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Kolumbiens Kindersoldaten

PlayEine Gruppe von jungen Männern
Kolumbiens Kindersoldaten | Bild: Marie-Kristin Boese / SWR

Wenn Kevin das Kommando übernimmt, vergisst er, was er durchgemacht hat. Stolz trägt er die blaue Weste des indigenen Volks der Nasa. Heute trainiert Kevin eine Kindergruppe. Der Kurs soll sie stärken. Damit ihnen nicht das gleiche passiert wie ihm: "Wir unternehmen hier etwas zusammen, haben Spaß, damit sich die Kinder nicht bewaffneten Gruppen anschließen."

Auf dem Weg zum Kindersoldat

Kevin war auf dem Weg zum Kindersoldat. Mit 17 rekrutierte ihn eine Splittergruppe der früheren FARC. Das war vor zwei Jahren.
Wir sind im Nord-Cauca, Gebiet der Nasa, die seit Jahrzehnten zwischen den Fronten leben: eine arme und raue Region. Milizen locken Jugendliche mit einem besseren Leben. Was sie wirklich erwartet? Gewalt!
Dass Milizen vor seiner Schule lungern, hat Kevin schon oft gesehen. Sie versprechen den Kindern Geld und Motorräder, stoßen in eine Lücke, die in den Familien aus der Not entsteht.

Kevin redet kaum mit seiner Familie über seine Rekrutierung. Warum er damals Kämpfer werden wollte, erzählt er Yelsy, einer Vertrauensperson für viele in der indigenen Gemeinde: Da war die Wut über den Mord an seinem Vater, dazu: Ärger mit seiner Mutter - und keine Lust auf das karge Leben. Da schien die Miliz einen Ausweg zu bieten: "Bei der bewaffneten Gruppe sagen sie dir: Willkommen! Wir sind jetzt deine zweite Familie. Und dann geben sie dir alle möglichen Sachen: Seife, Klo-Papier, Deo, Kleidung."
Kevin hatte Glück: er musste nie schießen, durfte nach ein paar Monaten zurück, weil seine Mutter mit der Miliz verhandelte.

Jeder Fall lässt die Familien verzweifeln, wie der von Ricardo: Ricardo war gerade 18 geworden, ein guter Schüler – sagen sie. Dann hat ihn eine FARC-Splittergruppe zu sich geholt. Ob sie ihn je wiedersehen, wissen sie nicht.

Kolumbiens Präsident will eigentlich Frieden schaffen, doch die Gewalt hört einfach nicht auf. Schuld daran ist auch diese Pflanze: Koka, Grundstoff für Kokain, weil Alternativen, wie der Bananen-Anbau, zu wenig abwerfen.

Tanzen statt schießen

Zurück bei der indigenen Gemeinde, die mit aller Macht gegensteuert. Tanzen statt schießen, Zusammenhalt statt Waffen. Doch immer wieder verlieren sie Kinder an die Milizen. Erst diesen morgen entdecken sie einen Post in den sozialen Medien: Werbung bewaffneter Banden.
Immerhin: Kevin hat es geschafft, neuen Halt, eine neue zweite Familie gefunden und viele Pläne, fernab der Miliz: "Ich will hier weitermachen, mich weiterbilden, und Autofahren lernen – das wäre ein Traum."

Autorin: Marie-Kristin Boese, ARD Mexiko-Stadt

Stand: 01.10.2023 22:10 Uhr

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