Interview mit Regisseur und Drehbuchautor Thomas Bohn

Das Erste: "Feuerkämpfer" handelt von Trennungsvätern und geschädigten Scheidungskindern. Was war für Sie der Anlass, sich mit diesen Themen zu beschäftigen?
Thomas Bohn: Nicht nur Väter sind betroffen, sondern auch viele Mütter. In meinem Bekanntenkreis gibt es einige Menschen, die nach einer Trennung ohne ihre Kinder bleiben müssen. Ich habe daher schon des Öfteren haarsträubende Geschichten hören und auch miterleben müssen, in denen Kinder "zur Bestrafung" des ehemaligen Partners missbraucht wurden.

Wie haben Sie sich diesen Themen genähert? Recherchieren Sie viel, bevor Sie mit dem Schreiben beginnen?
Natürlich! Ich habe mit Juristen, Familienrichtern und Verbänden gesprochen. Am Aufschlussreichsten waren aber die Reaktionen von Menschen, die als Kinder in solch belastenden Verhältnissen steckten.

Panigua wird zum Brandstifter, weil seine Ex ihm den Sohn vorenthält. M. von Brück tötet ihre Mutter, die ihr den Vater vorenthalten hat. Beide Täter sind Opfer von Frauen, die sich nach der Trennung falsch verhalten – und denen die Justiz in die Hände spielt. Ist die deutsche Rechtsprechung tatsächlich so einseitig?
In unserer Gesellschaft scheint immer noch das Vorurteil zu überwiegen, dass Männer zur Arbeit und Frauen zu den Kindern gehören. Anders kann ich mir die einseitige Rechtsprechung hierzulande nicht erklären. Persönlich finde ich es sehr gut, dass Frauen beruflich gleichgestellt werden – aber dann bitte auch eine faire Teilung im familiären Rahmen. Männer können genauso gut ihre Kinder betreuen und erziehen wie Frauen. Es gibt überhaupt keinen Grund fast schon automatisch ein Kind nach einer gescheiterten Ehe der Mutter zuzusprechen, wie es in 95 Prozent aller Fälle geschieht.

Was sollte an der Rechtsprechung in Sorgerechts- und Unterhaltsfragen Ihrer Ansicht nach geändert werden, damit sie besser, gerechter wird?
Die Gesetze scheinen mir völlig ausreichend. Es kommt darauf an, dass Richter und Jugendämter ein schärferes Bewusstsein der Situation gegenüber entwickeln und gegebenenfalls auch einmal konsequent durchgreifen. Es gehört einfach gesellschaftlich geächtet, dass erwachsene Menschen meinen, ihre Verletzungen kompensieren-, oder finanziellen Forderungen durchsetzen zu können, indem sie ihre Kinder zum Druckmittel gegen den Ex-Partner einsetzen. Das ist eine psychische Form von Kindesmissbrauch, der meiner Ansicht nach genauso fatal für kleine Seelen ist wie der sexuelle.

Der Hamburger "Tatort" mit Robert Atzorn ist eng mit Ihrer Person verbunden. Macht es Ihnen Spaß, die Figur jetzt aufzubrechen und einen verliebten, offeneren Kommissar Casstorff zu inszenieren?
Der Hamburger Tatort ist schon seit 2003 nicht mehr alleine mit meinem Namen verbunden. Ich mag den Casstorff aber sehr – sei er nun verliebt oder grantig. Er ist für mich mehr Polizist als vieles andere, was sich so als Fernsehkommissar meint auf der Mattscheibe breit machen zu müssen.

Worauf haben Sie bei der Inszenierung der Annäherung zwischen Casstorff und Wanda Wilhelmi besonderen Wert gelegt? Auffällig sind ja zunächst einmal die vielen ungewohnten Nahaufnahmen ...
Nahaufnahmen sind in meiner Arbeit nicht ungewohnt, da möchte ich Ihnen gerne widersprechen. Ansonsten kann ich nur meine beiden Darsteller loben. Sie haben sich sehr professionell aufeinander eingelassen und gemeinsam mit Team und Regie eine bemerkenswerte Annäherung aufs Parkett gelegt.

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