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Südafrika: Großmütter auf Safari

PlayZwei Frauen schauen auf ein Tablet.
Südafrika: Großmütter auf Safari | Bild: NDR

Sieben Großmütter auf Safari, in einem privaten Schutzgebiet, außerhalb des Kruger-Nationalparks. Unterwegs an einem ungewöhnlich kalten Tag. Alle sieben sind mit Tablets ausgestattet. Seit einem halben Jahr erst können sie mit diesen umgehen. Inzwischen machen sie Fotos und Videos, speichern sie Informationen ganz selbstverständlich ab. Auch die Elefanten haben sie mit Hilfe ihrer digitalen Geräte aufgespürt. Leanette Sithole verstand bis vor Kurzem nichts von elektronischer Suche. Das hat sich geändert: "Wir haben von unserem Fahrer gehört, dass einer der Elefanten einen Ortungssender umhängen hat. Den hat er schon vor langer Zeit bekommen. So konnten wir ihn heute mit Hilfe des GPS finden, und damit auch die anderen Elefanten.“

Forschung über Verhaltensmuster wildlebender Tiere

Ronnie Makukule von der gemeinnützigen Tierschutz-Organisation Elephants Alive hat die Omas eingeladen. Sie sollen ein wissenschaftliches Projekt unterstützen, das Verhaltensmuster wildlebender Tiere erforscht: "Wir versuchen herauszufinden, was die Elefanten wann machen, und warum. Das wird alles in den Tablets gespeichert und auf die Computer in unserem Büro übertragen. Die Erkenntnisse stellen wir Universitäten auf der ganzen Welt zu Verfügung, damit auch Menschen von diesem Wissen profitieren können, die niemals hierherkommen werden."

Zurück in ihrer Unterkunft merken die Omas allerdings, dass jetzt sie es sind, die von Elefanten aufgespürt wurden. Sie tauschen Bilder aus, sprechen über ihre Erlebnisse, dann zeigt die 68-jährige Leanette Sithole, was sie noch alles drauf hat.  Spätestens am Lagerfeuer treten die Omas dann den Beweis an, dass auch ältere Menschen den Blick nicht mehr vom Bildschirm abwenden können, wenn das Gerät einmal an ist. "Als wir ganz jung waren gab es wilde Tiere noch ganz nahe bei unseren Häusern, außerhalb der Parks. Löwen wollten nachts unsere Rinder attackieren, wir haben sie aber mit lautem Klatschen und mit Trommeln verjagt", erinnert sich Mavis Mabunda. Das Wissen ihrer Vorfahren, auch das Wissen über die Natur, wurde jahrhundertelang immer nur mündlich weitergegeben. Jetzt halten es die älteren Damen auf ihren Tablets erstmals schriftlich fest.

Das Township Alexandra, ein Stadtteil von Johannesburg: Viel Zeit verbringt die 64-jährige Philda Dladla mit ihren Enkeln in ihrem Wohnzimmer – bringt ihnen die ersten Schritte mit dem Handy bei, hilft ihnen zu verstehen, wie ein Tablet zu bedienen ist. Und bewahrt sie so gleichzeitig vor schädlichen Inhalten im Netz. "Wir sind dankbar dafür, dass wir jetzt mit Tablets arbeiten können. Sie zeigen uns alles, was mit YouTube und mit WLAN zu tun hat. Was wusste ich denn zuvor von WLAN? Oder Zoom? Nichts! Jetzt aber kenne ich mich aus."

"goGOGOgo": Jung und Alt profitieren voneinander

Zwei Seniorin und ein Mädchen schauen auf ein Handy.
Omas und Enkelkinder lernen voneinander. | Bild: NDR

"goGOGOgo" heißt das Projekt in Johannesburg. "Gogo", so werden in Südafrika die Großmütter genannt, eine respektvolle und liebevolle Anrede. Viele junge schwarze Afrikanerinnen und Afrikaner wurden, und werden, von ihren Großmüttern erzogen. Den Omas jetzt die Computer nahe zu bringen, soll ihnen auch zeigen, dass die Jungen ihnen dankbar sind.

Vor drei Jahren hat Jane Simmonds das Projekt "goGOGOgo" gestartet, das durch Spenden finanziert wird: "Es ist ein Projekt, das zweigleisig fährt. Zum einen ist es dazu da, den "Gogos" etwas beizubringen. Zum anderen aber auch, dass sie ihren Enkelkindern etwas beibringen können." Bildungsinitiativen in einem Land, dessen Schulsystem in großen Teilen am Boden liegt. Initiativen, von denen beide Seiten profitieren: Jung und Alt.

Die "Gogos" erfahren etwas über die Pflanzenwelt. Dabei weiß Leanette Sithole schon eine ganze Menge über die Heilkraft vieler Pflanzen. "Der Mulamanyama-Baum kann dir bei Verdauungsbeschwerden helfen. Du nimmst seine Blätter, trocknest und zerreibst sie. Dann reibst Du es auf Deine Haut, das hilft. Wir essen heute so viele ungesunde Sachen. In meiner Kindheit waren die Nahrungsmittel noch gesund. Aber heute, die ganze Chemie..."

Über 560 Omas engagieren sich

Frauen in einem Jeep auf einer Safari.
Viele ältere Südafrikaner und Südafrikanerinnen hatten nie die Gelegenheit, ein Tierschutzgebiet zu besuchen. | Bild: NDR

Leanette Sithole wohnt in einem Dorf 80 Kilometer vom Kruger-Nationalpark entfernt. Dort lebt sie das Leben einer traditionellen Südafrikanerin vom Land, baut Mais an, verarbeitet ihn zu Mehl. Mit 68 Jahren kam sie zum ersten Mal mit Tablets und Computern in Kontakt. Ihre 13-jährige Enkelin Candy Sithole kam damit schon viel früher in Berührung. Sie ist stolz auf ihre "Gogo" – obwohl die sich manchmal auch schwertut: "Manche Sachen schafft sie ja ganz gut, dann aber wieder… naja. Wenn sie Musik hören will, oder aber TikTok-Videos ansehen, dann bittet sie mich um Hilfe." Eines Tages, so hofft Candys Großmutter, wird ihre Enkelin eine Datenbank nutzen können, die von afrikanischen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen erstellt wurde. Mittlerweile haben mehr als 560 Omas an den Modellprojekten "Elephants Alive" und "goGOGOgo" teilgenommen, und viele Informationen zusammengetragen. Aber, da sind sich alle einig, das war erst ein kleiner Anfang.

Autor: Richard Klug, ARD-Studio Johannesburg 

Stand: 11.02.2024 20:15 Uhr

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