Gespräch mit Maskenbildner Oliver Hildebrandt

Manager Georg (Carsten Strauch) gratuliert Vivian (Axel Milberg) zum gelungenen Auftritt.
Manager Georg gratuliert Vivian zum gelungenen Auftritt. | Bild: NDR / Georges Pauly

Gespräch mit Maskenbildner Oliver Hildebrandt

Warum ist „Meine Freundin Volker“ für Sie ein „Herzensprojekt“?

Weil ich zum einen selber aus der Szene komme. Ich habe als Jugendlicher angefangen, mir in Berlin als Dragqueen einen Namen zu machen. Noch heute sind viele meiner Freunde große Darsteller im Dragbereich, es ist eine Kunstform, die alles vereint, was ich liebe: MakeUp, Fashion, extreme Looks, Bühnenshows, für die man wahnsinnig gute Skills besitzen muss. Hinzu kam die Lust auf Film und die Möglichkeit, mit einem so berühmten Schauspieler wie Axel Milberg zu arbeiten.

Wie haben Sie Axel Milberg in Vivian Bernaise verwandelt?

Ich habe Axel in einem Vorgespräch gesagt: Wenn wir das zusammen machen, dann möchte ich, dass das Ergebnis ein Hammer wird! Alles, was ich als Maskenbildner tue, soll für den Schauspieler normalerweise bequem sein. Aber das war hier nicht möglich, im Gegenteil. Jeder, der Drag macht, weiß, um es gut aussehen zu lassen, muss man sich einer Art Folter unterziehen. Also habe ich mich mit Axel vorher darauf verständigt, pass auf, es wird unangenehm sein, es wird schmerzhaft sein und es wird sich unnatürlich anfühlen. Nicht, dass du mich später anzeigst! Es ging ja weit über das Make-up hinaus. Wir haben mit Tape geliftet und auch die Zähne mit einer Veneerblende in Hollywood-weiß verändert. Ich wollte, dass alles an Vivian Bernaise plastisch und künstlich aussieht. Außerdem musste er proben, auf High Heels zu laufen. Hut ab vor Axel, wie er diese Tortur ertragen hat, ohne auch nur einmal zu murren. Er hat sich meine Ratschläge zu Herzen genommen und zwischen uns entstand gleich eine sehr schöne Bindung.

Stellt sich auf das Schlimmste ein: Vivian Bernaise (Axel Milberg).
Stellt sich auf das Schlimmste ein: Vivian Bernaise. | Bild: NDR / Georges Pauly

Geht es nicht nur darum, einen Look zu kreieren, sondern gemeinsam mit dem Schauspieler eine Figur zu erschaffen?

Absolut, deswegen habe ich mit Axel lange über den Charakter von Vivian Bernaise gesprochen. Sie ist eine etablierte, erfolgreiche Darstellerin, zu der die Newcomer aufschauen, eine der Besten ihrer Branche, selbstbewusst und sexy, eine Löwin, die nach vorne prescht. Wir wollten sie auf keinen Fall frivol oder billig darstellen, sondern modern und stilvoll. Auch Axel war es ganz wichtig, dass es kein Klamauk wird. Für ihren ersten Bühnenauftritt habe ich Vivian auf Marilyn frisiert und ihr voluminöses Haar violett getönt, damit es poppiger und künstlerischer aussieht. Beim Make-up habe ich mich an Farben orientiert, die im Trend liegen, bei den Formen der Haare bin ich aber im klassischen Stil geblieben, mit Wellen und Ansatzvolumen, wie man sie aus den 40er- und 50er-Jahren kennt. Seine Augen sind dunkel geschminkt, sie haben viel Tiefe und auch Härte. Es ist ein aufregender Mix aus klassischer Diva, Vamp und modernem It-Girl.

Wie haben Sie die Figur Volker gestylt?

Volker ist im Vergleich zu seiner Bühnenerfindung Vivian eher schüchtern, verletzlich und ängstlich. Vom Look her wollte ich ihn so erscheinen lassen wie einen älteren homosexuellen Mann, der Abend für Abend auf der Bühne steht. Seine Lippen schimmern leicht rosa, um den Eindruck zu erwecken, der Lippenstift geht gar nicht mehr richtig ab, obwohl er sich nach jeder Show abschminkt. An den Wimpern kleben kleine Reste von Mascara, er trägt längeres Deckhaar, und seine dünnen Augenbrauen sind aufgemalt, was ihm ein weiches, zartes Äußeres verleiht. Produktion, Regie und Schauspieler haben mir kreativ voll vertraut.

Dann kam der Moment der Wahrheit: Vivian Bernaise tritt auf Bühne des Theaters vor vielen echten Dragqueens im Publikum. Wie kam sie an?

Keine der eingeladenen Dragqueens durfte Vivian vor dem Auftritt zu Gesicht bekommen. Darauf legte Axel großen Wert. Er wollte deren erste unmittelbare Reaktion spüren. Ich kannte viele der Dragqueens im Theater und ich kann sagen, Dragqueens sind kein leichtes Publikum. Sie waren sehr gespannt und dachten eigentlich, na gut, dann werden wir jetzt schön so spielen müssen, dass es uns gefällt. Auch Axel war sehr aufgeregt. Er hatte großen Respekt vor dieser Kunstform, er wollte niemandem zu nahetreten und nichts falsch machen. Dann ist er raus ins Scheinwerferlicht – und hat es hingelegt. Er sah fantastisch aus und spielte fantastisch, die Leute waren absolut geflasht. Sie haben seinen Auftritt wirklich gefeiert und mussten die Begeisterung gar nicht schauspielern. Sie waren begeistert! Ich bin sehr stolz auf unsere Leistung und das grandiose Feedback. Das bedeutet mir viel.