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Drehstart in München (v.l.n.r.): Udo Wachtveitl, Regisseurin Pia Strietmann und Miroslav Nemec
Drehstart in München (v.l.n.r.): Udo Wachtveitl, Regisseurin Pia Strietmann und Miroslav Nemec | Bild: BR

Statement Regisseurin Pia Strietmann

»Dieser Tatort ist ein Polizeifilm. Der ganze Apparat, Führungsstab, SEK, Streifenpolizisten, Bereitschaftspolizei bis hin zu den Kommissaren Batic, Leitmayr und Hammermann, sie stehen im Mittelpunkt, und sie alle sind für mich die Hauptfiguren dieser Geschichte. Das Drehbuch von Holger Joos erliegt nicht der naheliegenden Versuchung, bei den Täterfamilien einen Grund für einen möglichen Schulamoklauf zu suchen. Die Frage nach dem Wieso ist hier nicht das Thema. An einem solchen Tag geht es auch in der Realität nicht darum. Weder für die Polizei, die sich um Kontrolle, Überblick und Sicherheit bemüht, noch für die persönlich Betroffenen, die ja in diesen Stunden erstmal realisieren müssen, was da passiert ist. Eine Stadt fürchtet sich davor, dass es einen weiteren flüchtigen Amoktäter gibt. Panik, Spekulationen und Angst verselbständigen sich. Die Herausforderung bestand für mich darin, das schwelende, sich steigernde Gefühl von einer bedrohlichen unklaren Lage an einem solchen Tag nicht nur in Bezug auf die Angehörigen und die Bürger einer Stadt, sondern vor allem in Bezug auf die verantwortliche Polizei mit-erlebbar, spürbar zu machen. Unübersichtlichkeit, hohes Tempo und Druck waren somit die vorherrschenden Anhaltspunkte bei der filmsprachlichen Umsetzung. Mit dem erzählerischen Konzept und der präzisen und gleichsam lebendigen Kameraarbeit von Florian Emmerich haben wir uns bemüht, der Geschichte eine menschliche Unmittelbarkeit zu geben und dabei das ungewöhnlich hohe Maß an Erzähltempo nie abreißen zu lassen.«

Statement Drehbuchautor Holger Joos

»Ein möglicher Amokläufer in München. Ein Szenario, das unsere Kommissare und deren, sonst nur im Hintergrund agierenden, Kolleginnen und Kollegen an den Rand ihrer Belastbarkeit bringt. 'Unklare Lage' ist ein extremer Tatort. 

Die zentralen Fragen zu Beginn des Schreibens für mich lauteten: 'Wie handeln Menschen in diesen Extremsituationen? Wie gehen sie mit der Informationsflut um, die innerhalb weniger Stunden auf sie einbricht? Und was ist mit denen, die via sozialen Medien zu einem Teil eben jener Informationsflut werden?'

'Unklare Lage' ist der Versuch die Abläufe eines solchen Tages unmittelbar und möglichst realistisch aus Sicht unserer Kommissare zu erleben. Wir begleiten sie auf ihrer nervenaufreibenden Polizeiarbeit, spüren ihren Stress einer sich ständig wechselnden Lage. Denn immer neue, oft widersprüchliche Informationen führen auf falsche Fährten und enden in Sackgassen. 

Unsere Kommissare werden zu Getriebenen im Wettlauf gegen einen möglichen Amokläufer, aber auch gegen die erwachende Angst auf den Straßen und dem steigenden Konflikt innerhalb der Behörde. Denn wie beruhigt man eine Stadt, wenn man selbst an einen Täter glaubt, doch seine Existenz nicht beweisen kann? 

Und so handelt die 'Unklare Lage' nicht von der Aufarbeitung eines Verbrechens, es geht nicht um das 'Warum' der Tat, sondern erzählt von der schier unlösbaren Aufgabe in einer solchen Situation die richtigen Entscheidungen zu treffen, um eine drohende Gefahr abzuwenden.«

Statement Redakteurin Stephanie Heckner

»Man könnte fragen: Warum erzählt der Münchner Tatort: 'Unklare Lage' ein geplantes Attentat? Warum setzt man ein solches Grauen am Sonntagabend in die Welt? Der Film gibt bewusst keine Erklärung dafür, was junge Menschen dazu bringt, eine solche Tat zu planen. Aber er gibt Anlass, darüber zu diskutieren. Wenn die Form der Kriminalität in einer Gesellschaft immer auch deren Probleme widerspiegelt, könnte man die These aufstellen, dass es eine solche Tat befördern kann, wenn sich junge Menschen in einer Gesellschaft, die von Schaulust und Selbstinszenierung geprägt ist, nicht ausreichend wahrgenommen fühlen. Wo Empathie fehlt und soziale Einbindung nicht gelingt, entsteht das Gefühl von Ausgrenzung, von Zurücksetzung und damit Wut und im schlimmsten Fall eine öffentliche Gewalt, die darauf zielt, etwas in die Welt zu setzen, das maximales Aufsehen erregt.«

Statement Produzent Michael Polle

»Ein Bus. Ein Verbrechen. Der Täter wird auf der Flucht erschossen. Offenbar konnte Schlimmeres verhindert werden, denn er hatte unzählige Schuss Munition dabei. Doch war er wirklich allein? 

Es ist diese einfache wie schreckliche Ausgangsituation, welche die 'Unklare Lage' von Anfang an für mich als Produzenten so interessant gemacht hat. Denn es ist auf eine Art ein Film über unsere Gesellschaft im Hier und Jetzt, erzählt aus der Perspektive von zwei der erfahrensten Ermittler im deutschen Fernsehen. 

Wir leben in einer Zeit von schneller Hysterie, oftmals gepaart mit der Verbreitung von nicht gesicherten Informationen, Halbwahrheiten und sogar Lügen, mit denen in vielen Teilen der Gesellschaft  Stimmung gemacht wird. In Ausnahmelagen wie jener in unserem Film ist es die Aufgabe von Polizisten und Einsatzkräften, Ruhe zu bewahren und die Sicherheit bestmöglich zu garantieren. Der Fokus liegt dabei auf der Unterscheidung von Wahrheit und Unwahrheit. Doch wie geht das, wenn auf den unterschiedlichen Kanälen teilweise wild spekuliert wird, wenn Menschen in Angst sind? 

Es ist dieses Spannungsfeld, was mich bei Zeitungsberichten zu unterschiedlichsten Gewalttaten in der Vergangenheit immer wieder fragend zurück gelassen hat: Was geht in den Polizisten vor, wenn der Druck gleichzeitig fast unmenschlich ist? 
Dies war der Ausgangspunkt bei dem ersten Gespräch mit dem Autor Holger Joos. Für uns als Produktion war es in der Folge die Aufgabe, gemeinsam mit Regisseurin Pia Strietmann und dem großartigen Team diese Geschichte so realistisch und wahrhaftig wie möglich umzusetzen. Ein großer Dank geht dabei neben allen Kollegen an die Journalistinnen und Journalisten sowie das gesamte Team der BR Infodirektion, die uns mit ihrem Know How an so vielen Stellen tatkräftig unterstützt haben.«

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