Fragen an Heino Ferch

Paul (Heino Ferch) verliert die Kontrolle.
Paul verliert die Kontrolle. | Bild: ARD Degeto / Verena Heller Ghanbar

Was hat Sie an der Geschichte gereizt?

Mir gefallen immer Figuren, die in eine schwierige Situation geworfen werden und damit zurecht kommen müssen. Das Tragische im Komischen, so funktioniert Entertainment, und das erfüllt diese Geschichte: Paul muss sich zwischen Familie und Beruf entscheiden. Mit dem extremen Umschwung, seinen Traumberuf als Pilot aufgeben zu müssen, um Vollzeitpapa zu werden, ist er völlig überfordert. Der Film spielt mit diesen Extremen. Das ist eine Geschichte mit Haken und Ösen und das gefällt mir daran.

Denn Paul hat seiner dritten Ehefrau versprochen, in den Vorruhestand zu gehen, damit er sich ausschließlich um den gemeinsamen Sohn Franz kümmern kann … Doch was passiert dann in seinem Leben?

Kurz vor seiner geplanten Frührente bekommt Paul endlich das langersehnte Angebot, das größte Passagierflugzeug seiner Airline fliegen zu dürfen. Wenn einem der beste Job auf dem Höhepunkt seiner Karriere angeboten wird, fällt es schwer, diese Chance nicht zu ergreifen, auch wenn die Verabredung mit seiner wesentlich jüngeren Frau eine ganz andere war! Die Verlockung für den passionierten Piloten ist einfach zu groß. Er kann gar nicht anders, als diese einmalige Gelegenheit beim Schopf zu packen ... Das ist der Kniff der Geschichte.

Was hat Ihnen besonders an Ihrer Rolle gefallen?

Paul hat drei Kinder aus drei Ehen und hat sich auf gut deutsch ganz schön daneben benommen, weil er immer nur an sich gedacht hat und sich nie um seine Kinder gekümmert hat. Man könnte sagen, er ist einfach bekloppt: Er ist so vernarrt in seinen Beruf und so verhaftet im klassischen Rollenverhalten aus den 80er Jahren – das allein macht ihn schon zu einer komischen Figur. Für ihn ist sein Beruf Passion und Berufung, und damit und seinem Verhalten ist er an der Emanzipation der letzten 40 Jahre komplett vorbeigeschrammt … Dieses „aus der Zeit gefallen sein“ finde ich großartig.

Warum lässt sich Paul nicht so richtig aufs Vatersein ein und ist in seinem Selbstbild als Flugkapitän gar nicht so wirklich vorgesehen?

Paul hat ein prähistorisches Rollenverständnis von Mann und Frau. In seinen Augen geht der Mann immer noch jagen und die Frau sammelt Nüsschen. Und genau so verhält er sich auch: Er hat eigentlich immer schon die Biege gemacht, wenn es ernst wurde. Das kann man mit dem heutigen Selbstverständnis des Mannes nicht mehr machen. Trotzdem sind Frauen immer noch Frauen und Männer Männer. Das ist gut so und auch, dass es zwischen den beiden Geschlechtern eben immer noch Unterschiede gibt ...

Was glauben Sie, macht einen guten Vater aus?

Gute Väter sind ihren Kindern gegenüber aufgeschlossen, für ihre Kinder da, tragen Verantwortung. Ein guter Vater versucht, tolerant zu sein und ein offenes Ohr zu haben und eine helfende Hand.

Wie könnten Männer aus Ihrer Sicht „bessere Väter“ werden, ohne sich selbst zu verlieren?

Extreme funktionieren nie. Seinen Beruf komplett aufzugeben, egal ob als Mann oder Frau, ist sehr schwierig. Ich kann da als Schauspieler nicht wirklich mitreden, denn ich bin sehr privilegiert. Ich bin sozusagen Schichtarbeiter, da ich die Möglichkeit habe, nach einem Dreh dann auch mal wieder ein paar Wochen zu Hause sein zu können. Wir können uns dann alles gut einteilen. Das Zauberwort ist und bleibt aber: Kommunikation – tolerant zu sein, zu reden, Engpässe gemeinsam zu lösen, lieb zu sein, wenn man Liebe möchte, hell zu sein, wenn man Helligkeit möchte, zuzuhören, mitzumachen und sich dennoch treu zu bleiben.

Paul wird mit über fünfzig zum dritten Mal Vater. Auch Sie dürfen Ende fünfzig noch einmal die Freuden des Vaterseins genießen … Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile des Vaterseins in etwas fortgeschrittenem Alter?

Mit 35 Jahren bin ich zum 1. Mal Vater geworden und 20 Jahre später zum vierten Mal. Jetzt, etwas älter, bin ich viel entspannter und nehme mir sehr viel mehr Zeit. Es ist wunderbar, oft von morgens bis abends bei dem Kleinen mit dabei zu sein. Ich bin viel souveräner und freue mich die ganze Zeit und Dinge, die mich vorher gestresst hätten, bringen mich jetzt nicht mehr in eine Notsituation. Es ist einfach herrlich. Auch der Altersunterschied zwischen den Kindern spielt eine große Rolle. Da die Geschwister schon älter sind, können sie schon ihre Bedürfnisse anmelden und sich liebevoll um den kleinen Bruder kümmern.

"Kinder halten jung“ … Stimmen Sie diesem Sprichwort zu?

Total, ja klar! Kinder halten einen auf Trapp. Die Endorphine sprühen, die Glücksgefühle werden immer wieder neu aktiviert. Man hat keine Chance, sich gehen zu lassen, man ist immer gefragt, und dafür braucht man eine gute Kondition. Die Familie ist durch unseren Kleinsten wieder neu zentriert, das ist ein großes Geschenk.

Was bedeutet es heutzutage für Männer, Kinder zu haben?

Man kann versuchen, dass alles zusammen geht, Beruf und Familie. Frauen können das ja auch und beweisen es täglich. Vieles ist besser geworden. Wir sind eine viel tolerantere und gleichberechtigtere Gesellschaft als noch vor vierzig Jahren. Und es gibt viel mehr Unterstützung, z.B. Elternzeit für Männer. Das ist gut für das gemeinsame Miteinander.

Was halten Sie von dem klassischen männlichen Rollenbild: Karriere machen, Geld verdienen und Status erlangen – Wie könnte es einem Mann „von heute“ gelingen, sich davon zu befreien?

Als Schauspieler bin ich in der glücklichen Situation, dass ich das alles meistens so organisieren kann, wie es gut in unser Familienleben passt. Extreme sind nie gut. Der Film spielt mit diesem extremen Gegensatz: Job oder Familie. Vor dieser Entscheidung hätte jeder Angst. Das ist der Mechanismus des Plots.

Was halten Sie persönlich von dem Konzept „Patchwork-Familie“?

Ich glaube, dass eine „Patchwork-Familie“ nicht einfach funktioniert. Dabei ist zum Beispiel sehr viel Toleranz gefordert. Aber es muss ja auch nicht alles für jeden passen.

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