"Er ist der Bauch und sie ist der Kopf."

Gespräch mit Petra Schmidt-Schaller

Petra Schmidt-Schaller wurde 1980 in Magdeburg als Kind des Schauspielers Andreas Schmidt-Schaller und der Schauspielerin, Regisseurin und Schauspielprofessorin Christine Krüger geboren. Für ihre Rolle in der Literaturverfilmung "Ein fliehendes Pferd", in der sie an der Seite von Ulrich Noethen, Katja Riemann und Ulrich Tukur spielt, wurde sie 2008 mit dem Bayerischen Filmpreis als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet. Im Interview verrät sie, was sie an der "Tatort"-Rolle reizt.

Petra Schmidt-Schaller
Petra Schmidt-Schaller: Sie spielt die Juristin Katharina Lorenz. | Bild: NDR / Christine Schröder

Sie spielen Katharina Lorenz, eine junge Juristin, die künftig zum neuen NDR-"Tatort"-Team gehört. Wie gefällt Ihnen die neue Aufgabe?

Als ich die Rolle annahm, stand noch gar nicht fest, dass dies eins der neuen "Tatort"-Teams wird, aber nun finde ich meine Lust daran, die Figur weiterzuentwickeln. Denn es ist schön zu sehen, was sich alles aus dem ersten Buch ergibt, was sich im zweiten Film bereits daraus entwickelt. Plötzlich kann ich noch ganz andere Dinge von der Figur und in der Figur sehen, die ich vorher so gar nicht gespürt habe. Im ersten Film ist Katharina Lorenz ja erst einmal die Hospitantin und daher nicht ganz so präsent, eher noch eine größere Randfigur.

Was für eine Frau ist diese Katharina Lorenz? Was möchten Sie mit der Figur erzählen?

Was ich sehr reizvoll finde, ist, dass sie eine große Schwäche hat: Nämlich, dass sie nicht zugeben kann, dass sie Schwächen hat. Sie meint immer, ganz stark ihren Mann stehen zu müssen, auch wenn sie manchmal einfach sagen könnte, das und das kann ich nicht. Das finde ich interessant, gerade weil Thorsten Falke ja ähnlich ist. Er möchte, zumindest ihr gegenüber und in dieser Anfangszeit, auch keine Schwächen zeigen. Ich selbst bin eigentlich gar nicht so. Ich sage mir eher, mein Gott, sei doch entspannt und zeig deine Schwächen, weil wir ja wissen, alle Menschen haben welche. Dann können wir damit umgehen, anstatt sie so zu verstecken. Wenn ich die Möglichkeit habe, würde ich gern erzählen, dass man immer wieder darüber stolpern wird, wenn man seine Schwächen versteckt. Das wird der Lorenz auch passieren. Oft genug.

Falke und Lorenz
Möhring und Schmidt-Schaller beziehungsweise Falke und Lorenz auf Ermittlungstour. | Bild: NDR / Christine Schröder

Thorsten Falke hat zunächst Vorbehalte der Kollegin gegenüber. Wie findet sie ihn denn? Was lässt sich jetzt schon über das Verhältnis zwischen den beiden sagen?

Zwischen den beiden gibt es viel Reibung, und das gefällt mir sehr. Katharina Lorenz geht es erst einmal genau so, wie es ihm geht: Sie empfindet Thorsten Falke als Irritation und ordnet ihn sehr schnell in eine Schublade ein. Das muss sie dann aber später wieder korrigieren. Was sie an ihm reizvoll findet, ist, dass er im Gegensatz zu ihr emotional denkt. Irgendwann haben wir mal gesagt, er ist der Bauch und sie ist der Kopf. Das bewirkt eine Irritation, aber gleichzeitig auch eine Faszination. Ich glaube, das macht die beiden wirklich aus. Und natürlich, dass sie ein Mann und eine Frau sind; das macht natürlich auch einen gewissen Reiz aus. Aber das liegt in diesem Film mehr bei Falke. Die Lorenz kommt, wenn überhaupt, erst später darauf. Da ist noch sehr viel offen, und das finde ich auch spannend.

Dass sie hübsch, blond und langbeinig ist, trägt sicher seinen Teil zu Falkes Irritation bei. Aber die Lorenz lässt sich nicht beirren, setzt den Vorbehalten kluge Beharrlichkeit entgegen. Liegt viel von Petra Schmidt-Schaller in dieser Figur?

Ich bin eher so, dass ich sage, das harte Material Stein wird auch durch das weiche Material Wasser geformt. Das braucht zwar länger, aber das ist dann eine andere Art von Beharrlichkeit. Natürlich begegnet einem das, dass man erst mal mit unglaublichen Vorurteilen zu tun hat, wenn man dieses Aussehen hat, und natürlich kenne ich das auch privat. Ich setze dann gern mal eine Brille auf; damit ist schon ganz viel davon abgebaut, was interessant zu beobachten ist. Aber insgesamt habe ich eine andere Resonanz, wenn mir so was begegnet, ich bin da anders als die Lorenz.

Katharina Lorenz erwähnt, dass sie einen steinigen Weg gegangen ist bis zu dem Punkt, an dem sie jetzt ist. Was treibt sie an? Was ist ihre Mission?

Ich glaube, grundsätzlich ist es das große Thema der Gerechtigkeit. Sie hat selbst eine tiefe Verletzung erfahren, und ich denke, das ist ein ganz, ganz großer Motor. Was das genau war, werden wir früher oder später noch erfahren, aber es hat sie in jedem Fall stark geprägt. Katharina Lorenz ist sehr kopfgesteuert. Sie ist sehr analytisch und so guckt sie auch auf die Fälle; das finde ich total spannend. Vielleicht hat diese tiefe Verletzung es sogar geschafft, dass sie das emotionale Denken vom analytischen trennen kann und dass sie das für die Ermittlungsarbeit nutzt.

Im ersten Fall geht es um Brandstiftung an Autos. Was sind für Sie die Qualitäten der Geschichte?

Ich habe erst bei den Vorbereitungen und beim Dreh selbst mitbekommen, wie aktuell das Thema in Hamburg ist, das hier behandelt wird. Das war mir vorher gar nicht klar. In diesen Vorfällen äußert sich meiner Meinung nach eine Wut über das große Gefälle innerhalb der Gesellschaft. Sogar während wir gedreht haben, gab es noch zwei solcher Vorfälle in der Stadt. In Berlin, wo ich wohne, kriege ich von Autobränden vor allem bei den Mai-Demonstrationen etwas mit, sonst eigentlich nicht. Da höre ich viel häufiger von brennenden Kinderwagen.

Haben Sie selbst Verbindungen nach Hamburg oder Norddeutschland?

Ich hatte mich bis zu Beginn der Dreharbeiten immer als Norddeutsche gefühlt, aber dann wurde ich in Hamburg eines Besseren belehrt. (lacht) Ich bin Berlinerin und Berlin zählt für einen Hamburger offenbar nicht zu Norddeutschland, sondern fast schon zu Mitteldeutschland, worüber ich sehr staunen musste. Ich liebe die See und denke auch, ich bin ein sehr nordisches Gemüt. Ich habe schon mehrfach in Hamburg gedreht, und es ist immer so, dass die Stadt einen umarmt, wenn man dort ankommt. Das gefällt mir. Ich freue mich sehr, dass wir um Hamburg herum drehen, und ich freue mich auch auf die Nordsee, obwohl ich definitiv auch eine Affinität zur Ostsee habe.

Was wünschen Sie sich in Bezug auf die weitere Ausformung Ihrer Figur und des Teams?

Ich würde mir wünschen, dass es weiterhin so eine Spannung gibt zwischen den Ermittlern, im Positiven wie im Negativen, eine Reibung. Und dass wir spannende Fälle bearbeiten, wo man in die Dreharbeiten geht und sagt: Oh schön, da freue mich mich drauf. Sie stehen noch relativ am Anfang Ihrer Karriere.

Wird neben der Arbeit am "Tatort" noch genug Zeit für andere Projekte bleiben?

Ich drehe dieses Jahr zwei "Tatorte" und zwei andere Filme, und ich glaube, das erfüllt mich schon sehr. Da mache ich mir keine Sorgen.

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