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Singapur: Grüne Revolution in der Betonwüste

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SINGAPUR: Grüne Revolution in der Betonwüste | Bild: Das Erste

Es tut sich was in Singapur: Der Dschungel kehrt in die Großstadt zurück. Sattes Grün überwuchert Glas, Stahl und Beton.

Gebäude, wie aus einem Science-Fiction-Film, in dem sich die Natur das zurückholt, was ihr genommen wurde.

Im Architekturbüro
Im Architekturbüro | Bild: BR

Sie sind die Visionäre dieser grünen Mega-Stadt. Das Architektenbüro WOHA.

Schirin Taraz
Schirin Taraz | Bild: BR

Die deutsche Schirin Taraz lebt seit zehn Jahren in Singapur, denn hier werden aus grünen Entwürfen echte Häuser!

Schirin Taraz, Architektenbüro WOHA:

»Beispielsweise, in einem unsere Projekte gab es eine Beschwerde von einem Bewohner, der im 26. Stockwerk von einer Biene gestochen wurde. Wir haben das als Kompliment aufgefasst, dass wir gesagt haben: 'Das ist doch toll, dass jemand im 26. Stock lebt und die Möglichkeit hat von einer Biene gestochen zu werden.‘«

Singapur - Glitzermetropole, Steuerparadies und grünes Zukunftslabor! Mehr als fünf Millionen Menschen leben hier - Tendenz stark steigend!

Platz ist Mangelware auf der Tropeninsel. Doch der Stadtstaat verfolgt einen ehrgeizigen Plan: Aus dem Betondschungel soll eine Oase werden, die grünste Stadt der Welt!

Wo das Grün nicht mehr in die Breite wachsen kann, da muss es in die Höhe gebracht werden. Die grüne Revolution – in Singapur kommt sie von oben. Die Regierung will Hochhaus-Beton in sauerstoffproduzierendes Grün verwandeln.

Veera Sekaran
Veera Sekaran | Bild: BR

Das lohnt sich für Bauherren und Gärtner, denn die Hälfte der Kosten übernimmt der Staat. Eine ganze Branche hat sich rund um das vertikale Grün entwickelt. Veera Sekaran ist Spezialist für die hängende Grünflächen.

Veera Sekaran, Greenology Systems:

»Wenn mehr und mehr Gebäude eng beieinander stehen, gibt es kaum noch Platz für Bäume. Die Folgen für die Umwelt sind enorm: Die Hitze, der Staub, die Luftqualität, der Lärm und natürlich die Ästhetik. Wer will schon gern neben einem Haus leben, das grau ist und nur aus Beton besteht.«

Abhilfe schaffen soll seine Pflanzenwand mit automatischer Wasser- und Düngemittelzufuhr. Der Botaniker verspricht seinen Kunden 20 Jahre strahlendes Grün und eine Therapie gegen die klaustrophobische Enge der Großstadt.

Veera Sekaran, Greenology Systems:

»Stell Dir vor, Du sitzt auf deinem Balkon und starrst nur auf graue Wände. Aber wenn da diese grüne Wand ist mit verscheiden Pflanzen, merkst Du plötzlich, dass Du nicht mehr so gestresst bist. Stress ist doch das größte Problem für Menschen in der Großstadt!«

Ein begrüntes Haus
Ein begrüntes Haus | Bild: BR

Oasen in der Betonwüste. Die Regierung fördert diese Idee mit einem eigenen Zertifikat. Ohne grünes Label keine Baugenehmigung! Nur eine grüne Fassade allein reicht dafür aber nicht: Es geht um Nachhaltigkeit, die Nutzung von Sonnenlicht und Regenwasser, den Verzicht auf Klimaanlagen, darum den Energieverbrauch zu senken.

Diese grüne Experimentierfreude – für die Architekten in Singapur ein Segen. Doch Wildwuchs ist dabei nicht gefragt.

Schirin Taraz, Architektenbüro WOHA:

»Ich glaube, Singapur lässt die Natur wieder rein in die Stadt, aber auf ganz typische, singapurianische kontrollierte Art und Weise. Es ist kein wilder Dschungel, es ist nichts Gefährliches. Es ist kontrollierte Natur, die die Lebensqualität der Menschen erhöht.«

Kontrollierte Natur! Nicht nur in teuren Hochhäusern und Hotels darf sie sprießen, auch beim sozialen Wohnungsbau, in Schulen und Krankenhäusern.

Ein Dachgarten
Ein Dachgarten | Bild: BR

Mit den Pflanzen kehrt auch die Landwirtschaft in die Stadt zurück. Dieses Krankenhaus leistet sich einen Nachbarschaftsgarten - hoch oben im siebten Stockwerk. Lim Ah Sing und seine Frau kommen dreimal die Woche. Das Rentnerpaar wohnt gleich nebenan. Den eigenen Garten kennen sie nur noch aus Kindertagen:

Ich komme gern hierher. Wir leben in einer Sozialwohnung. Da gibt es keinen Platz für einen Garten!

Früher, als es noch Dörfer in Singapur gab, hatten wir einen eigenen Garten. Das hier ist das erste Mal, dass ich auf einem Dach mein Gemüse anpflanze!

Gardens by the Bay
Gardens by the Bay | Bild: BR

Doch auch für die horizontale Ausdehnung hat Singapur eine Lösung gefunden. Das, was man nicht hat, wird einfach dem Meer abgerungen. So sind mal eben 100 Hektar Land entstanden – direkt vor den Toren des Finanzviertels. Als erste Baumaßnahme hat sich Singapur einen Garten für eine Milliarde Dollar genehmigt: Gardens by the Bay - ein Tropenpark, in dem die größten Bäume aus Metall sind.

Für Dr. Tan, den Chef des Parks, eine Investition, die sich auszahlt. Am liebsten würde er den ganzen Stadtstaat überwuchern lassen, denn Grün sei doch der Standortvorteil im globalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe.

Tan W. Kiat, Gardens by the Bay:

»Talente gehen ja nicht nur dorthin, wo die Chancen auf Wohlstand am besten sind, sondern auch dorthin, wo es sich am besten leben lässt. Wir müssen sicherstellen, dass Singapur attraktiv genug ist, um die Top-Talente aus aller Welt anzulocken!«

Geld und Grün - in Singapur geht das wunderbar zusammen. Auf die Talente aus aller Welt wartet dann ein nachgebauter Wasserfall, ein Berghügel aus Stahlbeton mit Nebelwolken aus Düsen.

Alles so schön grün – aber irgendwie auch ein bisschen künstlich.

Autor: Norbert Lübbers, ARD-Singapur

Stand: 15.04.2014 10:52 Uhr

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