Sheri Hagen als Hope Makoni

Hope (Sheri Hagen) ist am Boden zerstört.
Hope ist am Boden zerstört. | Bild: NDR / O-Young Kwon

Die Figur Hope Makoni

Was für eine Demütigung für Hope Makoni. Gebildet ist sie, hat einen Uni-Abschluss, kann die deutsche Grammatik besser erklären als mancher Abiturient. Aber ihr Geld verdient sie vor allem mit Putzen. Ganz oben ist sie nur, wenn sie die gläsernen Büros mit Panoramablick in der Chefetage auf Hochglanz bringt. Vor elf Jahren sind sie und ihr Mann Jon aus Simbabwe nach Deutschland geflohen, sind von den Schleppern betrogen worden und haben erst auf der Straße gelebt. Eine Kirchengemeinde hat ihnen geholfen, auf die Beine zu kommen. Hope Makoni ist skeptisch, den Deutschen kann man nicht trauen. Ihr Sehnsuchtsort ist England. Sie spricht auch meistens Englisch, obwohl ihr Deutsch nahezu perfekt ist. Aber sie mag sich nicht identifizieren mit einem Land, in dem sie sich verstecken muss. Hier zählen nur Papiere. Als ihr Sohn Noah verschwindet, beschwört sie Jon, die Polizei aus dem Spiel zu lassen. Lieber gibt sie all ihr Geld her für eine Suchaktion in der Community. Hope ist wütend und erschöpft. Was könnten sie, Jon und Noah für ein Leben leben mit ihren Fähigkeiten. Denn davon hat sie jede Menge, aber was nützen die ihr – ohne Rechte.

Sheri Hagen als Hope Makoni

Was hat Sie an der Rolle gereizt?

Wir erzählen die Geschichte eines Elternpaars, dessen Kind verschwunden ist, aus der Perspektive zweier Menschen, die staaten- und rechtelos sind. Das hat mich gereizt. Natürlich hat der Film das politische Anliegen, auf die Lebensumstände von geflüchteten Menschen aufmerksam zu machen, die ohne Papiere in Deutschland leben, alles gut und wichtig. Aber für mich als Schauspielerin geht es darum, eine Geschichte zu erzählen, und die muss immer nachvollziehbar sein. Wir alle wissen, was es heißt, Mutter und Vater zu sein. Und wir können uns alle vorstellen, was es bedeutet, wenn das eigene Kind vermisst wird. Es ist ein Drama, umso mehr, als Hope und Jon in ihrer Not nicht mal eben zur Polizei gehen können, weil die Polizei ihnen eher als Feind denn als Freund begegnet. Mir hat am Original-Drehbuch gut gefallen, dass es nicht das schlechte Gewissen einer Mehrheitsgesellschaft gegenüber geflüchteten Menschen erzählt, sondern die Verzweiflung von Eltern schildert, die auf der Suche nach ihrem Kind sind.

Sheri Hagen ist Hope Makoni.
Sheri Hagen ist Hope Makoni. | Bild: NDR / O-Young Kwon

Ist Hope auf einer Flucht, die niemals endet?

Sie ist eine Geflüchtete, die nie ankommt. Sie ist voller Sehnsucht nach einem Leben, das nicht von permanenter Flucht bestimmt ist. Hope ist unsichtbar und sichtbar zugleich. Sie kann aufgrund ihrer Hautfarbe nicht einfach verschwinden und muss ständig auf der Hut sein, was ich besonders spannend zu spielen fand. Es ist ihr nicht möglich, ohne Weiteres Hilfe zu holen oder den Arzt aufzusuchen, wenn sie selbst oder das Kind krank ist. Aber das alles sind vergleichsweise Kleinigkeiten, denn wenn die Liebsten nicht mehr da sind, dann ist alles verloren, wofür sie gelebt hat.

Hope und Jon sind ein ungleiches Paar. Was unterscheidet sie voneinander?

Im Wesentlichen ist es die Bildung. Hope hat in Simbabwe studiert und könnte in Deutschland wunderbar als Erzieherin oder Lehrerin arbeiten. Menschen wie Hope werden ja gebraucht in unserer Gesellschaft. Dann ist sie eine Kämpferin, die mehr fordert und sich nicht anpassen will. Ganz anders als ihr Ehemann, der sich mit dem wenigen, was er hat, zufriedengibt. Jon hat sich eingefügt in die Gesellschaft der Verborgenen. Er scheint sich damit abgefunden zu haben, ohne Rechte zu leben und den Rücken krumm zu machen. Damit hat Hope große Probleme. Eigentlich bleibt sie nur aus Liebe zu ihrem Sohn und ihrem Mann in Deutschland. Ansonsten wäre sie längst weitergezogen. Es sind diese unterschiedlichen Perspektiven, die sie letztlich auseinanderbringen.

Was müsste sich dringend ändern, um das Leben von Geflüchteten wie Hope und Jon zu verbessern?

Menschen wie Hope und Jon wollen in legaler Beschäftigung das Geld verdienen, das sie benötigen, um ein unabhängiges Leben zu führen. Weil sie das als Papierlose nicht dürfen, sind sie gezwungen in der Illegalität zu bleiben, in menschenunwürdigen Unterkünften zu leben und unter prekären Bedingungen zu arbeiten. Überall werden Fachkräfte gebraucht, daher kann ich es nicht verstehen, dass man sie nicht in die Arbeitswelt integriert. Man muss die Menschen in die Gesellschaft einbinden, was am besten über Arbeit und Ausbildung gelingt, damit sie Erfahrungen sammeln, die neue Sprache lernen und in einen Dialog treten können. Dazu gehört auch eine gewisse Willkommenskultur. Viele dieser Menschen sind mental erkrankt, weil sie von der Flucht traumatisiert sind. Sie auszuschließen, verursacht Schmerzen und Kosten. Wenn man sie stattdessen ernst nimmt und unterstützt, in Arbeit bringt und ihnen Anerkennung zollt, dann stärkt es die Gesellschaft, in der wir leben

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