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China: Puppendoktor öffnet Herzen

PlayChina: Der 75-jährige Zhang Boming flickt Kuscheltiere wieder zusammen.
China: Puppendoktor öffnet Herzen | Bild: WDR

Die Operation dauert bereits mehrere Tage. Als erstes hatte Zhang den trüben Augen von Frosch Xiao Rong wieder mehr Strahlkraft gegeben. Jetzt ist die Zunge dran. Nicht einfach heil soll sie werden, sondern Textur und Farbe müssen genau so abgeliebt sein, wie sie nach vielen Jahren Kuscheltier geworden ist. "Ich habe viel Verantwortung. Er ist unersetzlich, es gibt kein genau gleiches Tier. Ich muss sehr vorsichtig sein", sagt er.

China: Der Puppendoktor har bereits tausende Plüschtiere behandelt.
China: Der Puppendoktor har bereits tausende Plüschtiere behandelt. | Bild: WDR

Jeden Behandlungsschritt klärt Puppendoktor Zhang Boming mit dem Puppenvater ab, per Vidoetelefonat oder dieses Mal mit einem Foto. "Er hat geantwortet, dass es so passt. Er hat sein Okay gegeben, also kann ich weitermachen." Zhang hat sein ganzes Leben als Elektrotechniker gearbeitet. Als er vor 16 Jahren in Rente ging, baute er sein Wohnzimmer in ein Arbeitszimmer um: "Mein erster Kunde war mein Sohn. Nachdem ich sein Plüschtier repariert hatte, verbreitete er unter Bekannten meinen Kontakt und immer mehr Leute kontaktierten mich."

Erst mit der Zeit verstand er die Bedeutung seiner kleinen Patienten. Ein Professoren-Ehepaar mit ihrer Puppe Mimi ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben: "Als ich die Puppe sehr vorsichtig mit einer Schere öffnete, rief die Frau: Vorsichtig! Mimi hat Angst vor Schmerzen! Damals war ich erstaunt und dann sagte ihr Mann: Wenn dir ein Arzt den Bauch aufschneidet, dann würde es ja auch weh tun."

Ein besonderer sentimentaler Wert

China: Seine Kunden kommen aus nah und fern.
China: Seine Kunden kommen aus nah und fern. | Bild: WDR

Der Gang zum Therapeuten ist in China stigmatisiert. Zhang meint, dass er nun diese Aufgabe übernimmt: Indem er die Tiere repariert, versucht er, die Seelen zu heilen. Oftmals von Kindheitstraumata: "Die meisten meiner Kunden haben traurige Geschichten. Viele waren als Kind sehr allein, hatten keine elterliche Fürsorge. Sie meinen, dass die Puppe ihre einzige Verwandtschaft ist. Als Erwachsene wollen sie dann, dass die Puppe wieder genauso aussieht wie früher."

Zhang Boming wohnt im Herzen von Shanghai. Seine Kund:innen sind aus allen Regionen des Landes. Viele kennt er schon über Jahre. Gong Zhehao bringt seinen 30 Jahre alten Panda schon zum zweiten Mal zu einer kompletten Fell-Verschönerung. Die Reperatur kann immer nur tagsüber stattfinden. Abends braucht Gong den Panda. "Jeden Abend schlafe ich mit ihm im Arm ein. Wenn er nicht da ist, fehlt etwas im Bett und ich fühle mich leer", sagt Gong Zhehao.

Alle Dankesbriefe hat Zhang hier gesammelt. Insgesamt 1200 kleine Patienten hat er in den vergangenen 16 Jahren auf diesem Tisch behandelt. Manchen fast abgeschriebenen Fall hat er noch gerettet. Aber letztlich ist es die Liebe der Besitzer, die den Puppen ihr Leben gibt.

Autorin: Tamara Anthony / ARD Peking

Stand: 10.12.2023 20:27 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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