielleicht sollten wir alle nochmal darüber nachdenken, wie und in welcher Welt wir miteinander leben wollen.

Anne Marie Fuchs ist eine ehemalige Stasi-Spionin. Mussten Sie sich jemals in Ihrer Vergangenheit mit der Stasi auseinandersetzen?

Glücklicherweise war ich persönlich nicht davon betroffen, aber natürlich wussten alle von ihrer Existenz.

Was ist der Antrieb, dass Anne Marie dem Ehepaar Simone und Youssef helfen will, Simones Bruder zu finden?

Da ist ein Mensch spurlos verschwunden, Simones Bruder, der ihr augenscheinlich sehr nahe steht – das spricht die Füchsin an. Vor langer Zeit hat sie ähnliches erlebt. Dieses Leben in ständiger Ungewissheit, das kaum zu ertragen ist, das will sie Simone ersparen.

Im Film geht es auch viel um Vertrauen. Sind Sie jemand, der gut vertrauen kann?

Ja! Brecht sagt: "Dass der Mensch dem Menschen gut sein soll." Allerdings habe ich große Probleme, was das Vertrauen in Politik oder Institutionen betrifft. Irgendwie leben wir doch in einer Gesellschaft, die proklamiert: Was nicht verboten ist, ist erlaubt. Oder: Alles, was sich nicht rechnet, ist nichts wert. Damit lässt sich schwer Vertrauen und Zuversicht aufbauen, denn die Welt ist in Not.