Regisseurin Neelesha Barthel

Jon (Alois Moyo) ist außer sich – Falke (Wotan Wilke Möhring) versucht, das Schlimmste zu verhindern (mit Michael Lott).
Jon ist außer sich – Falke versucht, das Schlimmste zu verhindern.  | Bild: NDR / O-Young Kwon

"Meine Vision war es, die Grenzen zwischen Fall und Lebensrealität aufzubrechen" – Neelesha Barthel

Welche Geschichte wollten Sie im Kern erzählen?

Mich hat an dem Stoff besonders das Thema der irregulär lebenden Menschen in Deutschland gereizt. Im Kern der Geschichte stand für mich von Beginn an die Annäherung zwischen dem Bundespolizisten Falke und dem „Mann ohne Papiere“ – Jon. Meine Vision war es, die Grenzen zwischen Fall und Lebensrealität aufzubrechen und eine hohe Emotionalität in die Beziehung der beiden unterschiedlichen Männer zu bringen. Es war mir außerdem wichtig, „die Unsichtbaren“ als Menschen mit vielen Facetten zu erzählen und ganz deutlich zu machen, dass die Lage für sie oft ausweglos ist.

Wie wollten sie diese Menschen sichtbar machen, die sich selbst als „Unsichtbare“ bezeichnen? Die Angst, die die Menschen ohne Papiere haben, ist fiktiv schwer darstellbar. Nach meinen Recherchen habe ich mir vorgestellt, dass sie sich wie Gefangene in der Freiheit fühlen müssen oder wie freie Gefangene. Dabei sind die meisten von ihnen keine Straftäter, sondern Menschen wie du und ich, die mit ihrer Schwarzarbeit unseren kapitalistischen Laden mit am Laufen halten. Sie haben sich eine Art Parallelleben oder Untergrundleben geschaffen. Diese verborgene Welt wollte ich, so gut es geht, realistisch darstellen. Ich wollte so viel Authentizität herstellen, wie das ein Spielfilm und insbesondere ein Krimiformat erlaubt, aber dabei die Spannung nicht außer Acht lassen. Mein Kameramann Christian Marohl und ich haben einen visuellen Stil entwickelt, um diese Enge, um dieses Gefühl, ständig verfolgt und beobachtet zu werden, durch die Bilder in die Wahrnehmung des Zuschauers fließen zu lassen. Die minimalistische, fast eindimensionale Filmmusik von Maurus Ronner unterstreicht dieses Gefühl.

Haben Sie im Casting nach Schauspielern gesucht, die Fluchterfahrung haben?

Unser Protagonist Alois Moyo hat selbst eine schwierige „Integrationsgeschichte“ hinter sich, die auch in den Film eingeflossen ist. Im Casting habe ich die Tiefe seines Schmerzes sofort gesehen und mich sehr gefreut, dass er die Rolle angenommen und so viel von sich hineingegeben hat. Alois ist Jon durch und durch. Zart, scheu, gebrannt von der Vergangenheit, liebenswert- und humorvoll. Sein Weg in die deutsche Theater- und Filmbranche war und ist hart. Auch die anderen Darsteller mit afrikanischen Wurzeln haben ihre persönlichen Erfahrungen miteinfließen lassen. Es war ein langer Castingprozess.

Mussten Sie eine Balance finden zwischen Sozialdrama und „Tatort“-Krimi?

Eigentlich musste ich das nicht. Ich finde, dass der Film beide Genres gleichbehandelt. Der Krimi wird hier etwas anders erzählt. Mich reizt das ewige „Who done it“ nicht mehr so. Ich wollte, dass der Film Lebensrealitäten von Randfiguren unserer Gesellschaft erzählt und gleichzeitig spannende Wendepunkte hat. Und ich finde die Wendepunkte in „Verborgen“ sehr besonders. Die Täter*innen haben viele Gesichter. Es gibt nicht den bösen Täter und das gute Opfer. Die Auflösung am Ende kam beim ersten Lesen sehr überraschend für mich, und ich bin gespannt, ob das für die Zuschauer auch so funktioniert.

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