Ist Wegsperren die Lösung? Experten-Statements zum Thema

Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber

Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber
Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber | Bild: Michael Kröber

Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber, 63, leitet das Institut für Forensische Psychiatrie der Charité Berlin. Zum Institut gehört eine Forensisch-Therapeutische Ambulanz, in der 100 entlassene Berliner Gewalt- und Sexualstraftäter weiter behandelt werden, darunter 18 entlassene Sicherungsverwahrte. Kröber hat eine Vielzahl von Sicherungsverwahrten zur Frage ihrer Gefährlichkeit und ihrer Entlassbarkeit begutachtet. Aktuell werden unter seiner Leitung sämtliche Berliner Gefangene mit angeordneter oder vollzogener Sicherungsverwahrung hinsichtlich ihrer Problematik und ihres Behandlungsbedarfs erfasst und ausgewertet.

»Streitig ist, ob die Sicherungsverwahrung überhaupt einen nennenswerten Beitrag zur öffentlichen Sicherheit leistet; die ständige Erleichterung der Verurteilung zu Sicherungsverwahrung war im wesentlichen strafrechtlicher Populismus. Betroffen sind weniger als 1 Prozent der Strafgefangenen, 475 zumeist ältere Insassen (zum Vergleich: es gibt 2500 Gefangene mit lebenslanger Freiheitsstrafe in Deutschland). Deutlich größere Risiken gehen von den zahlreichen noch jungen Gefangenen aus.

Die Urteile aus Straßburg und Karlsruhe haben immerhin dazu geführt, dass Sicherungsverwahrte intensiv behandelt werden, statt dass – wie früher – schier nichts mehr geschieht. Die kostenträchtige Beendigung der Unterbringung in kleinen Zellen, das Einlassen von Licht und Luft ist ein wichtiger Fortschritt, ebenso der Wohngruppenvollzug. Wie man diese Männer, die zumeist viele Haftjahre und oft auch mehrere Therapien hinter sich haben, sinnvoll behandelt, ist eine offene Frage, zu der jetzt neue Erfahrungen gesammelt werden.

Allemal hat sich die Chance der Sicherungsverwahrten, auf ein erstmals ordentliches und straffreies Leben in Freiheit vorbereitet zu werden, deutlich gebessert, und auch ihre Entlassungschancen. Insgesamt sind die Reformen ein Fortschritt. Sie könnten ein Modell sein für den Umgang mit Gefangenen, die noch am Anfang ihrer kriminellen Karriere stehen.«

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