Interview mit Delia Mayer

Liz Ritschard (Delia Mayer, r.e) und Corinna Haas (Fabienne Hadorn, mit dem Rücken zur Kamera) sind am Tatort eines getöteten Journalisten (Daniel Mangisch).
Liz Ritschard und Corinna Haas sind am Tatort eines getöteten Journalisten. | Bild: ARD Degeto/SRF / Daniel Winkler

Personen, die unter falschem Namen in ein Land einreisen, sind immer wieder ein politisches Thema. Hatten Sie diese Tatsache beim Drehen des Films vor Augen?

In einer Welt, in der Kriege und Migration stattfinden, gehört es nicht selten zur Realität, dass Menschen keine, gefälschte oder mehrere Pässe besitzen. Mein Urgroßvater, der als Deutscher in New York geboren wurde, danach nach Chile ausgewandert ist und von dort mit seiner Familie erst zurück nach Berlin und danach in die Schweiz kam, war staatenlos. Das heißt, er besaß keinen Pass, als er in die Schweiz kam. Im Moment assoziiert man mit gefälschten Pässen vor allem Attentäter, aber das Feld ist viel breiter und muss differenziert betrachtet werden. Menschen aus Kriegsgebieten oder aus Ländern mit totalitären Regimen können zuweilen nicht auf legalem Weg ihr Land verlassen. Sie werden in die Illegalität gezwungen. Für uns Schweizer oder EU-Bürger stellt sich diese Frage seit dem Zweiten Weltkrieg nicht, weil die wirtschaftlichen und politischen Lebensumstände uns in diesem Sinn nicht unter Zugzwang setzen.

Der Konflikt um Tschetschenien ist aus dem medialen Fokus geraten. Inwiefern ist er für Sie dennoch aktuell?

Es hat mich immer wieder beschäftigt, was dieser Krieg für ein Erbe hinterlassen hat. Genauer: was Kriege grundsätzlich hinterlassen, was das Leben der Menschen auch nachher über viele Jahre weiterhin bestimmt, ob der mediale Fokus nun dort ist oder nicht. Nur weil gewisse Themen von Medien nicht mehr aufgegriffen werden, heißt das nicht, dass sie nicht mehr existieren. Ich finde es immer wieder sehr erstaunlich, wie Gegebenheiten in den Köpfen wegrutschen, wenn sie in den Medien nicht mehr täglich erwähnt werden. Aber natürlich konnte ich persönliche Schicksale durch die Auseinandersetzung mit dem Drehbuch "Kriegssplitter" emotionaler erfassen. Das bringt nochmals eine andere Ebene von Bewusstsein zum Schwingen, was großartig ist.

Es heißt: Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. Inwiefern transportiert der Film diese Botschaft?

Wahrheit ist ein konzeptioneller Begriff. Wahrheit empfindet jeder als etwas anderes – und damit ist man schon beim Grundkern eines Konfliktes. Menschen bauen sich ihre Wahrheiten, um zu überleben, um ihre Handlungsweise zu rechtfertigen, bis hin zu aggressivem, kriegerischem Vorgehen mit pervertiertem Wahrheitsbegriff. Da sind alle Abstufungen enthalten. Ich denke, der Film schafft eine Möglichkeit, Handlungsweisen, die aus einem kriegerischen Erbe entstehen, besser einordnen zu können.

Im Film knüpft der Zwillingsbruder der jungen Frau über ein Kinderlied wieder an seine Vergangenheit an. Welchen Stellenwert hat Musik für Sie?

Musik ist wie die Schauspielerei mein Beruf, Passion, Ausdrucksmöglichkeit und eine unerschöpfliche Quelle von Inspiration und Geborgenheit. Ich würde sie mit auf die einsame Insel nehmen.

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