Interview mit Cordula Stratmann

Cordula Stratmann
Cordula Stratmann als "Kuhflüsterin" Belinda Mommsen | Bild: ARD

Frau Stratmann, wie beurteilen Sie die Dreharbeiten zur "Kuhflüsterin"?

Ich habe diese Belinda Mommsen aus vielen Gründen gerne gespielt: die Drehbücher sind lustig, intelligent und sorgfältig geschrieben, die Regie war voller Saft und Kraft und meine Spitzen-Kollegen und ich haben uns sehr schnell zu der verschworenen Gemeinschaft eingespielt, wie man sie auf dem Dorf häufig antrifft.

Was ist Belinda Mommsen für ein Typ?

Belinda Mommsen ist alleinerziehende Mutter eines 16jährigen Sohnes und versucht das irgendwie gut zu machen. Leider  klappt das oft nicht, was zu sehr komischen und auch rührenden Szenen führt. Darüber hinaus ist Belinda Mommsen Tierheilpraktikerin und setzt ihre Hände so ein, dass sie bei ihren Tieren die kranken Stellen erfühlen kann. Da sie ihre heilenden Hände allerdings auch bei ihren Nachbarn einsetzt, wenn die um Hilfe bitten, ist sie stets angezählt von der Chefin des Ordnungsamtes.

Und Belinda Mommsen hat auch noch einen spannenden Nachbarn: Winnes Wöllner. Der war Personenschützer in Berlin und landet nun plötzlich aus irgendwelchen dubiosen Gründen  in Oberbreitbach. Den schaut sich Bellinda natürlich sehr genau an, allein schon des nachbarschaftlichen Gleichgewichts im Ort wegen. Gott sei Dank ist er auch noch sehr ansehnlich – was für Belinda allerdings überhaupt absolut gar keine Rolle spielt, nicht im Geringsten!

Sehen Sie Gemeinsamkeiten zwischen Belinda und Ihnen?

Belinda sieht mir wirklich ausgesprochen ähnlich, ist mir aufgefallen, die Augen, die Nase, die Zähne. Ansonsten haben wir beide doch einige Unterschiede, ich bin eine vollkommen andere Freundin und Mutter als sie es ist. Aber ich mag sie. Ich lerne gerne neue Menschen kennen ...

Ist es Ihnen schwergefallen, sich an das Drehbuch zu halten, wo Sie doch vorher oft improvisiert haben?

Ich habe selbst ja lange Zeit Erfahrung in der Textarbeit durch meine Bücher und dadurch, dass ich bisher meistens mit meiner Art der Formulierungen gearbeitet habe. Ich bin sehr eigen, was Sprache angeht, weil ich finde, dass schon der Einsatz eines Kommas oder eines Semikolons einen Satz und wie man ihn darstellt, verändert. Schreiben ist für mich wie Musikmachen. Nachdem ich aber den Autor der Serie, Mark Werner kennengelernt hatte und erlebte, dass der genau weiß, was er da wie aufschreibt, habe ich mich mit Genuss auf seine Arbeit verlassen und die meine getan.

Gibt es Szenen, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Ohja! Als die erste Folge gedreht wurde, hatte ich mir gerade den Mittelfuß gebrochen. Das war sehr unangenehm und ich brauchte einen Spezialschuh.. Ich hatte deshalb großen Respekt vor der Szene mit diesem Esel, dem konnte ich leider nicht begreiflich machen, dass er bitte ein wenig aufpassen möge beim Schritt nach rechts, wo ich stand mit meinem Matsch-Fuß. So befürchtete ich die ganze Zeit, dass er mich touchiert. Dann hätte ich den Rest der Folge im Sitzen verbracht. Aber alles ist glimpflich verlaufen.

Was halten Sie selbst von heilenden Kräften wie sie Belinda Mommsen in der Serie besitzt?

Ich finde ergänzend zur Schulmedizin die ganzheitlichen Kenntnisse eines Osteopathen vertrauenerweckender, anstatt in die Spritze eines Orthopäden zu laufen. War das Ihre Frage?

Haben SIe Erfahrung mit Tieren?

Ich kenne mich als gebürtiges Stadtkind mit Tieren überhaupt nicht aus. Aber mit dieser Kuh hatte ich Glück. Sie ist sehr friedlich. Unsere Kuh "Mutti" steht einfach so herum und ich tätschle sie dann ein bisschen. Dazu macht sie dann ein freundliches Gesicht. Wir sind sowas wie Hanni und Nanni, glaub ich.

Wie war die Zusammenarbeit mit Schauspielkollege Simon Boer?

Sehr klasse! Das ist ein Kollege, dem man nicht sein Ego streicheln muss, bevor der was kann, der spielt drauf los. Wir haben uns in manche Kräche wunderbar reingesteigert und sie nach dem "Danke!" des Regisseurs in Lachattacken ausklingen lassen.

Was ist Winnes Wöllner für ein Typ?

Naja, der ist halt Personenschützer und extrem verschlossen. Das lässt uns  alle rätseln. Deswegen muss ja Belinda da so hinterher sein! Einen normalen Nachbarn würde die ja total in Ruhe lassen, wirklich, würde sie!

Aber in den acht Folgen "Die Kuhflüsterin" wird er deutlich sympathischer.

Wie ist das Verhältnis zu Patrick Mölleken, der Ihren Sohn spielt?

Mit meinem Filmsohn hat sich im Spiel direkt ein glaubhaftes Mutter-Sohn-Verhältnis entwickelt. Wenn man mit einem jungen Kollegen zusammen Mutter und Sohn verkörpert, entsteht tatsächlich so etwas wie ein Muttergefühl! Ich hab ihn morgens immer gefragt, wann er denn gestern Abend im Bett war (lacht).

Was verbinden Sie mit dem Leben auf dem Land?

Ich stamme aus Düsseldorf, lebe in Köln und kann es mir bis heute nicht vorstellen auf dem Land zu leben. Ich verbinde damit Urlaub, Kindheit und Langeweile. Deswegen hätte man mich, wenn es nach mir gegangen wäre, auch in den Ferien nicht aus Düsseldorf rausholen müssen.  Das Reizreduzierte auf dem Land empfinde ich mittlerweile aber als sehr erholsam, jedoch  als naturgemäß heiter empfinde ich es nicht.

Wie stehen Sie zu den vielen Klischees, die das Landleben betreffen?

Ich habe nichts gegen Klischees einzuwenden, solange sie nicht auf Vorurteilen basieren. Dass der gemeine Dorfbewohner zum Beispiel weniger kultiviert wirkt, weil er selten ins Theater geht, ist zwar ein Klischee, aus dem man Humor gewinnen kann, basiert aber nicht auf einem Vorurteil, sondern der Tatsache, dass das nächste Theater womöglich 30 Kilometer entfernt ist. Etwas wie ländliche Neugierde und diese Gartenzaunkontrolle kann man wunderbar klischieren, aber auch belegen. Andererseits wäre meine Kuhflüsterin in Köln womöglich genauso wissbegierig wie in Oberbreitbach, weil es eher eine Frage der Mentalität als des Umfelds ist. Egal, welchen Platz man sich zum Leben aussucht, ob Stadt oder Land, überall ist es reizvoll und auch genau dessen Gegenteil.