Gepräch mit Thorsten M. Schmidt

Regie

Inge kommt rein - Helmut (Michael Wittenborn), Miriam (Karin Hanczewski), Juli (Anna Lena Schwing), Tom (Alexander Wüst), Anne (Claudia Michelsen), Doris (Gabriele Möller-Kukasz), Martin (Wolfgang Häntsch, Inge (Eleonore Weisgerber)
Inge kommt rein - Helmut, Miriam, Juli, Tom, Anne, Doris, Martin  | Bild: NDR/Hager Moss Film GmbH / Marion von der Mehden

In „Auf dem Grund“ erzählen Sie nach dem NDR Film „Arnes Nachlass“ zum zweiten Mal, wie ein Familiengeheimnis die Binnenstruktur einer Familie durcheinanderbringt und blockiert. Was hat Sie an dem Stoff von Astrid Ruppert und Susanne Schneider gereizt?

Geschichten mit Geheimnissen, die sich nur schrittweise offenlegen lassen, übten schon immer eine große Faszination auf mich aus. Ein Familiengeheimnis lässt eine Geschichte plötzlich sehr nah an unsere eigene Realität heranrücken – theoretisch könnte jeder von uns damit konfrontiert werden. Auch wenn wir es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ahnen. Unerwartet stößt man auf Dinge oder Informationen, die das bisher Erlebte oder Geglaubte in ein ganz neues Licht rücken. In dieser spannenden Familiengeschichte hat ein wohlgehütetes Geheimnis, das seit mehr als 30 Jahren unter der Oberfläche gärt, im Lauf der Zeit eine zwischenmenschliche Dysfunktionalität innerhalb der Familie aufgebaut. Das Schweigen darüber hat nicht nur die Hüter des Geheimnisses stark beeinflusst, sondern auch unbewusst diejenigen Familienmitglieder, die bislang überhaupt keine Kenntnis davon hatten. Diesem Ansatz nachzuspüren war für mich eine faszinierende Aufgabe. Vor allem: Was macht es mit den einzelnen Charakteren, wenn die Wahrheit Schritt für Schritt ans Licht kommt? Wie ändert sich das Familiengefüge?

Beeindruckend ist an dem Film neben der Schauspielleistung die Visualität der Schwimmwettkämpfe und die Mystery-Elemente. Was war dabei die größte Herausforderung in der Umsetzung und wieso haben Sie sich dafür entschieden, kein realistisches Drama zu erzählen?

Film ist ja per se eine visuelle Ausdrucksform, die im Fernsehen oftmals nicht befriedigend ausgeschöpft wird. Gerne werden Konflikte oder Handlungselemente per Dialog thematisiert. Bei „Auf dem Grund“ war es mir ein Bedürfnis, das Thema des unbekannten Geheimnisses der Vergangenheit adäquat und spannend in die Bildebene zu übertragen und gemeinsam mit Kameramann Mathias Neumann dafür visuelle Entsprechungen zu finden. Wunderbar bietet sich in unserer Geschichte das Thema „Wasser“ als Element an – nicht nur auf der realen Ebene des täglichen Leistungsschwimmsports, sondern auch die Alpträume und Visionen, die Anne verstärkt heimsuchen, sind in diesem Element verhaftet. Eine große Herausforderung war es, die vielen unterschiedlichen Wasser- und Unterwasserszenen umzusetzen. Dies betraf nicht nur die Visionen, in die unsere Hauptdarstellerin Claudia Michelsen verwickelt ist, sondern auch das Training und der Leistungsschwimmwettkampf unserer Jungdarstellerin Anna-Lena Schwing. Allem voran stand eine aufwendige Unterwassersequenz mit Kindern. In Flashbacks der 80er-Jahre mussten sie eine lange Tauchszene auf dem Grund eines Sees meistern – die sie bravourös hinbekommen haben! Neben der Gestaltung der metaphysischen Ebene unseres Films hat es mich atmosphärisch gereizt, das mir selbst gut bekannte Milieu einer westdeutschen Kleinstadt zu erzählen. Mit den typischen Siebziger/Achtziger JahreSiedlungen in ihrer herrlichen bundesrepublikanischen Spießigkeit – den gepflegten Gärten, Hollywoodschaukeln und Häkeldeckchen. Heute wirken diese Siedlungen wie aus einer vergangenen Zeit; die damalige Blüte scheint sich zuweilen in etwas Beklemmendes verwandelt zu haben.

Der Film lebt neben der dramatischen Mutter-TochterGeschichte auch von der Geschichte der Schwestern, die sich nichts schenken, aber einander doch sehr zugetan sind. Was hat Sie an dieser Beziehung besonders interessiert und worin lag die Herausforderung bei der Arbeit mit ihrem hochkarätigen Schauspielensemble?

Die Schwestern sind vom Charakter recht unterschiedlich, obwohl beide von den gleichen Eltern stammen und erzogen wurden. Warum haben sich beide Lebensläufe so unterschiedlich entwickelt? Gab es ein Ereignis in der Vergangenheit, das darauf Rückschlüsse erlaubt? Unser Film möchte Antworten geben. Obwohl beide Schwestern so unterschiedliche Lebensphilosophien haben, halten sie trotz mannigfaltiger Konflikte zueinander. Sie sind eben Familie. Die Ereignisse um Mutter Inges Geburtstag stellen die Welt der beiden völlig auf den Kopf. Nichts wird mehr so sein, wie es war. Ich bin stolz, dass wir so ausgezeichnete Darsteller für unseren Film gewinnen und gemeinsam eine authentische Familie zum Leben zu erwecken konnten. Bereits in unseren ersten Leseproben entwickelte sich eine wunderbare Dynamik – und ich wusste, dass diese mit eigensinnigen Charakteren beschenkte Familie wunderbar funktionieren wird!

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